Die US Behörden haben direkt vor Weihnachten eine gemeinsame Grundsatzerklärung zu Standard-essentiellen Patenten (SEPs) veröffentlicht. Die Erklärung stärkt die Patentinhaber und Lizenzgeber unter FRAND-Verpflichtung in der Anwendung von Rechtsmitteln bei Verletzung von SEPs.
Kurz vor Weihnachten haben das US-Patentamt (USPTO), das US-Justizministerium (Antitrust Division, (DOJ)) und das National Institute of Standards and Technology (NIST) eine gemeinsame Grundsatzerklärung zu den Standard-essentiellen Patenten (SEPs) veröffentlicht. Diese neue Erklärung distanziert sich von der bisher geltenden Erklärung von 2013, die bei Klagen wegen Verletzung standard-essentieller Patente Unterlassungsklagen und andere Ausschlussmittel nur unter besonderen Umständen vorsah.
Die aktuelle Grundsatzerklärung, veröffentlicht direkt vor Weihnachten am 19. Dezember 2019, nimmt Bezug auf verschiedene Urteile im Bereich von Verletzungen von Standard-essentiellen Patenten. Durch die besonderen Rechtsvorschriften für SEPs und die Schwierigkeit, Unterlassungsklagen bei Patentverletzung zu erheben, stellen sich in der Praxis zwei Grundschwierigkeiten heraus:
- Wenn ein Patent unter FRAND-Verpflichtung wettbewerbsverzerrend wirkt, entsteht ein kartellrechtlicher Schaden – aber kann auch das Kartellrecht angewandt werden?
- Für SEPs sollen faire Lizenzvereinbarungen getroffen werden, um der Allgemeinheit und dem Patentinhaber zu dienen – doch was ist zu tun bei einer Verweigerung einer Lizenzvereinbarung und auch der Verweigerung einer Erörterung dazu?
Die aktuelle Grundsatzerklärung greift diese beiden Punkten explizit auf.
Kleiner Seitenblick auf deutsche Urteile zur FRAND-Verpflichtung
Auch vor deutschen Gerichten wurden in letzter Zeit interessante Urteile zu Patenten und Lizenzstreitigkeiten unter FRAND-Verpflichtung getroffen. So hat das Düsseldorfer Berufungsgericht in seinem Urteil zwischen Unwired Planet und Huawei einen neuen Rahmen für FRAND Konformität und die Lizensierung von übertragenen SEP. In seinem Urteil entschied das Gericht, dass die Verpflichtung aus der FRAND-Erklärung des ursprünglichen SEP-Inhabers im Falle einer Übertragung der SEP auch ohne eine ausdrückliche oder stillschweigende FRAND-Erklärung des Zessionars verbindlich ist.
Auch aus dem Bereich Vergütung einer Diensterfindung von SEPs gab es kürzlich eine interessante Entscheidung der Schiedsstelle. In Fall von Standard-essentiellen Patenten erscheine ein deutlich über dem Regelwert liegender pauschaler Umrechnungsfaktor von 35 % auf den Bruttoverkaufspreis angemessen, um zum Erfindungswert zu gelangen, legte die Schiedsstelle fest.
Kartellrecht auf FRAND-Streitigkeiten anwendbar?
Die Grundsatzerklärung von 2013 könnte dahingehend falsch interpretiert worden sein, dass das Kartellrecht auf FRAND-Streitigkeiten anwendbar ist, heißt es jetzt in der aktuellen Grundsatzerklärung der US Behörden – interessanterweise jedoch nur in der Fußnote 9.
Obwohl die U.S. International Trade Commission „Wettbewerbsbedingungen in der Wirtschaft der Vereinigten Staaten“ als Teil des öffentlichen Interesses sieht ( siehe 19 U.S.C. § 1337(d)(1)), bedeute dies nicht, dass FRAND-Lizenzstreitigkeiten kartellrechtliche Bedenken aufwerfen, wird in der Grundsatzerklärung ausgeführt.
Allerdings steht dies in direktem Widerspruch zu Fußnote 3, die besagt, dass das Kartellrecht vollständig auf FRAND-Streitigkeiten anwendbar ist, die wettbewerbswidriges Verhalten beinhalten.
Ist Kartellrecht also anwendbar oder nicht? Die Erklärung vom 19. Dezember legt diese Entscheidung in das Ermessen der Gerichte. Gerichte, die U.S. International Trade Commission und andere Entscheidungsträger sollten alle relevanten Fakten nach eigenem Ermessen berücksichtigen, einschließlich der das Verhalten der Parteien bei der Beurteilung der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die für ihren Rechtsbehelf gelten Festlegungen, die standard-essentielle Patente betreffen, wie z.B. 19 U.S.C. §.
Durch die deutliche Distanzierung von der eigenen Grundsatzerklärung von 2013 wird zugleich klar, dass die US Behörden den Standpunkt einnehmen, dass das Kartellrecht nicht auf FRAND-Streitigkeiten anwendbar sein sollte. Dies unterscheidet sich von der Erklärung von 2013, die eine aggressive Haltung gegenüber Patentinhaber von SEPs und eine Einschränkung ihrer Durchsetzungsmöglichkeiten vorgegeben hatte. Grund dafür war, dass eine Vielzahl von Patentinhabern von SEPs als sogenannte Patenttrolle gesehen wurden.
Die aktuelle Grundsatzerklärung verschiebt diese Sichtweise, ist aber letztlich eine Einschätzung der US Behörden. Entscheiden werden jedoch die Gerichte mit den kommenden Urteilen.
Verweigerung einer Lizenzvereinbarung und einer Erörterung
Im Wesentlichen besagt die aktuelle Grundsatzerklärung, dass sich SEPs grundsätzlich nicht von anderen Patenten unterscheiden und dass sie nach den gleichen Regeln wie andere Patente beurteilt werden sollten. Dies ist im Grunde ein formeller Rückzug aus der bisher geltenden Erklärung von 2013, die bei Klagen wegen Verletzung standard-essentieller Patente Unterlassungsklagen und andere Ausschlussmittel unter besonderen Umständen vorsah, beispielsweise bei einer Verweigerung, sich an einer Verhandlung zur Festlegung der FRAND-Bedingungen zu beteiligen.
Ebenso gilt die Schadensanalyse für Standard-essentiellen Patente in gleicher Weise wie für jedes andere Patent, dies war auch bereits in der Erklärung von 2013 vorgesehen.
Fazit
In der Summe macht die neue aktuelle Grundsatzerklärung deutlich, dass Patentinhaber und Lizenzgeber das Recht haben sollten, Innovatoren und Produkthersteller mit der Androhung einer einstweiligen Verfügung zu maßregeln, insbesondere auch im Fall von Verweigerung einer Lizenzvereinbarung oder einer Erörterung dazu. Der gute Glaube bei Verhandlungen mit FRAND-Verpflichtungen könne die Effizienz der Lizenzvergabe fördern, heißt es in der aktuellen Grundsatzerklärung, unterstützt durch die Verfügbarkeit von Daten und die Anwendung bewährter Verfahren, ebenso wie bei Verhandlungen mit Verpflichtungen für Patente, die für Standards nicht wesentlich sind.
Die neue Grundsätzerklärung zu der Anwendung von Rechtsmitteln bei Verletzung von SEPs ist eine ausdrucksstarke Frohe Botschaft für Lizenzgeber unter FRAND-Verpflichtung – und die Gerichte werden entscheiden.
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Unsere Anwälte beraten Sie gerne. Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Quelle:
Grundsatzerklärung der US-Behörden vom 19. Dezember 2019
Bild:
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