Ein SPC kann nicht auf ein Arzneimittel erteilt werden, das im Grundpatent geschützt und bereits in Verkehr gebracht ist – auch wenn eine neue Formulierung eines „alten“ Wirkstoffs dieses Arzneimittel darstellt und die Wirkung so verbessert wird, urteilte der EuGH im Fall Abraxis.
Durch dieses Urteil zur Formulierung eines Wirkstoffs bleiben die Möglichkeiten für neue pharmazeutische Formulierungen unter SPC Schutz weiterhin sehr schwierig.
Bereits der Generalanwalt legte sich im Dezember 2018 auf eine strikte Auslegung in dieser Frage fest – wir berichteten. Der Generalanwalt war der Auffassung, dass die restriktive Auslegung des Begriffs „Produkt“ im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel nicht durch eine weite Auslegung des Begriffs „Erstgenehmigung für das Inverkehrbringen des Produkts als Arzneimittel“ im Sinne von Artikel 3 Buchstabe d) dieser Verordnung umgangen werden könne.
Der Gerichtshof schloss sich dieser Ansicht mit seinem abschließenden Urteil Abraxis vom März 2019 (EU:C:2019:238) an.
Restriktives Urteil des EuGH
Der EuGH ging in seinem Urteil Abraxis auch explizit auf die politische Dimension für Arzneimittel ein. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung der SPC Regelung nicht den Schutz jedweder pharmazeutischen Forschung begünstigen wollen, die zur Erteilung eines Patents und zum Inverkehrbringen eines neuen Arzneimittels führt, urteilte der EuGH. Geschützt werden sollen demnach lediglich derjenigen, die zum erstmaligen Inverkehrbringen eines Wirkstoffs oder einer Wirkstoffzusammensetzung als Arzneimittel einführen. Eine neue Formulierung eines alten Wirkstoffs – die aus einem bereits bekannten Wirkstoff und einem Transportstoff besteht, der keine eigene arzneiliche Wirkung hat – könne nicht als neues Erzeugnis angesehen werden. Dies gelte auch, wenn eine solche neue Formulierung die arzneiliche Wirkung mit größerer Wirksamkeit entfaltet.
Nanobeschichtung für Krebsmedikament Abraxan
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht das ergänzende Schutzzertifikat (ESZ, engl. SPC ) für das Krebsmedikament Abraxan. Die Abraxis Bioscience LLC („Abraxis“) beantragte die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats (SPC) für eine Kombination von Stoffen, die den Wirkstoff Paclitaxel in Form von an Albumin gebundenen Nanopartikeln enthalten. Das gewünschte SPC für Abraxan wurde im August 2016 jedoch mit der Begründung zurückwiesen, dass der Wirkstoff einfach „Paclitaxel“ sei, und nab-paclitaxel sei daher eine neue Formulierung von Paclitaxel. Die Bedingung des Artikels 3 Buchstabe d der Verordnung Nr. 469/2009 sei nicht erfüllt sei, da diese Genehmigung nicht die erste Zulassung für Paclitaxel sei.
Diese Entscheidung wurde durch das Urteil des EuGH bestätigt.
Nab-paclitaxel nicht als unterschiedliches Erzeugnis anzusehen
Der EuGH widmete sich insbesondere zwei Aspekten. Zum einen bestimmte das Gericht, ob eine neue Formulierung eines alten Wirkstoffs wie nab-paclitaxel als Erzeugnis anzusehen ist, das sich von dem ausschließlich aus dem betreffenden Wirkstoff bestehenden Erzeugnis unterscheidet.
Der EuGH erinnerte an das Urteil Glaxosmithkline von November 2013 (EU:C:2013:762), demnach ein Stoff, der keine eigene arzneiliche Wirkung entfaltet und dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des Arzneimittels zu erreichen, nicht als „Wirkstoff“ eine Definierung als „Erzeugnis“ ermöglicht. Diese Überlegungen gelten auch für einen Stoff, der wie vorliegend Albumin als Transportstoff für den Wirkstoff dient.
Daraus schlussfolgerte das Gericht, dass nab-paclitaxel nicht als unterschiedliches Erzeugnis anzusehen sei, auch wenn eine solche Formulierung es diesem Wirkstoff erlauben sollte, seine arzneiliche Wirkung mit größerer Wirksamkeit zu entfalten.
Keine Erste Genehmigung für das Inverkehrbringen
Als Zweites bestimmte der EuGH, ob eine für eine neue Formulierung eines alten Wirkstoffs – wie nab-paclitaxel – erteilte Verkehrsgenehmigung als erste für dieses Erzeugnis als Arzneimittel erteilte Verkehrsgenehmigung angesehen werden kann, natürlich innerhalb des Geltungsbereichs des betreffenden Grundpatents. Das Gericht verneinte dies deutlich. Denn als erste Verkehrsgenehmigung für ein Erzeugnis als Arzneimittel könne im Sinne des Art. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 469/2009 nur dasjenige Verkehrsgenehmigung angesehen werden, die für das erste Arzneimittel erteilt wurde, das auf den Markt gebracht wurde und das betreffende Erzeugnis enthält.
Der europäische Gerichtshof erkannte für Recht:
Daher kann die Genehmigung für das Inverkehrbringen, die zur Stützung einer Anmeldung eines ergänzenden Schutzzertifikats für eine neue Formulierung eines alten Wirkstoffs angeführt wird, nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen für das betreffende Erzeugnis als Arzneimittel angesehen werden gemäß Art. 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 469/2009, wenn dieser Wirkstoff bereits als solcher Gegenstand einer solchen Genehmigung war, urteilte der EuGH.
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