Der EOS Lippenbalsam ist ein auffälliger Hingucker – dennoch wurde dessen Eintragung als 3D-Marke abgelehnt, zuletzt vor dem EuG. Nun aber hat der EuGH entschieden: Klägerin EOS (Luxemburg) scheiterte mit dem Rechtsmittel gegen das EuG Urteil – und an der Eintragung als 3D-Marke.
EOS – bekannt für farbenfrohen eiförmigen Lippenbalsam
Klägerin vor dem EuGH ist die Eos Products Sàrl (Luxemburg); besser bekannt ist Eos Products allerdings als US Unternehmen für prägnanten, sehr farbenfrohen eiförmigen Lippenbalsam. Laut Presseberichten zog sich das US Unternehmen Eos Products allerdings 2020 aus Europa zurück.
Schon Jahre zuvor, im Jahr 2016, meldete Eos Products Sàrl (Luxemburg) beim EUIPO eine Darstellung des EOS eiförmigen Lippenbalsam als 3D-Marke in Schwarz-Weiß an – für die Nizza-Klassen 3 (einschließlich Lippenpflegestifte ohne Arzneimittel), 5 (einschließlich Lippenpflegestifte mit Arzneimitteln) und 21 (einschließlich Behälter für Kosmetika).
EOS Lippenbalsam als 3D-Marke abgelehnt
Prüfer wie auch die Beschwerdekammer lehnten die Markeneintragung ab wegen fehlender Unterscheidungskraft, und auch das nachfolgend angerufene Europäische Gericht (EuG, Erstinstanzliches Europäisches Gericht) bestätigte die Ablehnung der Markeneintragung (T‑489/20). Die Beschwerdekammer habe zu Recht die Auffassung vertreten, dass die angemeldete Marke für diese Waren keine Unterscheidungskraft habe, urteilte das EuG.
Das EuG wies in seinem Urteil darauf hin, dass nach der Rechtsprechung der Durchschnittsverbraucher der Aufmachung eines Erzeugnisses, soweit sie ein zwingendes Vertriebserfordernis ist, in erster Linie bloß diese Funktion beimisst. Entsprechend habe eine dreidimensionale Marke, die aus einer solchen Aufmachung besteht, nur dann Unterscheidungskraft, wenn sie es dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Ware ermöglicht, diese von der Ware anderer Unternehmen zu unterscheiden und zwar ohne eine besondere Aufmerksamkeit an den Tag zu legen.
Die Merkmale, auf die sich die Klägerin beruft, erlaubten nach Ansicht des EuG jedoch nicht, die in der angemeldeten Marke dargestellte Form von den Normen oder den Gepflogenheiten der Branche zu unterscheiden. Unter anderem hatte Klägerin geltend gemacht, sie habe als Erste eine ungewöhnliche, kugel- oder eiförmige Verpackung auch für Waren mit medizinischen Zwecken der Nizza-Klasse 5 verwendet, die allgemein durch die „klinisch-nüchterne“ Gestaltung ihrer Aufmachung gekennzeichnet seien. Der EuG folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Neuheit oder die Originalität seien keine maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft, erinnerte der EuG, und im Übrigen hebe sich die als angemeldete Marke dargestellte Form nicht erheblich von der relevanten Branche ab.
Vor allem auf diese Begründung des EuG bezog sich Eos Products Sàrl (Luxemburg) in ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der jetzt im Februar 2022 in dieser Sache entschied (C‑672/21 P).
Sie warf dem EuG vor, das Gericht habe bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft rechtsfehlerhafte Maßstäbe angelegt vor allem in Bezug auf die ungewöhnliche visuelle Wirkung in den Augen der maßgeblichen Verkehrskreise und des Grads der Abweichung der Form von branchenüblichen Gepflogenheiten und Normen.
Vor allem verwies die Klägerin auf das EuG Urteil Guerlain (T-488/20) vom Juli 2021, in dem eine nach Ansicht des EuG „ungewöhnliche visuelle Wirkung“ den Ausschlag gab, eine Form eines Lippenstifts als 3D Marke für eintragungsfähig zu halten – u.a. auch in der Nizza-Klasse 3. Dass dagegen der EOS Lippenbalsam, bekannt für seine sehr farbenfrohe eiförmige Form des kugelförmigen Behälters, als nicht eintragungsfähig gelten soll, führe zu erheblicher Unklarheit und Rechtsunsicherheit darüber, welche Anforderungen für den Nachweis zu erfüllen sind, dass eine dreidimensionale Unionsmarke wegen ungewöhnlicher visueller Wirkungen erheblich von Normen oder Branchenüblichkeiten im relevanten Warensektor abweicht.
Daher forderte die Klägerin die Aufhebung des Urteils des EuG (T‑489/20) – allerdings vergeblich.
EuGH: Rechtsmittel nicht zulässig
Denn der EuGH entschied zunächst über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft. Das höchste Europäische Gericht verwies darauf, dass ein solches Rechtsmittel nur zugelassen würde, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird (Gemäß Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs).
Dafür aber reiche es nicht aus, entschied der EuGH, den Vorwurf zu erheben, der EuG habe für die Beurteilung der Unterscheidungskraft und die Beweisanforderungen fehlerhafte Maßstäbe angelegt habe. Denn die Klägerin beschränkte sich darauf, allgemein vorzubringen, dass das angefochtene Urteil zu einem Mangel an Rechtssicherheit führe in Bezug auf die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Unterscheidungskraft einer dreidimensionalen Marke.
Die Klägerin hätte jedoch vielmehr klar und genau erläutern müssen, erklärte der EuGH, welche Rechtsfragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts konkret bedeutsam seien und zudem sei dann auch darzulegen, weshalb die Rechtsfragen im Hinblick auf die genannten Kriterien bedeutsam sein sollen.
Außerdem habe die Klägerin nicht erläutert, worin genau der Rechtsfehler bestehe, den das Gericht (der EuG) begangen haben soll. Dazu hätten die Randnummern des angefochtenen Urteils, auf die sich das Rechtsmittel bezieht, bezeichnet und erläutert werden müssen, erläuterte der EuGH.
Nach alledem sei das Rechtsmittel nicht zuzulassen, entschied der EuGH. Letztlich scheiterte die Klägerin Eos Products Sàrl (Luxemburg) damit auch an der gewünschten Eintragung als 3D-Marke für eiförmigen Lippenbalsam.
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Quellen:
EuGH: C‑672/21 P, 4. Februar 2022
EuG: T‑489/20, 8. September 2021
Bild:
Darstellung der EOS Markenanmeldung aus den Gerichtsakten
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