Die Vergütung einer Diensterfindung ist keine Vergütung nach Gewinn, sondern eine Vergütung auf das Potential der Erfindung. Denn die Vergütung spiegelt den wirtschaftlichen Wert der Dispositionsbefugnis wider, die der Erfinder an den Arbeitgeber abgeben muss.
Keine Vergütung nach Gewinn
Die Vergütung einer Diensterfindung kann deutlich von dem tatsächlichen Gewinn abweichen, den der Arbeitgeber durch Nutzung dieser Erfindung erwirtschaftet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat schon 2012 in einem Leitsatzurteil klargestellt, dass sich der Erfindungswert einer Arbeitnehmererfindung nicht etwa aus den Erträgen ergibt, den ein Arbeitgeber aus der Herstellung und des Vertriebs eines Produkts erzielt, für deren Herstellung er die Erfindung einsetzt.
Wirtschaftlicher Wert meine vielmehr im Ausgangspunkt eine objektive Bewertung des Gewinnpotentials, das der Erfindung innewohnt, urteilte der BGH (antimykotischer Nagellack, X ZR 104/09). Denn mit dem Übergang der Rechte an der Diensterfindung auf den Arbeitgeber verliere der Arbeitnehmer-Erfinder die an sich mit dem Eigentumsrecht – im verfassungsrechtlichen Sinne – verbundene Befugnis zur wirtschaftlichen Disposition über den Erfindungsgegenstand.
Amtlicher Leitsatz
Die Vergütung einer Diensterfindung ist nicht deshalb unangemessen, weil ihr nach der in der Vergütungsvereinbarung zur Bemessung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung gewählten Methode der Lizenzanalogie ein Erfindungswert zugrunde liegt, der erheblich geringer ist als der Gewinn, den der Arbeitgeber durch die Herstellung und den Vertrieb eines erfindungsgemäßen Produkts erwirtschaftet.
Der Sachverhalt
In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall ging es um die Höhe der Erfindungsvergütung einer Arbeitnehmererfindung, die im Unternehmen selbst genutzt wurde und für die darüber hinaus Lizenzen vergeben wurden. Der Arbeitnehmererfinder machte geltend, die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung sei in erheblichem Maße unbillig im Sinne des § 23 ArbEG und gemäß § 12 Abs. 6 ArbEG anzupassen. Die nach der Lizenzanalogie vorgenommene Erfindervergütung beruhe auf 44 Mio US Dollar, die tatsächlich erzielten Nettoumsätze hätten jedoch einen Cashflow von 749 Mio Dollar ergeben und dies entspreche einem sogenannten „Nettoerfindungswert“ in Höhe von 448 Mio Dollar, argumentierte der Arbeitnehmererfinder.
Der BGH wies diese Einschätzung zurück. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die nach § 9 Abs. 2 ArbEG für die Bemessung der Vergütung maßgebend ist, könne weder mit dem Vertrieb eines erfindungsgemäßen Produkts noch mit aus diesem erzielten dem Gewinn gleichgesetzt werden. Die Bewertung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Diensterfindung – der Erfindungswert – ziele vielmehr auf die Abschätzung des Vermögenswerts der den Patentschutz rechtfertigenden geistigen Leistung, die Lehre zum technischen Handeln.
Mit dem Übergang der Rechte an der Diensterfindung auf den Arbeitgeber verliert der Arbeitnehmer-Erfinder jedoch die an sich mit dem Eigentumsrecht im verfassungsrechtlichen Sinn verbundene Befugnis zur wirtschaftlichen Disposition über den Erfindungsgegenstand, führte der BGH aus. Dieser erzwungene Rechtsverlust soll angemessenen ausgeglichen werden, indem dem Arbeitnehmer eine Beteiligung am wirtschaftlichen Wert der Erfindung erhalten bleibt.
Die Dispositionsbefugnis über den Erfindungsgegenstand hat jedoch keinen von vornherein feststehenden objektiven Wert. Denn dieser Wert hängt ab von dem Markt für die Erfindung, auf dem sich durch Angebot und Nachfrage ein für Dritte transparenter Preis herausbilden könnte. Um dies widerzuspiegeln, wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Lizenzanalogie zur Ermittlung des Erfindungswerts herangezogen.
Lizenzanalogie
Grundlage für die Berechnung des Erfindungswerts ist die sogenannte Lizenzanalogie, die sich nach folgender Formel berechnet:
Erfindungwert = Bezugsgröße x Lizenzsatz in %
Ist der Erfindungswert einmal festgestellt, wird die eigentliche Erfindervergütung so berechnet, dass der Erfindungswert mit einem Anteilsfaktor multipliziert wird:
(V)ergütung = (E)rfindungswert × (A)nteilsfaktor
Der Anteilsfaktor bestimmt die Leistung und den Aufwand, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Ausbildung, seiner Erfahrung und seiner Position im Unternehmen für die Erfindung aufbringen musste. Zusammengefasst: War ein Ingenieur, der bereits 20 Jahre Berufserfahrung hat, der Erfinder oder ein einfacher Handwerker, der gerade noch in der Ausbildung ist?
Der Anteilsfaktor setzt sich aus mehreren, unterschiedlich gewichteten Wertzahlen zusammen. Häufig werden Punkte (z.B. 1-6, wobei 6 die höchste Punktwahl ergibt) oder auch Buchstaben (a – c, wobei c die höchste Punktzahl ergibt) verwendet. Die dadurch ermittelte absolute Zahl wird dann noch nach einer Richtlinie in eine Prozentzahl umgerechnet, die als Anteilsfaktor in die Gleichung zur Vergütung eingeht.
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Ein betrieblicher Nutzen einer Diensterfindung ist praktisch schwierig zu erfassen, stellte der BGH klar. Zum einen ist der betriebliche Nutzen schwer zu ermitteln, zum anderen wird eine Erfindung immer zu dem Zeitpunkt eines bestimmten Stands der Technik angemeldet, dies entspricht aber oft nicht dem betrieblichen Ist-Zustand vor der Einführung der Erfindung.
Fazit
Die Lizenzanalogie ist eine bestmöglich ausgewogene Formel, die einen fairen Ausgleich für den Dispositionsverlust des Erfinders gewährt. Kein Unternehmer würde einem freien Urheber die gesamte Bruttoersparnis, die durch den Einsatz der Erfindung oder des technischen Verbesserungsvorschlags in seinem Betrieb erzielt wird, als Entgelt überlassen, stellte auch die Schiedsstelle des deutschen Patent- und Markenamts klar. Die kalkulatorischen Kosten lassen sich meistens nicht konkret zuordnen und das unternehmerische Wagnis ist auch zu berücksichtigen. Der Wert der Erfindung oder eines qualifizierten Verbesserungsvorschlags kann daher immer nur ein Bruchteil des Gewinns sein.
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