Die Vergütung einer Diensterfindung erfolgt durch den Arbeitgeber. Wenn dem Erfinder dies aber nicht als angemessen erscheint, kann möglicherweise Unbilligkeit geltend gemacht werden. Wann ist die Vergütung einer Diensterfindung unbillig?
Das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG) enthält viele Regelungen, die eine möglichst angemessene Vergütung einer Diensterfindung gewährleisten sollen. Und in vielen Fällen gelingt dies auch sehr gut.
Immer wieder kommt es jedoch vor, dass dem Erfinder es eben nicht angemessen erscheint, wie der Arbeitgeber die Vergütung der Diensterfindung festsetzt. Das fängt schon bei der Einordnung der Erfindung an: verweigert oder verschleppt der Arbeitgeber die Patentanmeldung? Oder handelt es sich gar nicht um eine patentierbare Erfindung, sondern nur um einen technischen Verbesserungsvorschlag?
Besonders häufig jedoch liegen die Vorstellungen über die Nutzung und des daraus resultierenden Gewinns durch die Erfindung weit auseinander zwischen Arbeitgeber und Diensterfinder. Gibt der Arbeitgeber überhaupt die richtige Auskunft zum wirtschaftlichen Wert der Erfindung?
Gerade wirklich wertvolle Erfindungen entwickeln sich zudem erst nach einer gewissen Anlaufphase zu einem deutlichen materiellen Gewinn für den Arbeitgeber. Da kann leicht das Gefühl aufkommen, die Festsetzung der Vergütung entspreche nicht dem tatsächlichen Erfolg der Erfindung.
Keine angemessene Vergütung = unbillig?
Tatsächlich bietet das ArbEG selbst einen passenden Paragraphen für den Fall einer ungemessenen Vereinbarung zur Diensterfindung. Gemäß § 23 ArbEG kann geltend gemacht werden, dass Vereinbarungen über Erfindungen und Festsetzungen von Vergütungen unbillig sind, also in hohem Maße nicht angemessen. Grundsätzlich kann Unbilligkeit gemäß § 23 von beiden Seiten, also vom Arbeitnehmererfinder und auch vom Arbeitgeber geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass der Vorwurf der Unbilligkeit spätestens bis zum Ablauf von 6 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben wird, und zwar schriftlich.
Doch ist dies kein Freibrief für unzufriedene Arbeitnehmer, quasi noch „ein bisschen mehr“ herauszuholen aus der Diensterfindung. Unbilligkeit im Sinn des § 23 ArbEG muss „im erheblichen Maße“ vorliegen.
Was heißt das in der Praxis?
Vereinbarungen zur Diensterfindung oder zu der Vergütung der Diensterfindung gelten nach Entscheidungspraxis der Schiedsstelle als unbillig
- wenn die Vergütungsberechnung von Anfang an unzutreffend war
- wenn die Vergütung in etwa vierfach zu hoch oder zu niedrig angesetzt ist gemessen an § 9 Abs. 1 ArbEG
- wenn der tatsächliche Nutzungsumfang etwa dreimal so hoch ist wie die prognostizierte Nutzung
- auch für eine Pauschalvergütung: wenn Nutzungsumfang etwa dreimal so hoch ist
- Verkürzung der Vergütung (z. B. durch Aufgabe oder zu verspäteter Anmeldung des Patents, Übertragung des Patents an den Diensterfinder oder die Anmeldung als Gebrauchsmuster) mit gleichzeitiger betrieblichen Weiternutzung der Erfindung gegen Prämie – wenn zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Prämie die Weiternutzung erkennbar ist
Als nicht unbillig zählt demnach:
- wenn ein vereinbarter Komplexlizenzsatz 1% beträgt, aber 1,5 % als angemessen anzusehen sind
- Abweichungen (auch erhebliche) des tatsächlichen von dem geschätzten Nutzungsumfang, wenn der geschätzte Benutzungsumfang nach den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Erkenntnissen plausibel war
- Umstellung der Produktion, so dass die Erfindung weniger zum Einsatz kommt und der Arbeitgeber daraufhin weniger Vergütung zahlt
Man sieht, entscheidend ist für die Feststellung von Unbilligkeit ein Tatbestand „von Anfang an“; selbst sehr hohe Nutzungssteigerungen, die jedoch nicht von Anfang an so zu erwarten waren, rechtfertigen nicht den Vorwurf der Unbilligkeit.
Diensterfindung oder (qualifizierter) technischer Verbesserungsvorschlag
Ein gewisser Sonderfall liegt vor, wenn der Arbeitgeber – oder der Erfinder – die Diensterfindung als technischen Verbesserungsvorschlag einordnet. Ein Arbeitgeber darf ohnehin nicht einfach eine Schutzanmeldung der Diensterfindung ablehnen; zur Einigung über die Schutzfähigkeit einer Diensterfindung ist die Schiedsstelle anzurufen gemäß § 29 ArbEG.
Ein Erfinder wiederum muss dem Arbeitgeber einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag stets gesondert mitteilen und den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass und warum er seinen Verbesserungsvorschlag für qualifiziert hält.
Wichtig ist hier, ein einfacher Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 2 ArbEG kann mit einer Prämie oder mit einer Betriebsvereinbarung abgegolten werden. Ein qualifizierter technischer Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 ArbEG muss dagegen nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz vom Arbeitgeber vergütet werden. Hier kann Unbilligkeit vorliegen, wenn ein qualifizierter technischer Verbesserungsvorschlag deutlich schlechter vergütet wird als eine vergleichbare Diensterfindung.
Festsetzung der Vergütung ist nach 2 Monaten verbindlich
Gerne erinnern wir an dieser Stelle nochmals: Widerspricht der Arbeitnehmererfinder einer Vergütungsfestsetzung durch den Arbeitgeber nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Monaten, dann wird die Festsetzung für beide Teile verbindlich. Spätere Anpassungen sind zwar grundsätzlich möglich bei gegenseitigen Einvernehmen, aber nicht verpflichtend. Als üblich gelten Anpassungen der Vergütungsvereinbarung nur bei gravierenden Änderungen wie sehr deutliche Umsatzsteigerungen, Beginn einer Serienproduktion oder die baldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Anforderungen an die Geltendmachung von Unbilligkeit
Grundsätzlich können alle Aspekte einer Erfindervergütung als unbillig geltend gemacht werden, also Höhe der Vergütung, Höhe einer Prämie, Verkaufspreis der Erfindung und ebenso die Bezugsgröße, der Lizenzsatz oder auch die Abstaffelung. Nötig ist eine schriftliche Erklärung, dass Unbilligkeit der Vergütungsvereinbarung nach § 23 Abs. 2 ArbEG geltend gemacht wird und eine bessere Gestaltung des beanstandeten Aspekts gefordert wird.
Dies kann übrigens auch innerhalb eines Verfahrens vor der Schiedsstelle geschehen, wenn die entsprechende Erklärung noch vor Fristablauf dem Arbeitgeber zugestellt wird.
Fristen und Ansprüche für Schadensersatz
Grundsätzlich verweisen wir an dieser Stelle auf die Regelungen und Fristen zum Anspruch auf Schadensersatz. Kurz und knapp: Ansprüche auf Vergütung einer Diensterfindung verjähren nach 3 Jahren (von dem Zeitpunkt an, an dem Arbeitnehmererfinder Kenntnis von allen anspruchsbegründenden Tatsachen hat), Ansprüche auf Schadensersatz nach 10 Jahren. Sprechen Sie uns bei Unklarheiten gerne an.
Gerne beraten und vertreten wir Sie im Fall einer Diensterfindung
Unsere Kanzlei für Patent- und Markenrecht verfügt über eine weitreichende Expertise im Bereich des Patentrechts und Erfinderrechts.
Gern vertreten wir Ihre Interessen sowohl vor der Schiedsstelle als auch in einem möglicherweise notwendig werdenden Gerichtsverfahren. Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt zu uns auf.
Quellen:
§ 23 ArbEG, Entscheidungspraxis der Schiedsstelle
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