Das Auktionshaus Christie’s versteigerte am letzten Donnerstag in New York ein von einem Algorithmus angefertigtes Kunstwerk für mehr als 400.000 Dollar. Dies hat weltweit Aufsehen erregt und wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle Patentierbarkeit von Künstlicher Intelligenz.
Viele Künstler, die KI-Kunst machen, verlassen sich auf lizenzfreie Bild- oder Audiobibliotheken oder auch eigene Skizzen, um ihre Algorithmen zu trainieren. Der eigene künstlerische Beitrag wird in der Art der Mischung von vorhandenem Material gesehen, also in dem Lernalgorithmus und dem daraus entstehenden neuen Werk. Ist Künstliche Intelligenz (KI) also einfach ein Werkzeug, das Künstler verwenden, wie ein Fotograf eine Kamera oder Adobe Photoshop bei Schaffung und Bearbeitung seiner Bilder verwendet? Oder ist KI ein Software-Algorithmus, der schutzfähig ist?
Ein Blick auf das Urheberrecht und die Patentierbarkeit von Software-Algorithmen schafft Klarheit.
Urheberrecht
Der rechtliche Schutz für Kunst und Literatur ist durch das Urheberrecht geregelt. Solange aber ein Werk geschützt ist, ist die Nutzung für die Allgemeinheit letztlich eingeschränkt. Kunst soll jedoch kulturelle Vielfalt und Entwicklung einer Gesellschaft fördern. Für Deutschland und die Europäische Union gilt daher: 70 Jahre nach Tod des Urhebers erlischt das Urheberrecht. Die Berechnung für die Dauer des Urheberrechts beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Urheber verstirbt (§ 69 UrhG ). Da der Urheber dann natürlich verstorben ist, geht das Urheberrecht für 70 Jahre auf seine Erben über.
Grundsätzlich kann der Inhaber des Urheberrechts über die Veröffentlichungen und Art und Menge von Vervielfältigungen oder eine andere mögliche Verwertung entscheiden sowie die daraus gewonnen Einnahmen nutzen. Auch kann er Dritten Nutzungsrechte erteilen.
International ist das Urheberrecht im Wesentlichen durch die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst geregelt, die mehr als 170 Staaten unterzeichnet haben. Die internationale Regelung besagt, dass das Urheberrecht nach 50 Jahren erlischt. Die Vertragsstaaten können aber individuell die Schutzdauer verlängern.
Patentierbarkeit von Software-Algorithmen
Laut Europäischem Patentübereinkommen (EPÜ) ist ein Computerprogramm „als solches” keine patentfähige Erfindung (Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ). Auf reinen Programmcode werden keine Patente erteilt, er kann allerdings durch Urheberrecht geschützt werden. Der Schutz durch Urheberrecht ist aber nicht so stark wie durch Patentrecht, gerade nicht bei Programmcode- und Softwareentwicklung. Denn das Urheberrecht schützt die Form des Werkes, nicht die ihm zugrunde liegenden Ideen. Jeder kann daher eine eigenen Programmcode schreiben, der eine Idee eines Urheberrecht geschütztes Werk aufgreift, solange er nicht den Code kopiert. Wäre ein Programmcode oder ein Software-Algorithmus patentrechtlich geschützt, wäre der Patentinhaber davor sicher, dass andere seine Erfindung benutzen.
Auch Software-Algorithmen ebenso wie mathematische Beweise gelten bisher als nicht-technische und daher rein mentale Werke. Denn auf eine computerimplementierte Erfindung wird nur dann ein Patent erteilt, wenn damit eine technische Aufgabe gelöst wird – auf eine technisch besonders raffinierte und ungewöhnliche Weise.
KI-Kunst – Algorithmus erschafft Gemälde
Dies ist aber bei dem KI-Kunstwerk von Christie’s durchaus zu diskutieren. Grundlage des jetzt versteigerten „Edmond de Belamy“ sind 15.000 echte Portraits, die zwischen dem 14. Und 20. Jahrhundert entstanden sind. Auf diesen Datensatz aufbauend wurde ein Algorithmus entwickelt, der einer Software Regeln der Portraitmalerei beibringen sollte.
Mit einem weiteren Algorithmus entstand dann durch verschiedenste Mischungen der Portraits eine Serie neuer Bilder, aus denen die KI selbst die Belamy-Reihe auswählte.
Die künstliche Intelligenz hielt die ausgewählten Bilder wie das jetzt versteigerte Edmond de Belamy für ein vom Menschen geschaffenes Werk.
Update zur Richtlinie für Computerbasierte Erfindungen
Passenderweise brachte das Europäische Patentamt (EPA) vor wenigen Tagen ein Update zur bisherigen Richtlinie heraus (Neue Richtlinie: „Guideline: Artificial intelligence and machine learning“) Die bisherige Richtlinie für Computerbasierte Erfindungen berücksichtigte für die Patentanmeldungen zwar bereits Patentansprüche aus technischen und nichttechnischen Merkmalen, auch für Computerimplementierte Datenstruktur und darauf basierenden Verfahrensschritte. Patentierung im Bereich Sensorentechnik wie auch im E-Commerce waren dadurch bereits skizziert (Europäische Patentanmeldung: Computerbasierte Erfindungen im Leitfaden des EPA). Die zahlreichen Neuerungen im Bereich Künstliche Intelligenz und Software Algorithmen sind aber patentrechtlich noch nicht ausreichend geregelt in der allgemeinen Rechtsprechung. Interessant sind insofern mögliche Analogien zu aktuellen und bemerkenswerten Urteilen im Bereich Softwarepatente, beispielsweise Oracle gegen Google oder IBM gegen Groupon. Der Blick auf diese Urteile macht verständlich, dass die Industrie längst Patentabkommen und auch Open-Source-Entwicklung als belastbare Alternative zum eigenen Patentschutz sieht.
Patente auf Künstliche Intelligenz – nur schwer zu regeln
Es ist Eile geboten bei der rechtlichen Regelung von Patenten auf Künstliche Intelligenz. Denn auch das amerikanische Patentamt hat bereits signalisiert, dass KI „als solche“ patentierbar sein solle. Es ist passend, dass das EPA im Dezember 2017 die Auswertung von Trends „Patente und die Vierte Industrielle Revolution“ genannt hat und damit explizit das Internet der Dinge (IdD) als auch Künstliche Intelligenz in den Fokus rückte. Allerdings ist die Integration dieser computergestützten Technologien in den Patentschutz nicht ohne Probleme. Schon die Frage der Offenbarung einer solchen Erfindung ist rechtliches Neuland, da die Erfindung in den Anmeldungsunterlagen für einen Patentschutz so deutlich und vollständig offenbart werden muss, dass ein Fachmann sie ohne weiteres ausführen kann. Für das Belamy Kunstwerk der Christie’s Versteigerung wäre dies so nicht möglich. Und die Beurteilung, ob eine technische Aufgabe gelöst wurde, ist ebenfalls schwierig.
Auf der anderen Seite steht aber auch die Frage der Verwertbarkeit und Vergütung. Wer ist der Erfinder, wenn eine KI das Werk geschaffen hat, die aber nur durch Algorithmen lernfähig wurde? Und dies wiederum nur, weil die KI – wie auch im Fall des Belamy Kunstwerks – mit einer großen Anzahl Ausgangsinformationen wie Bildern, Datensätzen oder chemischen Formeln gespeist wurde, diese aber auch wiederum möglicherweise geschützt sind. Nicht zuletzt wäre auch zu klären, ob Werke einer KI grundsätzlich unter dem Aspekt von Fair Use Rechtsprechung fallen sollten, da weitreichende und gesellschaftliche relevante Effekte durch eine Patentierbarkeit von Künstlicher Intelligenz zu erwarten sind.
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Quelle:
Computerbasierte Erfindungen im Leitfaden des EPA
EPO: Patente und die Vierte Industrielle Revolution
Reuters Meldung: First-ever auction of AI-created artwork
Bilder:
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