Der in einem europäischen Patent genannte Erfinder muss ein natürlicher Mensch sein. In einer viel beachteten Entscheidung des EPA wurde die KI ‚DABUS‘ als Erfinder und die entsprechenden Patentanmeldungen abgewiesen. Denn eine KI hat keine Persönlichkeitsrechte.
Der kuriose Fall KI ‚DABUS‘ wurde bereits Ende 2019 vom Europäischen Patentamt entschieden, jetzt wurde der Volltext der Entscheidung veröffentlicht. Im Mittelpunkt steht die Ablehnung von der Europäischen Patenten, deren Erfindungen von einer künstlichen Intelligenz (KI) erschaffen wurden und deren Name DABUS als Erfinder eingetragen wurde. In der viel beachteten Entscheidung des EPA wurde die KI ‚DABUS‘ als Erfinder und die beiden entsprechenden Patentanmeldungen abgewiesen. Denn eine KI hat keine Persönlichkeitsrechte.
Erfindungen wurden von KI ‚DABUS‘ autonom geschaffen
Die beiden Patente, EP 18 275 163 und EP 182 751 74, betreffen einen Getränkebehälter bzw. fraktale Lichtsignale. Vor allem das fraktale Lichtsignal (EP 18 275 174) ist ausführlich in der zugehörigen Patentbeschreibung erläutert. Die Erfindung zeigt eine Vorrichtung und Methode, die bei Suchaktionen optische Aufmerksamkeit wie ein Leuchtturm erregen soll. Eine sich anpassende algorithmisch gesteuerte neurale Flamme soll als Bake des Signals dienen. Die beiden zum Patent angemeldeten Erfindungen wurden von der KI ‚DABUS‘ autonom geschaffen, was dazu führte, dass der Besitzer der KI als Erfinder die KI ‚DABUS‘ benannte.
Der Patentanmelder und Besitzer der KI ‚DABUS‘, Stephen Thaler (USA), beschäftigt sich bereits seit Jahrzehnten mit KI. Er veröffentlichte unter dem Namen Kreativmaschinen – “Creativity Machines®” – Schriften über künstliche neurale Netze bereits seit 1997. Die als Erfinder gemeldete KI ‚DABUS‘ gehe aber weit über gewöhnliche maschinelle An-Aus-Muster von neuronalen Strukturen hinaus, hatte Thaler auf Fachtagungen berichtet. Durch kumulative Zyklen des Lernens und Verlernens, die keinem festen Muster folgen, verbindet sich laut Thaler in DABUS ein Teil der neuralen Netze zu Strukturen, die so komplexe Konzepte wie die beiden Patentanmeldungen hervorbringen. Der Name „DABUS“ der KI steht für „Gerät zum autonomen Bootstrapping des einheitlichen Empfindungsvermögens“ (eng: Device autonomously bootstrapping uniform sensibility).
Regel 19 EPÜ dient nur der Identifizierung des Erfinders
Der Patentanmelder Thaler erklärte, dass die Erfindungen von der KI selbst gemacht worden sei. Er argumentierte, dass die Maschine als Erfinder anerkannt werden sollte und er selbst als Anmelder und als Eigentümer der Maschine ein Abtretungsempfänger jeglicher durch die KI ‚DABUS‘ geschaffenen IP-Rechte sei.
Regel 19()1 EPÜ verlange keineswegs, dass der Erfinder ein Mensch sei, sondern diene nur dem Zweck, den Erfinder ordnungsgemäß zu identifizieren. Die Bezeichnung des Erfinders, die im vorliegenden Fall eingereicht wurde, erfülle dieses Erfordernis, fand Stephen Thaler. Die Bestimmung, dass eine Benennung sowohl einen Vornamen als auch einen Familiennamen enthalten muss, würden Personen mit nur einem Namen (monoyme Personen, z. B. javanische Namen laut Wikipedia) das Recht verweigern, als Erfinder genannt zu werden. Außerdem sei die Tatsache, dass ein KI-System weder moralische noch Eigentumsrechte habe, kein Hindernisgrund für die Eintragung als Erfinder.
Die Anforderungen an die Patentierbarkeit seien ausschließlich in Art 52 – 57 EPÜ festgelegt. Ein Verfahrenserfordernis nach Regel 19 EPÜ könne daher keinen materiellen Ausschluss von der Patentierbarkeit für Erfindungen einführen, die von KI-Systemen gemacht wurden.
Namen von Dingen nicht gleichzusetzen mit Namen von Personen
Das Europäische Patentamt wies diese Argumentation zurück, wie der jetzt veröffentlichte Volltext der Entscheidung ausführlich zeigt. In Übereinstimmung mit Regel 19 (1) EPÜ muss die Benennung den Familiennamen, Vornamen und die vollständige Adresse des Erfinders enthalten, erklärte das Patentamt. Namen, die Dingen gegeben werden, dürfen jedoch nicht mit Namen natürlicher Personen gleichgesetzt werden. Denn Namen, die natürlichen Personen gegeben werden, ermöglichen es ihnen, ihre Rechte auszuüben und Teil ihrer Persönlichkeit zu sein, dies gelte auch für monoyme Personen.
Dinge haben im Gegensatz dazu keine Rechte, vor allem eben auch keine Persönlichkeitsrechte. Das EPA führte zahlreiche nationale Regeln an für Rechte des persönlichen Namens, für DE § 12 BGB, für FR Art. 57 (2) Französisches Bürgerliches Gesetzbuch und für IT Art. 6(1) Italienisches Bürgerliches Gesetzbuch.
Benennung eines Erfinders obligatorisch, da rechtliche Folgen
Die Benennung eines Erfinders ist auch deswegen obligatorisch, da sie eine Reihe rechtlicher Folgen hat, erläuterte das EPA. Insbesondere stelle die Nennung des Erfinders sicher, dass der benannte Erfinder der rechtmäßige ist und dass er die mit diesem Status verbundenen Rechte in Anspruch nehmen kann. Um diese Rechte ausüben zu können, muss der Erfinder aber eine Rechtspersönlichkeit besitzen, die KI-Systeme oder KI-Maschinen jedoch eben nicht besitzen.
Nach Auslegung des Rechtsrahmens des europäischen Patentsystems muss daher der in einem europäischen Patent genannte Erfinder eine natürliche Person sein, entschied das EPA. Dies ist als Grundsatz der Artikel 81 und Regel 19 des Europäischen Patentübereinkommens festgelegt.
Mag Stephen Thaler zwar mit den beiden Patentanmeldungen durch den Erfinder KI ‚DABUS‘ bisher gescheitert sein, Aufmerksamkeit für das Patents EP 18 275 174 mit dem passenden Namen „DEVICES AND METHODS FOR ATTRACTING ENHANCED ATTENTION “ ist ihm auf jeden Fall sicher. Zudem kann er als Anmelder des Patents innerhalb von zwei Monaten die Entscheidung bei den Beschwerdekammern, dem unabhängigen Rechtsprechungsorgan des EPA, anfechten. Allerdings wurden ebenfalls erfolgte Patentanmeldungen mit dem Erfinder KI ‚DABUS‘ auch in den USA und im UK abgelehnt.
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Quellen:
Entscheidung des EPA KI ‚DABUS‘
Bild:
geralt | pixabay | CCO License
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