Digitalisierung der Industrie in Europa ist ein Dauerthema. Doch weniger laut wird über KI Erfindungen und NET/KI-bezogene Innovationen gesprochen. Doch tatsächlich ist 2021 das Jahr im Aufbruch für KI Innovation in Europa, mit wichtigen Entscheidungen für die Industrie.
NET (neu entstehende Technologien) und KI (Künstliche Intelligenz) und natürlich auch Maschinelles Lernen (besser bekannt im englischen Begriff Deep Learning (DL)) hat längst Einzug gehalten in die Industrie: Roboter ebenso wie Rasenmäher, Steuerungssystem von Fahrzeugen, Bilderfassung und -auswertung, 3D-Druck, Baumaschinen und industrielle Fertigungsstraßen. Auch in anderen Bereichen ist KI allgegenwärtig: der Zoll nutzt KI ebenso wie die Patentämter und selbst im Kunstbereich gibt es aufsehenerregende Erfolge mit KI, so das Gemälde „Edmond de Belamy“ und Beethovens 10. Sinfonie. Und auch die Frage, ob eine KI nicht auch der rechtmäßige Erfinder sein kann, liegt längst den Patentämtern und Gerichten vor (das höchste UK Gericht urteilte dazu im September 2020), der berühmte Fall Debus. Alle bisherigen Entscheidungen legten fest, dass eine KI kein Erfinder sein kann, da eine KI keine Rechtspersönlichkeit ist. Ende 2021 wird dazu eine Entscheidung der nächsten Europäischen Instanz erwartet, der Beschwerdekammer des EPA.
Umso mehr ist zu begrüßen, dass auch in Bezug auf rechtliche und politische Rahmenbedingungen für KI Erfindungen und KI Innovationen Bewegung gekommen ist. 2021 ist in diesem Zusammenhang ein Jahr im Aufbruch für KI Innovation in Europa.
KI Innovation in Europa: Politischer Rahmen
Nachdem im Dezember 2018 von der EU Kommission der erste koordinierte Plan für KI als gemeinsame Verpflichtung mit den Mitgliedstaaten veröffentlicht wurde, ist die EU Kommission einem verbindlichen Rechtsrahmen für KI Innovation in Europa jetzt sehr nah: Im April 2021 hat die EU Kommission eine Erklärung mit dem klaren Ziel abgeben, Europa zum globalen Zentrum für vertrauenswürdige künstliche Intelligenz (KI) zu machen. Das ist keineswegs nur eine Absichtserklärung, sondern der Auftrag an das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten, die Vorschläge der Kommission für ein europäisches Konzept für künstliche Intelligenz im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren anzunehmen. De fakto wird das vorgeschlagene KI Konzept und die vorgeschlagene EU-Maschinenverordnung voraussichtlich 30 Monate nach ihrem Inkrafttreten anwendbar sein, also im November/Dezember 2023.
Besonders interessant in diesen konkreten Vorschlägen ist zum einen die Betonung der nachhaltigen Produktion und auch der Gesundheit und Mobilität als Sektoren, für die eine strategische Führungsrolle für KI Innovationen erreicht werden soll. Genauso interessant und immens wichtig für die Industrie ist die Entscheidung, eine neue EU-Maschinenverordnung zu etablieren statt der bisher geltenden Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Im Entwurf der zukünftigen Verordnung über Maschinen (Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on machinery products) gibt es wichtige Neuerungen: Die überarbeitete Maschinenrichtlinie wird an das New Legislative Framework (NLF, 768/2008/EC) angeglichen und zu einer EU Verordnung. Die Änderungen und Erweiterungen betreffen vor allem die Konformitätsbewertung, die Marktüberwachung und eine Risikobewertung der neuen Technologien und der KI.
Patentrechtlicher Rahmen für KI Innovation in Europa
Grundsätzlich galt die Patentierbarkeit von Algorithmen und Software lange als schwierig bis aussichtslos im Patentrecht von Europa. Denn Computerimplementierte Erfindungen sind zwar patentierbar- Programme für Computer, Quellcode oder ein Algorithmus als solcher jedoch nicht (gemäß Artikel 52 im Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ)).
Doch 2021 kam auch in dieser Hinsicht viel in Bewegung: die Große Beschwerdekammer des EPA (die höchste gerichtliche Instanz nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ)) entschied im März 2021 (G 0001/19) bemerkenswert über Gemischte Erfindungen mit Computerprogramm. Sobald ein Computerprogramm läuft, sollen demnach sogar lediglich „potenzielle“ technische Auswirkungen immer als echte technische Auswirkungen behandelt werden. Dies eröffnet in der Praxis besseren Patentschutz für Algorithmen und mathematische Modelle.
IP5-Ämter und KI Patentfähigkeit
Die Bewertung der Patentfähigkeit von KI Innovation beschäftigt nicht nur das Europäische Rechtswesen, sondern auch andere große Patentämter und Patentgerichte. Zunehmend wird in diesem Bereich der NET/KI-bezogenen Innovationen Kooperation gesucht: seit 2019 läuft beispielsweise eine enge Zusammenarbeit zwischen EPA und China. Und seit Neuestem gibt es auch eine neue, interdisziplinäre IP5-Taskforce, in der sämtliche IP5-Partnerämter und die WIPO vertreten sind. Der Begriff „IP5“ bezeichnet die fünf größten IP-Ämter der Welt (das EPA, das JPO, das KIPO, die CNIPA und das USPTO), in denen 80 % aller Patente weltweit eingehen.
In gemeinsamer Abstimmung sollen rechtliche, technische und strategische Aspekte im Zusammenhang mit neuen Technologien und KI und dem Patentsystem ausgebaut und möglichst harmonisiert werden. Die Taskforce will eine umfassende Roadmap entwickeln, die die Richtung der IP5-Ämter beim Umgang mit NET und KI vorgeben wird – anvisiert dafür war Juni 2021.
KI Erfindung zum Patent anmelden: praktische Tipps
Was auch immer an globaler Abstimmung für die Patentanmeldung einer KI Innovation erreicht werden wird, für KI Innovation in Europa und europäische Patentanmeldungen geben wir an dieser Stelle gerne noch einige praktische Tipps.
Der Patentanspruch (auch für einen Algorithmus oder ein mathematisches Modell) kann durch die technische Anwendung technischen Charakter erhalten; der angegebene technische Zweck muss allerdings „spezifisch“ sein. Das beschränkt den Patentanspruch, bietet aber auch gestalterischen Spielraum; vielleicht kann der spezifische technische Zweck in mehreren Ebenen aufgefächert werden? Natürlich müsste jeweils nachgewiesen werden, wie ein technisches Problem gelöst wird.
Umso wichtiger sind experimentelle Daten, gerade auch im Zusammenhang mit Patentanmeldungen von KI Innovation und die Frage der Plausibilität sowie der erfinderischen Tätigkeit.
Das EPA selbst weist daraufhin, dass eine Erfindung patentierbar sein kann, die auf eine konkrete technische Umsetzung von KI gerichtet ist und nennt als Beispiel die konkrete technische Umsetzung neuronaler Netze mithilfe von Grafikprozessoren (GPUs) oder auch Merkmale, die zu Parallelität in der Verarbeitung führen. Die Erfindung wäre also auf eine spezifische technische Implementierung von KI gerichtet, nämlich durch technische Überlegungen zur internen Funktionsweise eines Computers.
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Quellen:
Pressemitteilung der EU Kommission: Europa fit for the Digital Age, April 2021
ADT Zielke Blog: EU-Maschinenverordnung statt Maschinenrichtlinie
Bild:
Tumisu | pixabay | CCO License
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