Ericsson klagt gegen Samsung wegen angeblicher Verletzung der Regelungen für SEP nach FRAND Bedingungen. Es geht dabei um die Positionierung für den 5 G Standard – und mit Ericsson und Samsung kreuzen die Großen der mobilen Telekommunikation ihre Schwerter.
Ericsson erhebt Klage um FRAND konforme Patentlizenzen, und dies in einem sehr interessanten Feld: es geht um den 5 G Standard in Telekommunikation und Netzwerktechnik. Ericsson (Schweden) klagt seit Freitag gegen Samsung (Südkorea) wegen Vertragsverletzungen gegen die Regeln für standard-essentielle Patente (SEP) und FRAND Bedingungen.
ETSI, SEP und FRAND
Entstanden ist dieses System ETSI, SEP und FRAND mit Aufkommen von Mobilfunk Ende der 80ger Jahre auf Betreiben der Europäischen Kommission. Seit 1998 hat sich ETSI mit fünf weiteren Standardisierungsgremien zum weltweiten 3rd Generation Partnership Project (3GPP) zusammengeschlossen, vor allem für die Standardisierung von UMTS. Der politische Gedanke ist, dass die Technik der Wettbewerber möglichst allen Mobilfunkunternehmen oder Netzwerkunternehmen zur Verfügung gestellt werden soll.
Grundsätzlich werden daher vor allem im Mobilfunkbereich Standard-Essentielle Patente (SEPs) vom Patentinhaber als wesentlich an die Standardisierungsorganisation „European Telecommunications Standards Institute“ (ETSI) gemeldet. Dadurch verpflichten sie sich, diese Patente zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden (FRAND) Bedingungen in Übereinstimmung mit der IPR-Richtlinie von ETSI an Wettbewerber zu lizenzieren. Dies hat zu vielen Lizenzvereinbarungen im Mobilfunkbereich geführt für die 2G, 3G und 4G Standards, auch zwischen Ericsson und Samsung, die beide zahlreiche Patente als SEP an die ETSI gemeldet haben, die relevant sind für die mobile Telekommunikation.
SEPs und FRAND Bedingungen vor Gericht
Auch große Gerichtsurteile sind in diesem Kontext gesprochen worden, für die EU ist hier maßgeblich das EuGH Urteil Huawei / ZTE von 2015, für Deutschland das BGH Urteil Sisvel / Haier von 2020. Und die USA haben sich gerade vor genau einem Jahr von der eigenen Grundsatzerklärung von 2013 distanziert und wollen es fortan Patentinhabern erleichtern, im Fall von Verweigerung einer Lizenzvereinbarung oder einer Erörterung dazu klagen zu können.
Jetzt nun ist Klage erhoben worden mit Verweis auf den kommenden 5 G Standard, auf diesen Verhandlungsverlauf darf man gespannt sein. Ericsson erhob die Klage am Freitag vor einem US Bezirksgericht (dem District Court of EASTERN DISTRICT OF TEXAS). Ericsson wirft darin dem Unternehmen Samsung vor, seinen Verpflichtungen gemäß den FRAND Regelungen für SEP nicht nachgekommen zu sein, und beantragt die gleichzeitige Feststellung durch das Gericht, dass Ericsson selbst sehr wohl FRAND-konform gehandelt hat.
Worum geht es dabei? Hintergrund ist die Tatsache, dass zwar für die bisherigen Standards (2G, 3G und 4G) umfangreiche Lizenzvereinbarungen bestanden, für den neuen Standard 5 G diese Lizenzen aber entweder auslaufen oder ohnehin neu verhandelt werden müssen.
2019 nahmen Ericsson und Samsung darum Verhandlungen um neue Lizenzvereinbarungen auf. Nach Aussage von Ericsson machten die Schweden ein FRAND-konformes Angebot, das auch eine Ausgleichszahlung enthielt. Dies lehnte Samsung jedoch ab. Samsung wiederum forderte von Ericsson eine Ausgleichszahlung in einer globalen Kreuzlizenz zu akzeptieren, die nach Ansicht der Schweden deutlich unter dem Wert von Ericssons SEPs lag gemäß der FRAND Bedingungen.
Damit haben schon einmal beide Parteien eine grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Das ist nicht unwichtig in Hinblick auf Wettbewerbsrechtliche Regelungen. Denn Missbrauch im Sinne des Art. 102 AEUV (mit der Berechtigung, Unterlassung und Schadenersatz geltend zu machen) liegt dann vor, wenn der lizenzsuchende Benutzer ein FRAND-gemäßes Angebot macht, der Patentinhaber dieses aber nicht annimmt. Auch wird in diesem Kontext erwartet, dass der Patentinhaber ein Gegenangebot unterbreitet.
Dauerstreitpunkt: FRAND Bedingungen
Streitpunkt sind daher fast immer die FRAND Bedingungen. Denn das ETSI ist ein politisch gewollter Kompromiss. Das ETSI kontrolliert weder, ob das Recht des geistigen Eigentums für ein SEP überhaupt rechtsbeständig ist, noch, ob es überhaupt essenziell ist. Auch entscheidet jeder Patentinhaber selbst, ob er ein Patent als SEP bei der ETSI meldet. Vor allem jedoch wird der Begriff „Lizenz zu FRAND-Bedingungen“ nicht definiert durch die ETSI.
Und auch von Seiten der Rechtsprechung gibt es in vielen Fragen zu SEPs und FRAND Bedingungen noch keine einheitliche rechtliche Klarheit und Verbindlichkeit.
Was sind „faire“ Lizenzbedingungen? Wieweit dürfen zum Vergleich Verträge des Patentinhabers mit Dritten für eine Feststellung genutzt werden? Oder dürfen nationale Gerichte festlegen, was als „fair“ zu sehen ist? Gleiches gilt für die Fragen: Wer trägt die Beweislast für die FRAND-Konformität? Wer ist verantwortlich für die FRAND Verpflichtung, wenn ein SEP an einen anderen Inhaber übertragen wird? Und wie berechnet sich Schadensersatz bei einer Verletzung?
Kommt es überhaupt zu einem Urteil?
Es wird insofern sehr interessant sein, die von Ericsson erhobene Klage gegen Samsung im weiteren Verhandlungsverlauf zu beobachten. Samsung habe Ericsson sein Recht auf eine gleichberechtigte globale Lizenz für die wesentliche Patente von Samsung zu fairen und angemessenen Bedingungen entzogen, macht Ericsson geltend. Ebenso wahrscheinlich ist es allerdings, dass es zu einer Absprache zwischen den Parteien kommen wird, dies ist durchaus als Trend zu sehen im Bereich mobiler Telekommunikation: Unwired vs. Huawei (in DE), Apple vs. Samsung, Huawei vs. Qualcomm, Apple vs. Qualcomm, Nokia mit Xiaomi. Sollte es letztlich also gar nicht zu einem Urteil kommen, sondern zu einer Absprache, hat Ericsson mit seiner Klage gerade seine Verhandlungsposition klargemacht.
Samsung steuert in diesem Jahr mit seinen Modellen der Galaxy S20 Serie ca. 22% des weltweiten Umsatzes in Bezug auf 5 G Smartphones bei und führt damit mit Abstand vor der Konkurrenz. Zudem ist Samsung auch Hersteller und Ausrüster von Netzwerkinfrastruktur. Mit Ericsson und Samsung kreuzen die Großen der mobilen Telekommunikation und Netzwerktechnik ihre Schwerter – um 5 G.
Suchen auch Sie Beratung im Rechtsstreit um Basispatente oder für Patentschutz?
Unsere Patentanwälte und Rechtsanwälte sind erfahren und hoch qualifiziert in allen Rechtsgebieten des gewerblichen Rechtsschutz, national wie auch international.
Zudem sind wir berechtigt, Sie vor jedem Gericht zu vertreten – in Deutschland und international.
Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt auf.
Quellen:
Klage Ericsson vs. Samsung vor US Bezirksgericht Texas
Bild:
Schreiben Sie einen Kommentar