Eine Wort-/Bildmarke hat im Allgemeinen einen weniger starken Schutzbereich als eine gleichlautende Wortmarke. Jetzt ging es in solch einem Fall der Verwechslungsgefahr Wort-/Bildmarke vs. Wortmarke mit Wortelement ‚Carl‘ um die Kennzeichnungskraft des Wortes ‚Carl‘ und um die Ähnlichkeit der Marken.
Im Allgemeinen gilt, dass eine Wort-/Bildmarke (wie ein klassisches Unternehmens Logo) einen weniger starken Schutzbereich hat als eine gleichlautende Wortmarke. Denn eine Bildmarke ist nur genauso geschützt, wie sie angemeldet wird, und das ist eben die Kombination aus dem Wortelement und der Bilddarstellung. Der Schutz für eine Wortmarke dagegen gilt unabhängig von ihrer Gestaltung, auch unabhängig von Groß- und Kleinschreibung. Daher empfiehlt sich immer der Schutz einer Wortmarke (auch zusätzlich zu Wort-/Bildmarke oder Bildmarke möglich), auch wenn eigentlich ein Unternehmens Logo geschützt werden soll.
Jetzt ging es in solch einem Fall vor dem Europäischen Gericht (EuG, EU:T:2020:544) um die Verwechslungsgefahr einer Wort-/Bildmarke vs. Wortmarke, beide mit dem Wortelement ‚Carl‘. Vor dem EuG wurde daher die Feststellung von Ähnlichkeit präzisiert als auch die Kennzeichnungskraft des Wortes ‚Carl‘ diskutiert – das ja gleichzeitig ein allseits bekannter Vorname ist.
Der Sachverhalt
Die Klägerin, die Topcart GmbH (Deutschland) meldete 2016 den Begriff ‚TC CARL‘ als Wortmarke an. Beansprucht wurden Waren und Dienstleistungen vor allem für den Bereich Software und Drucker.
Darauf legte die Streithelferin Carl International (Frankreich) Widerspruch ein und berief sich auf die eigene ältere Bildmarke ‚Carl Touch‘. Es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den Marken, zumal beide Marken für ähnliche und sogar identische Waren und Dienstleistungen eingetragen waren.
Dem Widerspruch wurde stattgeben, sowohl von der Widerspruchsabteilung wie auch der nachfolgend angerufenen Beschwerdekammer. Markenanmelderin Topcart wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen und brachte seine Einwände vor das Europäische Gericht (EuG).
Vor allem, weil ‚Carl‘ als Vorname nur geringe Unterscheidungskraft habe und zudem in der älteren Wort-/Bildmarke sowohl das Wortelement ‚touch‘ und vor allem dessen grafische Aufmachung deutlich auffalle, machte die Klägerin Unterschiede zwischen den Marken geltend und fochte die Entscheidung zur bestehenden Verwechslungsgefahr an.
Verwechslungsgefahr erfordert Mindestmaß an Ähnlichkeit
Das Europäische Gericht (EuG) erinnerte zunächst an die weniger bekannte Tatsache, dass eine Verwechslungsgefahr nur dann festgestellt werden kann, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen ein Mindestmaß an Ähnlichkeit aufweisen – und zwar unabhängig vom Ähnlichkeitsgrad der Waren und Dienstleistungen und vom Grad der Kennzeichnungskraft der älteren Marke.
Denn sogar wenn die Waren und Dienstleistungen identisch oder sehr ähnlich wären und die ältere Marke extrem hohe Kennzeichnungskraft besäße, könnten diese Umstände das Fehlen dieser notwendigen Voraussetzung hinsichtlich der Ähnlichkeit der Zeichen nicht ausgleichen, erläuterte der EuG. Daher sei hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, ergänzte das Gericht und führte dies in Bezug auf die Streitmarken aus.
‚Carl‘ als Vorname nur geringe Unterscheidungskraft?
Wichtiger Aspekt war dabei das Wortelement ‚Carl‘, da dieses Element in beiden Marken vorkommt. Hatte ‚Carl‘ als Vorname geringe Unterscheidungskraft oder im Gegenteil sogar Dominanz in den Streitmarken? Weder noch, entschied der EuG.
Zwar gebe die Rechtsprechung vor, dass Vornamen weniger kennzeichnungskräftig sind als Familiennamen – aber das gilt nur für Wortzeichen, die aus dem Vor- und dem Familiennamen einer Person gebildet werden, machte der EuG deutlich. Da vorliegend aber lediglich ein Vorname Teil der Marken sei, sei diese Rechtsprechung hier nicht relevant.
Auch die Tatsache, dass ‚Carl‘ in der EU ein vielfach geschütztes Wortelement darstellt (man denke schon alleine an die internationalen Unternehmen Carl Benz oder Carl Zeiss), verändere nicht seine Kennzeichnungskraft, erläuterte das Gericht. Die Klägerin – der im Übrigen die Beweislast obliegt – habe weder nachgewiesen, dass dieses Wortelement ‚Carl‘ im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren eine besondere Bedeutung oder eine Verbindung zu diesen habe, noch, dass es im betreffenden Sektor gebräuchlich verwendet werde.
Das Wortelement ‚Carl‘ besitze daher normale originäre Kennzeichnungskraft, entschied der EuG.
Wortelement grundsätzlich kennzeichnungskräftiger als das Bildelement
Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken in Bezug auf das Wortelement ‚Carl‘ werde weder durch das ‚tc‘ der Wortmarke noch durch das Element ‚touch‘ der Wort-/Bildmarke ausgeglichen, ergänzte das Gericht.
Zwar ist das Element ‚touch‘ der Wort-/Bildmarke sogar grafisch auffällig durch die hochgereckte Hand am Ende des Wortes, doch habe dies nur sehr geringe Kennzeichnungskraft, da man die Grafik assoziiere mit der Touchscreen‑Technologie. Auch werde die Stilisierung des Wortelements „carl“ und desssen Umrahmung lediglich als Verzierung wahrgenommen, urteilte das Gericht. In diesem Kontext verwies der EuG auf die ständige Rechtsprechung bei einer Marke, die aus Wort- und aus Bildbestandteilen zusammengesetzt ist, demnach das Wortelement grundsätzlich kennzeichnungskräftiger ist als das Bildelement.
In Bezug auf die Wortmarke wiederum stellte der EuG fest, dass die beiden Elemente ‘tc‘ und ‚carl‘ in dieser Marke eine je selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen, keins der Elemente sei dominanter als das andere.
Bildliche und phonetische Ähnlichkeit
Daher habe die Beschwerdekammer zurecht darauf erkannt, dass die einander gegenüberstehenden Marken zumindest normale bildliche und phonetische Ähnlichkeit aufwiesen. Auch in begrifflicher Hinsicht besteht eine durch „Carl“ geprägte Ähnlichkeit, ergänzte der EuG, diese sei jedoch begrenzt insbesondere aufgrund der Bedeutung, die dem Element „touch“ beigemessen werden könnte. Denn das Element „touch“ sei trotz seiner relativ geringen Kennzeichnungskraft im durch die ältere Marke hervorgerufenen Gesamteindruck nicht zu vernachlässigen.
Inhaber der älteren Wort-/Bildmarke gewann
Schlussendlich wies der EuG die Klage vollständig zurück und bestätigte die Verwechslungsgefahr zwischen der älteren Wort-/Bildmarke und der jüngeren Wortmarke. Der Inhaber der älteren Wort-/Bildmarke gewann.
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Quelle für Text und Bild:
Urteil des EuG: Wort-/Bildmarke ‚carl‘, EU:T:2020:544
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