Verkauft ein Arbeitgeber eine Diensterfindung, ergibt sich der Erfindungswert aus dem Nettoverkaufspreis mit einem hohen Abschlag. Besteht aber der Verdacht der Täuschung seitens des Arbeitgebers, kann eine solche Vergütungsvereinbarung für den Verkauf einer Diensterfindung nach § 123 BGB angefochten werden- jedoch nicht vor der Schiedsstelle.
Einmalige Vergütungsvereinbarung
Die Beteiligten in einem solchen Fall schlossen im November 2015 eine einmalige Vergütungsvereinbarung gemäß § 12 Abs. 1 ArbEG, mit der alle geldwerten Ansprüche aus der verkauften Diensterfindung abgegolten seien. Durch eine nachfolgende Überprüfung der Angaben des Arbeitgebers hielten die Erfinder jedoch den vom Arbeitgeber behauptete Aufwand für Patentierung und Vermarktung ebenso für unglaubwürdig wie den zur Erreichung der Verkaufsfähigkeit geltend gemachte Aufwand. Dies sei ihnen bei Unterzeichnung der Vereinbarung nicht bewusst gewesen, daher zogen sie ihre Unterschriften zusammen mit einer Anfechtung zurück. Sie machten eine Täuschungshandlung i.S.v. § 123 BGB geltend und riefen die Schiedsstelle des DPMA an.
Täuschung ist keine arbeitnehmererfinderrechtliche Fragestellung
Die Schiedsstelle bestätigte zwar, sollten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 123 BGB erfüllt sein, so wäre die Vergütungsvereinbarung nach § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Gleichzeitig stellte die Schiedsstelle aber auch klar, dass die Frage, ob materiellrechtlich eine Täuschungshandlung i.S.v. § 123 BGB gegeben ist, eine ausschließlich zivilrechtliche und keine arbeitnehmererfinderrechtliche Fragestellung sei. In einer Leitsatzentscheidung beschied sie, dass die Schiedsstelle sachlich unzuständig ist für eine Anfechtung von Vergütungsvereinbarungen nach § 123 BGB, sondern dafür die Patentstreitkammern der Landgerichte zuständig sind. Denn die Schiedsstelle sei sachlich nur zuständig, wenn Rechte oder Rechtsverhältnisse geltend gemacht werden, die im Arbeitnehmererfindergesetz geregelt sind (§ 28 ArbEG und § 37 Abs. 1 ArbEG).
Verkauf einer Diensterfindung: Höhe der Vergütung
Dennoch äußerte sich die Schiedsstelle auch detailliert zu der Höhe einer Vergütung beim Verkauf einer Diensterfindung. Der Marktpreis werde nicht von den Vorstellungen der Erfinder, sondern vom Markt bestimmt und sei immer der Preis, der am Markt tatsächlich erzielt wird, stellte die Schiedsstelle klar. Fiktive Überlegungen zum Marktpreis kämen nur in Betracht, wenn beispielsweise eine Diensterfindung konzernintern und ohne Gegenleistung übertragen werde. Im vorliegenden Fall jedoch wurde die Diensterfindung am freien Markt verkauft, der erzielte Preis spiegle somit die marktwirtschaftliche Realität wieder und sei deshalb nicht durch fiktive Überlegungen zu ersetzen.
Grundsätzlich ergibt sich beim Verkauf einer Diensterfindung der Erfindungswert aus dem Nettoverkaufspreis mit einem Abschlag von 60 %. Der hohe Abschlag von 60 % berücksichtigt das Unternehmerwagnis und auch Aufwendungen für Vermarktung und Vertragsgestaltung. Dahinter steht der Gedanke, dass der Arbeitnehmer nur an dem Zufluss geldwerter Vorteile partizipieren kann, welche den Arbeitgeber auch tatsächlich erreicht haben. Wenn man die vorliegend tatsächlich erzielten 60.000 € als Nettoverkaufspreis ansetzt, ergibt dies bei einem Umrechnungsfaktor von 40 % einen Erfindungswert von 24.000 €. Berechnet man dieses mit einem Anteilsfaktor an der obersten Grenze von 20% sowie dem Miterfinderanteil ergebe sich ein Vergütungsanspruch, den der Arbeitgeber sogar deutlich übertroffen hatte in der strittigen Vergütungsvereinbarung.
Die Schiedsstelle empfahl daher den Arbeitnehmererfindern, eine weitere Rechtsverfolgung nicht weiter in Betracht zu ziehen, dies sei unter keinen Umständen wirtschaftlich zielführend.
Als weitere Blog-Beitrage zum Thema Vergütung einer Diensterfindung empfehlen wir:
- Ist mit einer Abfindungszahlung die Vergütung einer Diensterfindung abgegolten?
- Innerbetrieblich genutzte Diensterfindung: wie hoch ist die Vergütung?
- Vorratspatent: Wie berechnet man die Arbeitnehmererfindung?
Haben Sie Fragen zur Rückzahlung von Vergütung oder zu Vergütungsansprüchen aus einer Diensterfindung?
Unsere Patentanwaltskanzlei verfügt über eine weitreichende Expertise im Bereich des Patentrechts und Erfinderrechts.
Gern vertreten wir Ihre Interessen sowohl vor der Schiedsstelle als auch in einem möglicherweise notwendig werdenden Gerichtsverfahren. Nutzen Sie gerne unser unverbindliches Beratungsangebot.
Quellen:
Schiedsstelle des DPMA – Arb.Erf. 37/15
Bilder:
moerschy /pixabay.com / CCO License | Pexels / pixabay.com / CCO License
Schreiben Sie einen Kommentar