Eine Diensterfindung im Pharmabereich ist ein besonderes Thema in der Auslegung von Erfindungswert und üblichem Lizenzsatz der Branche. Denn es sind sowohl der Wirkstoff als auch das Herstellungsverfahren und auch die Formulierung relevant. Und: was gilt nach Ablauf der Wirkstoffrechte?
Erfindungswert und üblicher Lizenzsatz für Diensterfindung im Pharmabereich
Die Schiedsstelle hat in einem Fall einer Diensterfindung im Pharmabereich (Arb.Erf. 28/13 ) zu vielen dieser Fragen eine Entscheidung veröffentlicht. Demnach kann ein Gesamtlizenzsatz von 4 % für ein Arzneimittel aufgeteilt werden in 50 % bis 70 % für den Wirkstoff und bis zu 30 % für das Herstellungsverfahren. Ein Ansatz von rund 15 % für eine Formulierung ohne vom Regelfall abweichende therapeutische Wirkung wertete die Schiedsstelle als marktüblich und angemessen. Dies führe dann zu einem Lizenzsatz von 0,6 % für die Formulierung.
Vergleichbare Einschätzungen in der fachlichen Literatur
Dies Schiedsstelle hat bereits 2015 im Einigungsvorschlag Arb.Erf. 69/ (nicht veröffentlicht) Höchstlizenzsätze für Schutzrechtskomplexe von 4,2 % für bekannte Arzneimittel gebilligt, wobei Verfahrensschutzrechten innerhalb dieses Komplexes ein Lizenzsatz von 0,6 % zugebilligt wurden.
Auch in der fachlichen Literatur finden sich vergleichbare Einschätzungen, die Schiedsstelle verwies darauf. Für den Pharmabereich werden Einzellizenzsätze bis 3 % für den Wirkstoff allein und von bis zu 4 % für Fertigarzneimittel genannt, bei außergewöhnlichen „Blockbuster“ – Arzneien ausnahmsweise auch 5 % für den Wirkstoff bei 7 – 9 % für das Arzneimittel (Hellebrand/Himmelmann, Lizenzsätze für technische Erfindungen, 4. Auflage 2011, S.330). Nach Bartenbach/Volz gelte nach Umfrageergebnissen, dass für reine Stofferfindungen üblicherweise Lizenzsätze von 0,5 bis 2,5 % gezahlt werden. Auch nach Trimborn liegen die Lizenzsätze für fertige Arzneimittel üblicherweise bei 1 – 5 % und 0,5 – 2,5 % für reine Stofferfindungen (Trimborn, Lizenzsätze für Erfindungen in Deutschland ab 1995, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte 2009 S. 261). Und in Reimer/Schade/Schippel wird unter Verweis auf einen Einigungsvorschlag aus dem Jahr 1995 ein Lizenzsatz für ein Fertigarzneimittel in Höhe von 4 % als oberer Bereich angesehen (Reimer/Schade/Schippel, ArbEG, 8. Auflage 2007, S. 376).
Ein Arzneimittel entstehe nämlich in einer Vielzahl von Entwicklungsschritten, erläuterte die Schiedsstelle, von welchen jeder für sich dem Patentschutz zugänglich sein kann mit entsprechender Relevanz für die Monopolstellung des Unternehmens am Markt – und auch zu unterschiedlichem Zeitpunkt. Die Schiedsstelle weist darauf hin, dass ein später selektierter Wirkstoff schon als einer unter vielen beansprucht, jedoch nicht explizit offenbart wird. Erst zeitlich versetzt werden explizit die selektierten Wirkstoffe zum Patent angemeldet. Hinzu treten im weiteren Verlauf Formulierungspatente, begleitend erfolgen Patentanmeldungen für Herstellungsverfahren.
Erfindungswert nach Ablauf der Wirkstoff- und Verfahrenspatente
Auch im vorliegenden Fall ging es um ein solches Arzneimittel. Die Besonderheit war allerdings, dass die Wirkstoff-, Formulierungs- und Verfahrenspatente längst abgelaufen waren. Nach Auffassung der Schiedsstelle kann in einem solchen Fall der auf die Diensterfindung entfallende marktübliche Lizenzsatz auf zwei Wegen entwickelt werden.
Entweder man belässt es bei dem gesamten Arzneimittel als Bezugsgröße und ermittelt einen der Erfindung gerecht werdenden Anteil an einem gedachten Gesamtlizenzsatz im Rahmen der für Arzneimittel aufgezeigten Systematik.
Oder man bezieht den als marktüblich ermittelten Lizenzsatz auf eine Bezugsgröße, die von der Diensterfindung wesentlich geprägt wird. In einem solchen Fall ist zu fragen, in welchem Maße das Arzneimittel von der streitigen Diensterfindung unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten wesentlich geprägt wird.
Im vorliegenden Fall sei neue streitgegenständliche Patent ausweislich seiner Patentansprüche und des ausdrücklichen Wortlauts in der Beschreibung eine neue Formulierung. Gehe man im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Wirkstoffs für ein Arzneimittel davon aus, dass dem Wirkstoff ca. 50 % bis 70 % und dem Herstellungsverfahren bis zu 30 % zugeordnet werden können, sei ein Ansatz von rund 15 % für die Formulierung sicherlich nicht von vornherein mit Fehlern behaftet, erläuterte die Schiedsstelle. Dies führe dann zu einem Lizenzsatz von 0,6 %.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedstelle ‚Diensterfindung im Pharmabereich‘, Arb.Erf. 28/13
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