Ein im Produktmarkt erreichter maximaler Lizenzsatz ist fast immer Erfindungskomplexen vorbehalten, so dass ein Einzellizenzsatz häufig deutlich unter dem maximalen Lizenzsatz liegt. Die Schiedsstelle erläuterte auch den Anteilsfaktor und Wertzahlen für einen Diplomingenieur und die Erfinderschaft für eine Idee.
Vor die Schiedsstelle des DPMA wurde ein umfangreicher Fall verhandelt, in dem der Diensterfinder sowohl den Lizenzsatz, den Anteilsfaktor und den Miterfinderanteil sowie die Wertzahlen und die zugrunde gelegten Umsätze ablehnte, die der Arbeitgeber für die Vergütung der Diensterfindung zugrunde gelegt hatte. Die Schiedsstelle legte aus diesem Streitfall mehrere nicht-amtliche Leitsätze zu diesen Aspekten vor, die wir in diesem Beitrag mit den zugehörigen Überlegungen vorstellen.
Lizenzsatz für Einzellizenz deutlich niedriger als für maximalen Lizenzsatz
Ein im Produktmarkt bezahlte maximaler Lizenzsatz ist fast immer Erfindungskomplexen vorbehalten, führte die Schiedsstelle aus. Deshalb liege ein Einzellizenzsatz häufig im Bereich des halben Höchstlizenzsatzes und darunter.
Zudem wurden im vorliegenden Fall bereits bekannte Maschinen erfindungsgemäß so umgestaltet, dass die produktberührenden Teile redundant ausgeführt werden konnten und bei Bedarf in Parkpositionen geschoben wurden. Daher hätte nur einen Teil des Umsatzes mit diesen umgestalteten Maschinen als Bezugsgröße dienen müssen, führte die Schiedsstelle aus.
Der Arbeitgeber hatte stattdessen zur Ermittlung des Erfindungswerts den vollständigen Nettoumsatz mit Maschinen zu Grunde gelegt, diesen abgestaffelt und einen Einzellizenzsatz von 1,75 % in Ansatz gebracht.
Die Schiedsstelle erklärte, es müsse fiktiv ein plausibler Lizenzsatz festgelegt werden, denn vorliegend wurde kein Lizenzvertrag über diese Diensterfindung abgeschlossen. Daher sei der anzuwendende Lizenzsatz nicht unter Rückgriff auf den konkreten Produktgewinn festzulegen, sondern unter Rückgriff auf Erfahrungswerte und die Auswertung der am jeweiligen Produktmarkt gegebenen Rahmenbedingungen, einschließlich der typischen Kalkulationsspielräume.
Im vorliegenden Fall ergebe sich daraus, dass ausgehend von einem Einzellizenzsatz von 1,75 % ein maximaler Lizenzsatz von 3,5 % zugrunde liegt. Das hielt die Schiedsstelle für angemessen und befand auch die Abstaffelung für richtig, die der Arbeitgeber vorgesehen hatte. Denn bei den – nicht unerheblichen – Umsätzen, die der Arbeitgeber genannt hatte, sei Abstaffelung der Ausgangslizenzsätze regelmäßig Bestandteil eines Lizenzvertrages, führte die Schiedsstelle aus. Denn ein vernünftiger Lizenzgeber werde seine Erfindung schon im Eigeninteresse vorrangig an ein Unternehmen lizenzieren, das vor allem aufgrund seiner Marktposition hohe bis sehr hohe Umsätze generieren kann. Damit verbunden sei dann auch das Zugeständnis im Lizenzvertrag zu einer Reduzierung des Lizenzsatzes durch Abstaffelung ab bestimmten Umsatzgrenzen.
Auskunftspflicht des Arbeitgebers
Der Diensterfinder forderte außerdem, dass der Arbeitgeber den genannten Umsatz konkret belegen solle. Dies wies die Schiedsstelle zurück. Ein Arbeitgeber habe eine Auskunftspflicht gegenüber dem Diensterfinder, da sonst wesentliche Kerngrößen für die Ermittlung einer Vergütung nicht vorliegen. Diese Auskunft erfolge aber in Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, betonte die Schiedsstelle. Belege für die Auskunft des Arbeitgebers könne man nur einfordern, wenn ein wachsendes berechtigtes Misstrauen erwachse. Das sei vorliegend nicht gegeben.
Besteht sogar der Verdacht der Täuschung seitens des Arbeitgebers, kann eine solche Vergütungsvereinbarung übrigens nach § 123 BGB angefochten werden– jedoch nicht vor der Schiedsstelle.
Erfinderschaft und Miterfinderanteil
Führt eine – von einem Messebesuch mitgebrachte – Idee zur alleinigen Erfinderschaft, wie der Diensterfinder vorliegend annahm? Die Schiedsstelle machte deutlich, dass eine strittige Erfinderschaft nur nach dem Patentgesetz und entsprechend vor Patentgerichten entschieden werden kann. Dennoch empfahl die Schiedsstelle dem Erfinder, einen Miterfinderanteil von 25 % zu akzeptieren. Denn eine Erfindung ist keine Idee, sondern eine Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln, führte die Schiedsstelle aus und verwies auf § 6 (2) PatG, demnach jeder als Miterfinder gilt, der einen eigenen bestimmbaren schöpferischen Beitrag zur technischen Lehre der Erfindung geleistet hat. Und eine Idee wie die vorliegende erfordere eine konstruktive Ausarbeitung im Unternehmen, um zu einer Erfindung zu werden. Eine von einem Messebesuch mitgebrachte Idee führe daher nicht automatisch zur Alleinerfinderschaft, machte die Schiedsstelle deutlich.
Anteilsfaktor für einen Diplomingenieur
Im vorliegenden Fall war der Diensterfinder Diplomingenieur mit Industrial Engineering-Abschluss, dem die technologische Beratung der Kunden und Koordinierung von Versuchen und Entwicklungen oblag.
Sein Anteilsfaktor ergibt sich gemäß der sogenannten Lizenzanalogie aus drei Wertzahlen, in die persönliche Erfahrung und die Aufgaben des Erfinders eingehen, dazu auch seine Stellung im Unternehmen, sein Zugang zu Know-How und technischen Hilfsmitteln des Unternehmens. Höhere Leistungsfähigkeit durch viel eigenes Wissen und Erfahrung kann dabei sogar zu weniger Vergütung der Erfindung führen.
Wertzahl a
Die Wertzahl a beleuchtet, wieviel Eigenanteil der Erfinder an der technischen Lösung hatte. Wurde ihm die Aufgabe gestellt, womöglich sogar innerhalb seiner täglichen Aufgaben im Unternehmen? Oder erkannte er sie aus ganz eigenem Antrieb?
Vorliegend hatte der Kunde den Bedarf an einer technischen Verbesserung aufgeworfen. Kundenbeziehung ist jedoch Aufgabenbereich des Arbeitgebers, stelle die Schiedsstelle klar, und legte die Wertzahl a=3 fest. Dem Erfinder stellte sich die Aufgabe nicht selbst, doch er gelangte aufgrund seiner Erfahrung zur Kenntnis und Lösung der Mängel, die die Erfindung veranlassten.
Wertzahl b
Die Wertzahl b ermittelt aus mehreren Teilmerkmalen, wie dem Erfinder die Erfüllung der Aufgabe gelang: war die eigene Bildung und Erfahrung hilfreich, was sind seine Kernkompetenzen, benötigte die Idee – wie im vorliegenden Fall – eine konstruktive Ausarbeitung im Unternehmen? Die Schiedsstelle befand daher drei voll erfüllte Teilmerkmale mit der Wertzahl „b=1“.
Wertzahl c
Die Wertzahl c ergibt sich aus der Stellung im Betrieb und der Vorbildung des Diensterfinders und damit aus den Leistungserwartungen, die an den Erfinder gestellt werden konnten. Die Vergütungsrichtlinien sehen für einen Diplomingenieur mit Abschluss im Industrial Engineering maximal die Wertzahl 5 vor. Er war zwar nicht im Entwicklungsbereich eingesetzt, hatte jedoch auch Einblick in die Entwicklungstätigkeit.
Dem Einblick eines Entwicklungsingenieurs ohne Führungsfunktion wird laut Vergütungsrichtlinien die Wertzahl 4 zugerechnet. Da im vorliegenden Fall dem Erfinder auch zahlreiche Informationen zum Entwicklungsbereich zustanden, bedingt durch die Koordinationsaufgaben, sah die Schiedsstelle die niedrigere Wertzahl „c=3“ als sachgerecht an.
Damit ergebe sich aus den Wertzahlen „a = 3“ + „b = 1“ + „c = 3“ ein Anteilsfaktor von 13 %, führte die Schiedsstelle aus.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle Arb.Erf. 39/17
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