Welcher Vergütungsanspruch besteht für eine gemeldete Diensterfindung, wenn der Arbeitgeber den Miterfinder Anteil verschenkt? Sperrpatent, Vorratspatent, Nicht Ausschöpfung, Nichtverwertung- die Schiedsstelle erläuterte die Voraussetzungen für diese Vergütungsansprüche.
Grundsätzlich entsteht für eine gemeldete Diensterfindung dem Grundsatz nach ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders – zunächst in der Höhe 0 Euro. Wie hoch dieser Vergütungsanspruch dann tatsächlich ausfällt, ergibt sich erst aus einer wirtschaftlichen Verwertung dieser Erfindung gemäß § 9 Abs. 2 ArbEG.
Oftmals ist das in der Realität nicht so eindeutig. Vor allem die wirtschaftliche Verwertung wird oft zum Streitpunkt im Bereich des Arbeitnehmererfinderrechts. Wie auch im vorliegenden Fall, der vor der Schiedsstelle verhandelt wurde. Hier kam es zur Schlüsselfrage, ob es um eine Verschleuderung handelt, wenn ein Arbeitgeber seinen Miterfinder Anteil unentgeltlich überträgt.
Der Sachverhalt
In diesem Fall handelte es sich um eine Diensterfindung, an der neben den beiden Antragstellern (die Arbeitnehmererfinder als „Kläger“ vor der Schiedsstelle) vier weitere Miterfinder beteiligt waren. Die Miterfinder gehörten außerdem zwei verschiedenen Unternehmen an, weshalb die Erfindung 2012 zunächst von der Antragsgegnerin (der Arbeitgeberin) und dem zweiten Unternehmen gemeinsam zur Erteilung von Patenten bei der WIPO angemeldet wurde.
Bisher hatte keines der beiden beteiligten Unternehmen von der technischen Lehre der Erfindung Gebrauch gemacht, also wurde die Erfindung noch in keiner Weise wirtschaftlich verwertet. Da aber die Patentanmeldung aufrechterhalten wurde, konnten die Erfinder annehmen, dass die Erfindung als wertvoll von der Arbeitgeberin geschätzt wurde und zukünftig vergütet würde.
Stattdessen übertrug die Arbeitgeberin ihren Miterfinder Anteil 2015 an das zweite als Miterfinder beteiligte Unternehmen – und zwar unentgeltlich. Da die Arbeitgeberin ihren Anteil quasi verschenkte, entstand auch kein Verkaufspreis, aus dem etwaige Vergütungsansprüche für die Diensterfinder hätten entstehen können.
Als Anerkennungsbetrag zahlte die Arbeitgeberin den beiden Antragstellern einen auf eine etwaige spätere Erfindervergütung anrechenbaren Anerkennungsbetrag von jeweils 250 €.
Die Antragsteller wollten das nicht akzeptieren und machten vor der Schiedsstelle weitere Vergütungsansprüche geltend. Sperrpatent, Vorratspatent, Nichtausschöpfung oder Nichtverwertung? Die Schiedsstelle erläuterte die Voraussetzungen für diese Vergütungsansprüche aus dem Arbeitnehmererfindergesetz.
Sperrpatent
Nach § 9 PatG hat nämlich jedes Patent die Wirkung, dass ausschließlich der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung zu benutzen. Dies geschieht oftmals, um ein bestimmtes technisches Gebiet insgesamt für Wettbewerber zu blockieren und ein Monopol zu schaffen. Somit wohne jedem Patent eine Sperrwirkung inne, deren Umfang gemäß § 14 PatG durch die Patentansprüche bestimmt wird, erläuterte die Schiedsstelle.
Da aber vorliegend überhaupt kein Patent auf die Erfindung erteilt worden war, fehlte es an der Sperrwirkung des § 9 PatG. Ebenso fehlte auch eine monopolartige Erzeugung durch die Erfindung und damit jeglicher Erfindungswert. Denn eine „Korrespondierende monopolartige Erzeugung“ (nach RL Nr. 18, S. 2 und 3) muss als eine auf einen gleichartigen Gegenstand gerichtete betriebliche Erzeugung vorhanden sein, die nicht allgemeiner Stand der Technik ist, führte die Schiedsstelle aus.
Weitere Voraussetzungen für ein Sperrpatent sind Vergleichbare wirtschaftliche Tragweite (RL Nr. 18 S. 4), Sperrabsicht (RL Nr. 18 S. 2) und die Objektive Eignung zur Sperrung sowie Monopolstärkung (RL Nr. 18 S. 5).
Vorratspatent
Zudem ist ein Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, eine Diensterfindung zu benutzen, sie zu lizenzieren, zu verkaufen oder als Sperrpatent zu benutzen. Er kann sie auch unbenutzt in seinem Portfolio als sogenanntes Vorratspatent belassen. Ein Vorratserfindungswert unterstellt in einem solchen Fall, dass der Arbeitgeber gleichwohl von einem irgendwie gearteten Nutzen wie z.B. einer möglichen späteren Verwertbarkeit ausgeht, wenn er das Patent trotz der Kosten aufrechterhält – wie die Antragsteller im vorliegenden Fall unterstellten.
Da aber die spätere Verwertbarkeit nur eine Hoffnung und ein Risiko ist unter Inkaufnahme von Kosten – und kein geldwerter Vorteil entsteht -, wird zwar ein Erfindungswert auf ein Vorratspatent gewährt, aber ein sehr niedriger. In ständiger Schiedsstellenpraxis wird lediglich einen Jahreserfindungswert von 640 € bzw. bei zusätzlich bestehenden nicht verwerteten Auslandsschutzrechten von 770 € zugestanden – auch dies auch erst ab dem 8. Patentjahr. Denn einem Arbeitgeber steht eine Überlegungs- und Erprobungszeit zu.
Im vorliegenden Fall kann aber schon deshalb kein Vorratserfindungswert geltend gemacht machen, weil auf die Erfindung noch kein Patent erteilt war.
Überlegungs- und Erprobungszeit
Patente und Patentanmeldungen sind ein Wirtschaftsgut, das Teil der unternehmerischen Planung ist. Das Gesetz berücksichtigt entsprechend die unternehmerische Freiheit und die Tatsache, dass Kosten durch die Aufrechterhaltung der Patentanmeldung oder des Patents verursacht werden, die gerade bei internationalen Anmeldungen und Anmeldungen in vielen Ländern schnell kostspielig werden können. Gemäß § 44 Abs. 2 PatG wird daher dem Arbeitgeber für den Prüfungsantrag seiner Patentanmeldung eine Überlegungs- und Prüfungszeit von bis zu sieben Jahren eingeräumt als Erprobungszeit und zum unternehmerischen Abwägen im Sinne von Nutzen und Kosten.
Erfindungswert aufgrund der Nichtverwertung oder Nichtausschöpfung
Auch für den Fall einer Nichtverwertung oder Nichtausschöpfung kann ein Erfindungswert geltend gemacht werden- im Ausnahmefall und mit strengen Anforderungen. Denn auch in so einem Fall gilt: Der Arbeitgeber hat keinen geldwerten Vorteil, sondern Kosten, und er trägt das unternehmerische Risiko. Ein Erfindungswert aufgrund nicht ausgeschöpfter Verwertungsmöglichkeiten komme daher nur dann in Betracht, wenn es wirtschaftlich nicht vertretbar wäre, mit der Diensterfindung verbundene Verwertungsmöglichkeiten nicht zu nutzen, erläuterte die Schiedsstelle und präzisierte, wenn dies „jeglicher wirtschaftlicher Vernunft“ widerspreche.
Dies sei aber vorliegend keineswegs der Fall, zumal es sich um eine Bruchteilsgemeinschaft handelte, stellte die Schiedsstelle klar.
Bruchteilsgemeinschaft – Verwertung der Erfindung unabhängig vom Erfindungsanteil
Denn die Arbeitgeberin und das zweite beteiligte Unternehmen waren vor der entgeltfreien Übertragung Miteigentümer der Diensterfindung und standen somit in einer Bruchteilsgemeinschaft nach den §§ 741 ff BGB, erläuterte die Schiedsstelle. Grundsätzlich könne jeder Teilhaber einer solchen Bruchteilsgemeinschaft unabhängig von seinem Erfindungsanteil nach § 743 Abs. 2 BGB die Erfindung verwerten und auch die Erfindungsanteile der anderen Teilhaber mitgebrauchen, soweit er nach § 743 Abs. 2 BGB den Gebrauch durch die übrigen Teilhaber nicht beeinträchtigt. Dies formulierte die Schiedsstelle als zwei nicht amtliche Leitsätze zu Bruchteilsgemeinschaften.
Daher hätte die Arbeitgeberin keinen Ausgleichsanspruchs gegen das zweite Unternehmen stellen können, sollte diese alleine von der technischen Lehre der Diensterfindung Gebrauch machen wollen, urteilte die Schiedsstelle. Keineswegs handelte es sich um die Verschleuderung von geldwerten Ansprüchen der Arbeitgeberin, erklärte die Schiedsstelle, wie die Antragsteller geltend machten.
Die Schiedsstelle riet daher den Antragstellern, sich mit dem gezahlten Anerkennungsbetrag von jeweils 250 € der Arbeitgeberin zufrieden zu geben. Damit habe die Arbeitgeberin eine Erfindervergütung gezahlt wie auf einen fiktiven Nettoverkaufspreis von 8.332,50 €. Dies ergebe sich aus den Miterfinderanteilen, dem Anteilsfaktor und einem üblichen Umrechnungsfaktor.
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