Das ArbEG geht von einer ‚korrekten‘ Erfindungsmeldung aus, die einen Vergütungsanspruch begründen kann. In der Praxis wird eine Erfindungsmeldung jedoch nicht immer als Formblatt eingereicht, sondern entsteht im Projektgeschehen. Was dann? Der BGH urteilte 2019 dazu.
Das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG) geht zunächst von einer ‚korrekten‘ Erfindungsmeldung aus (§ 5 ArbEG), die vom Arbeitgeber bestätigt und in Anspruch genommen wird (§ 6 ArbEG) und damit das Monopolrecht auf die Diensterfindung auf sich überleitet (§ 7 ArbEG). Im Gegenzug dafür zahlt der Arbeitgeber an den Erfinder eine „angemessene“ Erfindervergütung (§ 9 ArbEG). So weit die Theorie, möchte man sagen. In der Praxis ist die Sachlage leider nicht immer so klar, wie das ArbEG es vorgibt.
Denn es ist gar nicht so selten, dass Erfindungen aus einer Projektplanung heraus entwickelt werden. Ein „Letter of intent“ mit dem Ziel der Entwicklung der Erfindung, eine „todo Liste“ mit der Absichtserklärung, Patent- oder Gebrauchsmusterschutz zu prüfen, eine E-Mail an den Arbeitgeber mit „patentable ideas“, eine Erfindungsbeschreibung an die Patentabteilung mit dem Passus „Patentaspekte“ – sind dies gültige Erfindungsmeldungen?
Unser Beitrag befasst sich daher einmal mehr mit der ‚korrekten‘ Erfindungsmeldung. Diese ist wirklich wichtig im Zusammenhang mit einer Diensterfindung, da von dem Zeitpunkt an, wenn die korrekte und ordnungsgemäße Erfindungsmeldung vorliegt, bereits ein Vergütungsanspruch vorliegt (BGH Az.: X ZR 186/01 – Abwasserbehandlung). Denn wenn ein Arbeitnehmer pflichtgemäß eine Erfindung unverzüglich meldet, sobald er diese gemacht hat, kann der Arbeitgeber das daraus resultierende Monopolrecht zu seinem Vorteil nutzen.
Formale Klarheit: BGH zur ‚korrekten‘ Erfindungsmeldung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der Frage nach einer ‚korrekten‘ Erfindungsmeldung für formale Klarheit gesorgt. Als Leitsatzentscheidung im Fall „Fesoterodinhydrogenfumarat/ Retardtablette“ (X ZR 148/17) bestimmte der BGH für eine korrekte Erfindungsmeldung:
- eine Erfindungsmeldung muss schriftlich gemacht werden, in einer gesonderten Meldung
- es muss kenntlich gemacht sein, dass es sich um die Meldung einer Erfindung handelt
- sind Miterfinder beteiligt, muss ein Hinweis an den Arbeitgeber gegeben werden, dass Miterfinder beteiligt waren (wenn möglich, mit Benennung der Erfinder bzw. der Organisationseinheit)
- die Übermittlung ist nicht entscheidend (also auch z. B. per E-Mail möglich) und ist auch nicht an Formblätter des Unternehmens gebunden
- Eine gesonderte Meldung der Erfindung liegt auch dann vor, wenn z. B. verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen in einem Schreiben zusammenfasst werden – solange diese dasselbe technische Problem betreffen mit einem gemeinsamen Lösungsansatz
Zur ‚korrekten‘ Erfindungsmeldung in der Praxis
Anhand dessen wird klarer, wie in Bezug die oben genannten Erfindungsmeldungen aus einer Projektplanung zu bewerten sind. Der „Letter of intent“ und die „todo Liste, um Patent- oder Gebrauchsmusterschutz zu prüfen“ reichen nicht aus als gültige und korrekte Erfindungsmeldung, entschied die Schiedsstelle (Arb.Erf. 10/18). Dem Arbeitgeber muss möglich sein, sowohl den Erfindungscharakter als auch die an der Erfindung beteiligten Personen zu kennen.
Die E-Mail an den Arbeitgeber mit „patentable ideas“ wurde jedoch als korrekte Erfindungsmeldung anerkannt, da in dieser Mail auch darauf hingewiesen wurde vom Diensterfinder, dass er die „patentable ideas“ gemäß dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen melde. Auch die Erfindungsbeschreibung an die Patentabteilung mit dem Passus „Patentaspekte“ kann als korrekte Erfindungsmeldung angesehen werden, denn es wurden darin auch die Miterfinder genannt; dieser Fall liegt allerdings noch beim Berufungsgericht.
Erfindungsmeldung erst gültig mit Formblatt des Unternehmens?
Was aber gilt als verbindlicher Startpunkt für einen Vergütungsanspruch, wenn es ein Formblatt für Erfindungsmeldungen im Unternehmen gibt? Gilt eine zwar korrekte, aber nicht mit dem Formblatt des Unternehmens eingereichte Erfindungsmeldung als der Startpunkt für einen Vergütungsanspruch oder erst das später ausgefüllte Formblatt des Unternehmens?
Relevant ist die eindeutige und korrekte Erfindungsmeldung, die den Arbeitgeber in die Lage versetzt, eine Entscheidung über eine Inanspruchnahme und eine Patentanmeldung der Erfindung zu treffen, urteilte der BGH. Anders gesagt: ist eine Erfindungsmeldung ohne Formblatt korrekt, gilt dies als Startzeitpunkt für einen Vergütungsanspruch. Eine Erfindungsmeldung ist gültig unabhängig vom Formblatt des Unternehmens.
Arbeitgeber muss auf Erfindungsmeldung reagieren
Auf eine gültige Erfindungsmeldung muss der Arbeitgeber übrigens reagieren. Das ArbEG sieht vor, dass er die Erfindungsmeldung unverzüglich und schriftlich bestätigt. Zudem ist er dazu angehalten, möglichst zeitnah die Erfindung als Patent anzumelden. Dass in der Praxis dies nicht immer so glatt verläuft, hat zu klaren weiteren Regeln geführt:
- ist der Arbeitgeber nicht einverstanden mit der Erfindungsmeldung, kann – und muss – er dies mit Begründung bemängeln innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Erfindungsmeldung (§ 5 Abs. 3 ArbEG). Übrigens besteht im Fall einer Beanstandung der Erfindungsmeldung noch kein Vergütungsanspruch durch diese Erfindungsmeldung.
- hält der Arbeitgeber die Erfindung nicht für patentfähig, ist er gemäß § 17.2 ArbEG verpflichtet, die Schiedsstelle (§ 29) zu einer Einigung über die Schutzfähigkeit der Diensterfindung anzurufen. Alternativ kann er die Erfindung freigeben. Beides muss innerhalb einer Frist von vier Monaten nach Erfindungsmeldung erfolgen
- antwortet ein Arbeitgeber gar nicht, gilt die Fiktion der Inanspruchnahme nach einer Frist von 4 Monaten nach der Erfindungsmeldung; die Erfindung gilt dann als stillschweigend vom Arbeitgeber in Anspruch genommen
- antwortet ein Arbeitgeber verspätet (sogar erst nach Ablauf der 4-Monate-Frist), kann er die Inanspruchnahme ablehnen und die Erfindung freigeben, ohne dass es dazu der Einwilligung des Diensterfinders bedarf. Voraussetzung dafür ist, dass die Erfindung noch nicht zum Patent angemeldet wurde. In einem solchen Fall wäre jedoch zu überprüfen, ob ein Anspruch auf Schadensersatz besteht.
Auch eine letzte Möglichkeit sei noch genannt: der Arbeitgeber erklärt die Erfindung zum Betriebsgeheimnis. Wenn Sie dazu mehr Informationen wünschen, lesen Sie bitte HIER weiter.
Erfindungsmeldung nicht korrekt – was dann?
Bleibt noch der andere Aspekt: wenn die Erfindungsmeldung nicht korrekt gemacht wurde, ist dann ein Vergütungsanspruch verloren? Das kommt darauf an, denn es sind mehrere Fälle denkbar.
Ist eine Erfindungsmeldung zwar nicht korrekt formuliert, führt aber dennoch zur Patentanmeldung der Erfindung, gilt dies als gleichbedeutend mit einer formell und inhaltlich ordnungsgemäße Erfindungsmeldung, urteilte der BGH in 2018 (BGH AZ. X ZR 6415 – „Lichtschutzfolie“). Die Patentanmeldung einer Diensterfindung führt also zu einem Vergütungsanspruch.
Wird aber die nicht korrekte Erfindungsmeldung so formuliert, dass lediglich ein „Verbesserungsvorschlag“ oder ein „Arbeitsergebnis“ gemeldet wird (ohne den wichtigen Hinweis, dass hier eine Diensterfindung nach ArbEG vorliegt), dann wird diese Erfindung nach § 611 BGB Eigentum des Arbeitgebers – ohne einen Vergütungsanspruch für die Erfinder.
Zu beachten ist hier allerdings die Sonderstellung eines – qualifizierten – technischen Verbesserungsvorschlags. Und auch Erfindungen an den Hochschulen und Universitäten unterliegen besonderen Regelungen des ArbEG.
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