Die Frist der Verjährung des Vergütungsanspruchs für eine Diensterfindung beträgt 3 Jahre und sie beginnt, wenn der Arbeitnehmererfinder Kenntnis von den „anspruchsbegründenden Umständen“ hat. Was bedeutet das in der Praxis?
Die Fristen für die Verjährung des Vergütungsanspruchs für eine Diensterfindung scheinen klar definiert zu sein: der Vergütungsanspruch verjährt nach 3 Jahren und der Anspruch auf Schadensersatz nach 10 Jahren.
Interessant wird diese Regelung im Detail. Denn die Voraussetzung für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist des Vergütungsanspruchs ist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB, dass der Arbeitnehmererfinder Kenntnis von den sogenannten „anspruchsbegründenden Umständen“ hat. Was bedeutet das in der Praxis für die Verjährung des Vergütungsanspruchs?
Auf die Praxis bezogen gilt als Kenntnis der „anspruchsbegründenden Umständen“, wenn der Arbeitnehmererfinder seinem Arbeitgeber gegenüber vertritt, dass die erfindungsgemäße Lösung verwirklicht worden und / oder im Unternehmen Inanspruchgenommen wurde. Auch wenn der Arbeitgeber anderer Ansicht zu dieser Frage ist, löst dies die dreijährige Frist für die Verjährung des Vergütungsanspruchs der Diensterfindung aus.
Ein Blick in die Rechtsprechung bestätigt dies: der BGH urteilte in seiner Entscheidung Sektionaltor II (X ZR 85/14), dass der Verjährung beginnt, wenn der Arbeitnehmererfinder aussichtsreich eine Klage zur Durchsetzung seiner Vergütungsansprüche erheben kann. Dafür muss er ausdrücklich keine Detailkenntnisse zu der Diensterfindung haben, es reiche schon aus, wenn eine Feststellungsklage oder eine Stufenklage erhoben werden könne, entschied der BGH.
Kleiner Exkurs: Stufenklage erheben
In einem kleinen Exkurs weisen wir gerne hin auf das Thema ‚Stufenklage erheben‘. Grundsätzlich erfordert eine Klageerhebung, dass ein bestimmter und konkreter Antrag mit der Klage gestellt wird (gemäß § 253 II Nr. 2 ZPO). Gerade im Bereich Arbeitnehmererfindungen ist es aber oftmals dem Kläger nicht möglich, eine Klage zu beziffern oder in notwendiger Klarheit konkret zu formulieren, da ihm schlicht die Informationen dazu nicht vorliegen.
Für solche Fälle sieht die Prozessordnung vor, eine Stufenklage erheben zu können. Die erste Stufe ist eine Auskunftsklage, erst in einer zeitlich späteren zweiten Stufe der Stufenklage ist ein Leistungsanspruch zu stellen. Eine Stufenklage besteht aus mindestens zwei Stufen, auch drei Stufen sind möglich.
Das ‚Stufenklage erheben‘ hat Vorteile für den Kläger, denn auch der Anspruch der Leistungsstufe ist schon rechtshängig – obwohl dieser Anspruch noch nicht beziffert und auch insgesamt unbestimmt ist. Das hat Konsequenzen für die Hemmung der Verjährung.
Denn ist eine Stufenklage erhoben, wird die Verjährung gehemmt und ausgesetzt gemäß § 204 I Nr. 1 BGB.
Ähnlich äußerte sich auch das Landgericht Düsseldorf. Als Kenntnis des Arbeitnehmererfinders reiche es aus, dass der Arbeitnehmer die anspruchsbegründenden Tatsachen in den wesentlichen Grundzügen kenne, entschied das LG Düsseldorf bereits 2013 (4a O 13/12). Grundsätzlich sind darunter zu verstehen die Erfinder-/Miterfindereigenschaft des Anspruchsberechtigten, der Charakter als Dienst- oder freie Erfindung, die erfolgte Inanspruchnahme sowie die bloße Tatsache der Verwertung der Erfindung durch den Arbeitgeber. Bezifferung von Vergütungsanspruch, Erfinderanteilen, Wertzahlen oder gar der Bezugsgröße (z. B. gemäß Umsatz) – eine solche Bezifferung ist nicht erforderlich.
Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres
Anknüpfungspunkt für die Verjährungsfrist ist im Übrigen jeweils das Fälligwerden des Vergütungsanspruchs im auf die Nutzung folgenden Geschäftsjahr. Denn die Verjährung beginnt nach § 199 I BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Zudem entsteht ein Anspruch auf Vergütung erst für Umsätze aus dem letzten Jahr. Für mehr Klarheit hier ein Rechenbeispiel:
Wurde in 2012 eine Diensterfindung beansprucht, also z. B. innerbetrieblich eingesetzt, entstehen Ansprüche basierend auf den Umsätzen des Jahres 2012 im Jahr 2013. Die dreijährige Verjährungsfrist würde in diesem Beispiel am 31.12.2016 enden.
Beginnen Verhandlungen über die Vergütung im Jahr 2017 (oder wird die Schiedsstelle in 2017 angerufen), sind Ansprüche aus Umsätzen der Jahre 2010 bis 2012 sind formal verjährt und können nicht mehr geltend gemacht werden.
Verjährung für Schadensersatz nach 10 Jahren
Der Vollständigkeit halber weisen wir an dieser Stelle auch auf die Verjährung für Schadensersatz hin. Die Verjährungsfrist für Schadensersatz beträgt 10 Jahre, und diese Verjährungsfrist ist unabhängig von Kenntnis oder Unkenntnis des Anspruchs. Zu beachten ist auch, dass ein Anspruch auf Schadensersatz für eine nicht gezahlte Vergütung nur geltend gemacht werden kann, wenn auch ein Vergütungsanspruch gestellt wurde – und zwar spätestens innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist für Vergütungen einer Diensterfindung. Auch die Verjährung für Schadensersatz beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Ansprüche aus ArbEG enden mit Übertragung des Schutzrechts
Schlussendlich möchten wir noch darauf hinweisen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG) enden, wenn der Arbeitgeber das Schutzrecht (also die Patentanmeldung oder das Patent bzw. das Gebrauchsmuster) an den Arbeitnehmererfinder überträgt. So eine Übertragung des Schutzrechts ist grundsätzlich möglich gemäß § 16 Abs. 1 ArbEG. Mit dieser Übertragung enden dann alle Ansprüche auf Vergütung gemäß des ArbEG. Anteile von etwaigen Miterfindern bleiben allerdings im Eigentum des Arbeitgebers.
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