Nokia kündigte am Mittwoch eine Lizenzgebühr von $ 3,48 pro Gerät für seine 5G-Standards an. Dies rückt die Lizenzvereinbarungen in der Mobilfunkbranche ins Rampenlicht, wirft aber auch die Frage auf: Was ist eine faire Lizenzgebühr?
Nokia ist eines der drei großen Technologieunternehmen, die einen signifikanten Anteil an wesentlichen Standardpatenten, sogenannten Standard Essential Patents (SEP) für den Mobilfunkstandard 5G besitzen.
Die beiden anderen wichtigen Unternehmen für den 5G Standard sind Ericsson und Qualcomm. Beide haben bereits veröffentlicht, was sie für ihre Anteile an SEPs erwarten, die für 5G NR-Geräte benötigt werden. Ericsson will die Lizenzgebühren auf einer gleitenden Skala berechnen zwischen $2,50 und $5 basierend auf den Kosten eines Geräts, Qualcomm wiederum plant seine 5G-Patente zu 2,275 Prozent des Gesamtpreises eines Single-Mode-Telefons und 3,25 Prozent für Multi-Mode-Telefone zu lizensieren- mit einer Preisobergrenze von 400 US-Dollar. Hinzu kommen aber noch andere Patentinhaber, die sich bisher noch nicht zu Lizenzgebühren geäußert haben, unter anderem auch der erfolgreiche chinesische Smartphonehersteller Huawei.
Ein modernes Smartphone könnte nach diesen Plänen mit über 21 Dollar an Lizenzgebühren belastet werden.
Was ist eine faire Lizenzgebühr?
Die Frage, ob überhöhte Patentlizenzgebühren erhoben werden, beschäftigen immer wieder auch die Gerichte. Seit Jahren fechten Apple und Qualcomm um die faire Lizenzgebühr, um die Festlegung und die Auszahlung der Lizenzgebühr, auch international (Info Blog: Apple gewinnt gegen Qualcomm). Der Grund liegt auf der Hand: es handelt sich um wesentliche und für die Smartphonebranche unverzichtbare Standardpatente, für die es eine Pflicht gibt, andere mit fairen Lizenzvereinbarungen teilhaben zu lassen. Es gilt als obligatorisch, einen fairen, vernünftigen und diskriminierungsfreien (FRAND) Ansatz bei der Lizenzierung zu wählen. Dies bedeutet, dass der Lizenzgeber gegenüber seinen Lizenznehmern keinen signifikanten Verhandlungsvorteil erzielen sollte, aber die Lizenzgebühren sollten dem Unternehmen eine stabile Einnahmequelle bieten.
Lizenzbedingungen für Patente, die als fair, angemessen und frei von Benachteiligung gelten, werden FRAND (Fair, Reasonable and Non-Discriminatory) genannt.
Vor allem durch eine im Vorfeld festgelegte Lizenzregelung sind alle Teilnehmer gegen spätere, unkalkulierbare Forderungen abgesichert. Als Vorzeige-Beispiel gilt das Modell der einheitlichen Lizenzregelung bei Mobilfunkstandards(z. B. bei GSM und UMTS).
Quelle: IP Wikipedia www.legal-patent.com
Grundaspekte einer Lizenzvereinbarung
Würde es sich nicht um wesentliche Standardpatente handeln, die für die Umsetzung von Industriestandards unerlässlich sind, wäre eine Lizenzgebühr auf Grundlage des Umsatzes empfehlenswert. Denn der Umsatz ist leicht überprüfbar und inflationsgeschützt. Dieser Aspekt ist nicht unwichtig, da Patentlaufzeiten leicht Jahrzehnte umfassen können. Daher könnte eine Stücklizenz, wie sie jetzt Nokia ankündigte, durch die Inflation dazu führen, dass die vereinbarte Lizenzgebühr nach einigen Jahren unfair gering wäre.
Strittig können aber auch die Umsatzzahlen sein, die der Lizenznehmer nennt. Oft ist daher in Lizenzverträgen ein sogenannter Wirtschaftsprüfervorbehalt festgelegt. Hat der Lizenzgeber Zweifel an den Umsatzzahlen, kann er auf Basis dieses Vorbehalts einen Wirtschaftsprüfer beauftragen, die Zahlen des Lizenznehmers zu überprüfen. Bei einer Abweichung von mehr als 5% von den angegebenen Umsatzzahlen muss der Lizenznehmer die Kosten für den Wirtschaftschaftsprüfer tragen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Lizenzvereinbarungen ist die Nichtangriffsklausel. Diese soll verhindern, dass Lizenznehmer beispielsweise über Strohfirmen das Schutzrecht angreifen. Dies aber ist umso komplizierter in den verschachtelten Lizenzverträgen der großen Technologie Unternehmen. Die Vereinbarungen zwischen Apple und Qualcomm beispielsweise zeigen, die Lizenzgebühren werden indirekt als Teil der Herstellungskosten gezahlt. Denn Apples Vertragshersteller (Foxconn, Pegatron, Wistron und Compal) zahlen Lizenzgebühren an Qualcomm für die Nutzung der Qualcomm Patente. Zusätzlich muss Qualcomm an Apple Lizenzrabattzahlungen zurückerstatten. (siehe auch: Info Blog: Qualcomm und Apple – lange Beziehung, verbitterter Konflikt)
Nokia hält wesentliche Patente für den Mobilfunkstandard
Das Patentportfolio von Nokia besteht aus über 26.000 Patentfamilien, die aus drei verschiedenen Organisationen stammen – Nokia Technologies, Nokia Solutions and Networks und Alcatel Lucent. Das Unternehmen hält einen bedeutenden Anteil an wesentlichen Patenten in Bezug auf GSM-, 3G-Funk- und 4G-LTE-Technologien, von denen viele entwickelt wurden, als das Unternehmen das Mobilfunkgeschäft quasi als Pionier dominierte. Nokia profitiert von entsprechenden Lizenzverträgen. Darüber hinaus hat Nokia 2017 mit der chinesischen Xiaomi Technology einen Vertrag über die gegenseitige Lizenzierung von Patenten abgeschlossen – der erste Vertrag des finnischen Smartphone Pioniers mit einem chinesischen Hersteller, berichtete das Wirtschaftsmagazin Forbes.
Nokia erwartet in seiner aktuellen Ankündigung jedenfalls, dass es eine bedeutende Position bei den wesentlichen Patenten für Mobilfunkstandards auch in 5G einnehmen wird. Das finnische Unternehmen betont dabei, dass die Lizenzierungspraktiken von Nokia für die Lizenzierung von 5G SEPs für Mobiltelefone im Einklang stehen mit den Lizenzierungsverpflichtungen gegenüber relevanten Standards und dass sie dem FRAND Ansatz verpflichtet sind.
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