Im Streitfall um eine Diensterfindung im Pharmabereich stand die Entwicklung eines ‚extended use‘ Produktes im Mittelpunkt. Die Schiedsstelle erläuterte Lizenzsätze für Arzneimittel mit bzw. mit abgelaufenen Wirkstoffpatenten. Denn das Wirkstoffpatent prägt die Marktexklusivität.
Üblicherweise kann der Lizenzsatz für ein komplexes Produkt durchaus die Höhe des maximalen Lizenzsatzes erreichen, der für diesen Produktmarkt möglich ist. Ein Einzellizenzsatz dagegen liegt häufig im Bereich des halben Höchstlizenzsatzes und sogar noch darunter.
Im Pharmabereich jedoch gibt es noch weitere Aspekte zu beachten. Denn nach Auffassung der Schiedsstelle ist der Wirkstoff ist das begründende Element eines Arzneimittels seiner Marktexklusivität. Wenn aber dieses Wirkstoffpatent bereits ausgelaufen ist, kann der Komplexlizenzsatz für einen Arzneimittelkomplex nicht im Bereich des Höchstlizenzsatzes liegen. Dies formulierte die Schiedsstelle des DPMA als einen nicht-amtlichen Leitsatz.
Lesen Sie in diesem Kontext auch gerne unseren Beitrag: Diensterfindung im Pharmabereich: Erfindungswert und üblicher Lizenzsatz
Der vorliegende Fall wurde vor der Schiedsstelle verhandelt, da im Mittelpunkt eine Diensterfindung im Pharmabereich stand; Streitfälle von Arbeitnehmererfindungen werden immer durch die Schiedsstelle entschieden. Unter anderem war vorliegend der Lizenzsatz umstritten, den der Arbeitgeber im Rahmen des Erfindungswertes für die Vergütung der Diensterfindung zugrunde gelegt hatte. Der Diensterfinder ist promovierter Apotheker und sollte die Entwicklung eines ‚extended use‘ Produkts auf der Grundlage der im Unternehmen bereits verfügbaren standardmäßigen kombinierten Präparate evaluieren.
Auf die daraus resultierende Erfindung wurde ein Europäisches Patent erteilt, und der Arbeitgeber nutzt die Erfindung in einem ‚extended use‘ Produkt, das zusätzlich auch durch Schutzrechte betreffend die Formulierung, das Herstellungsverfahren für den Wirkstoff, die Zusammensetzung und länderabhängig die Kartusche geschützt ist. Die ursprünglich zugrunde liegenden Wirkstoffpatente waren hingegen bereits vor der Markteinführung des ‚extended use‘ Produktes ausgelaufen. Daher war dieses Produkt von vornherein von einem Erfindungskomplex ohne Wirkstoffpatente geprägt. Die Schiedsstelle stellte klar, dass in einem solchen Fall nicht verwiesen werden kann auf übliche Lizenzsätze im Pharmabereich für Arzneimittel mit Wirkstoffpatenten.
Kleiner Exkurs: Lizenzsatz für Arzneimittel mit Wirkstoffpatenten
Die Schiedsstelle hat bereits früher entschieden, dass innerhalb von Lizenzsätzen den Wirkstoffpatenten 50 % – 70 % am Gesamtlizenzsatz zukommt. Dies beruht auch auf älteren Einschätzungen aus der entsprechenden juristischen Literatur. In Reimer/Schade/Schippel wird z. B. unter Verweis auf einen Einigungsvorschlag aus dem Jahr 1995 ein Lizenzsatz für ein Fertigarzneimittel in Höhe von 4 % als oberer Bereich angesehen. Nach Trimborn wiederum liegen die Lizenzsätze für fertige Arzneimittel üblicherweise bei 1 – 5 % und 0,5 – 2,5 % für reine Stofferfindungen.
Und nach Bartenbach/Volz werden für reine Stofferfindungen üblicherweise Lizenzsätze von 0,5 bis 2,5 % gezahlt werden; Lizenzsätze werden demnach bis 10 % nur im absoluten Ausnahmefall und nur für das ganze fertige Produkt mit herausragenden Eigenschaften erreicht. In der Praxis würden zudem 60 – 80 % eines solchen Lizenzsatzes der behördlichen Zulassung und nicht dem Ausschlusswert hinsichtlich der technischen Lehre zugemessen.
Keine Marktexklusivität durch das ‚extended use‘ Produkt ohne Wirkstoffpatent
Da das ‚extended use‘ Produkt im vorliegenden Fall auf bereits vor der Markteinführung abgelaufenen Wirkstoffen beruhte, wurde der Markt mit der Entwicklung nur um ein weiteres Produkt bereichert, aber nicht exklusiv abgeschöpft, urteilte die Schiedsstelle. Das Extended Regime für dieses Produkt begründe keine Marktexklusivität, fügte sie hinzu. Denn wenn es Ziel der Entwicklung des Produkts ist, in den Markt für ‚extended use‘ einzutreten, der bereits durch ein Wettbewerbsprodukt belegt war, dann sei keine Marktexklusivität gegeben.
Im Übrigen ergänzte die Schiedsstelle: Sind die Wirkstoffpatente eines Arzneimittels schon vor Markteinführung abgelaufen, dann ist das Produkt von vornherein von einem Erfindungskomplex ohne Wirkstoffpatente geprägt.
Daher war die Schiedsstelle der Auffassung, dass der Komplexlizenzsatz bei maximal 2,5 % angesetzt werden könne.
Anteilsfaktor richtet sich nach tatsächlichem Informationsfluss
Interessant an diesem Fall ist zudem die Entscheidung der Schiedsstelle zum Anteilsfaktor, in den stets die Berufserfahrung und Stellung des Diensterfinders eingeht, ausgedrückt durch mehrere Wertzahlen. Für im Entwicklungsbereich eingesetzte Akademiker ergeben sich übrigens nach Entscheidungspraxis der Schiedsstelle regelmäßig Anteilsfaktoren in einem Bereich von 10 % bis 16,5 %. Auch der Anteilsfaktor von Ingenieuren liegt im nach den langjährigen Erfahrungen der Schiedsstelle regelmäßig im Bereich von 10 % bis 16,5 %, jedenfalls aber unter 20 %.
Die Schiedsstelle betonte, dass nicht die nominelle Stellung im Unternehmen, sondern der tatsächlich mit der jeweiligen Aufgabe verbundenen Informationszufluss entscheidend für den Anteilsfaktor ist. Entsprechend sei im vorliegenden Fall nicht relevant, ob der Erfinder Abteilungsleiter in der Entwicklung oder Projektleiter in der Entwicklung oder beides gleichzeitig war. Denn ein beiden Fällen verfügte er über größeren Informationszufluss, als die Vergütungsrichtlinien einem einfachen Entwicklungsingenieur (“c=4“) zubilligen. Daher könne eine höhere Wertzahl als „c=3“ nach Auffassung der Schiedsstelle keinesfalls in Betracht kommen.
Insgesamt ergebe sich aus den Wertzahlen „a = 2“ + „b = 2“ + „c = 3 maximal ein Anteilsfaktor von 13 %, lautete die Entscheidung der Schiedsstelle für den vorliegenden Fall.
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