Kommt es zu dem Verkauf eines Patentportfolios, kann sich aus dem Kaufvertrag ein Kaufpreisanteil auf einzelne Patente ergeben. Wurde das Patentportfolio jedoch für einen Gesamtpreis verkauft, wird der Ertrag der zugehörigen Diensterfindungen auf Grundlage der Wertvorstellungen der Kaufvertragsparteien ermittelt –nicht jedoch über eine theoretische Wertanalyse.
Im Mittelpunkt dieses spannenden Falls vor der Schiedsstelle des DPMA stand der Verkauf eines Patentportfolios, bei dem 177 Patentfamilien als Gesamtverkauf gehandelt wurden. Die Schiedsstelle hatte daher in der Frage zu schlichten, wie die zugehörige Diensterfindung zu vergüten war, insbesondere der aus dem Verkauf des Patentportfolios resultierende Erfindungswert. Der Diensterfinder und Antragsteller war Miterfinder zu 1/3 der von diesem Verkauf betroffenen Patentfamilien.
Die Arbeitgeberin hatte standard-essentielle Patentfamilien als sogenannte „value driver“ geltend gemacht, weshalb auf diese Patentfamilien 90 % des Kaufpreises entfalle. Möglicherweise standard-essentiell seien 25 Patentfamilien, standard-essentiell 19 Patentfamilien gewesen, weshalb die Arbeitgeberin für diese von einem Kaufpreisanteil von 20 % für die möglicherweise standard-essentiellen Patentfamilien und von 70 % für die standard-essentiellen Patentfamilien ausging. Diese Darstellung von standard-essentiellen Patentfamilien war unstrittig zwischen den Parteien.
Auf den so für die Diensterfindung des Antragstellers ermittelten Kaufpreisanteil hatte die Arbeitgeberin zur Ermittlung des vergütungspflichtigen Erfindungswerts einen Umrechnungsfaktor von 25 % angewandt. Der Antragsteller forderte dagegen eine Wertanalyse der betroffenen Patentfamilien. Der vergütungspflichtige Erfindungswert sei durch einen Umrechnungsfaktor von 40 % zu ermitteln.
Bruttoverkaufspreis ist nicht gleich Erfindungswert
Im vorliegenden Fall hatte die Antragsgegnerin die Diensterfindung als Teil eines Schutzrechtspaktes verkauft. Zur Ermittlung des Erfindungswerts ist daher zunächst zu ermitteln, welcher Anteil an dem der Antragsgegnerin zugeflossenen Kaufpreis von 40.000.000 € auf die Diensterfindung des Antragstellers entfällt (Bruttoertrag).
Ausgangspunkt für die Ermittlung des Erfindungswerts ist jedoch nicht dieser Bruttoverkaufspreis, machte die Schiedsstelle in einem nicht amtlichen Leitsatz deutlich. Von diesem seien zunächst erfindungsneutrale Positionen abzuziehen, um zum Nettoertrag zu gelangen. Darunter fallen Kosten und Aufwendungen des Arbeitgebers und auch das Unternehmerrisiko. Daher stellen in der Regel nur 20 % bis 50 %, in der Regel 40 % des Nettoertrags – hier also der Kaufpreis beim Verkauf des Patentportfolios – den Erfindungswert dar.
Abzug von Know-How
Ist die Ermittlung des Nettoertrags aus dem Bruttoertrag nicht möglich (im vorliegenden Fall hatte die Arbeitgeberin keine Angaben dazu gemacht), bleibe nur die Möglichkeit, die Bereinigung des Bruttoertrags auf den Nettoertrag und den Abzug des Unternehmensgewinns pauschal in einem Schritt vorzunehmen, indem 16 % bis 40 %, im Regelfall 25 % des Bruttoertrags als Erfindungswert angesehen werden, erläuterte die Schiedsstelle.
Damit ist dann auch ein möglicher Abzug von Know-how abgegolten, der oftmals ebenfalls Gegenstand von Lizenzverträgen und Schutzrechtsverkäufen ist, wie die Schiedsstelle erklärte. Know-How spielt allerdings bei standard-essentiellen Patenten nur eine untergeordnete Rolle. In Fall von standard-essentiellen Patenten wie im vorliegen Fall erscheine ein deutlich über dem Regelwert liegende pauschaler Umrechnungsfaktor von 35 % auf den Bruttoverkaufspreis angemessen, um zum Erfindungswert zu gelangen, legte die Schiedsstelle fest.
Erfindungswert bei Verkauf des Patentportfolios in konkreten Zahlen
Die Schiedsstelle hielt die Ausführungen der Arbeitgeberin bezüglich der standardessentiellen Patentfamilien als „value driver“ für glaubwürdig und auch schlüssig. Deshalb sei es auch sachgerecht, wenn die Antragsgegnerin diesen Patentfamilien 90 % des Kaufpreises zuweise, urteilte die Schiedsstelle.
Ausgehend von den Wertvorstellungen der Kaufvertragsparteien entfiel auf die Diensterfindung des Antragstellers deshalb ein Bruttoertrag von: 40.000.000 € x 0,7 / 19 = 1.473.684 €.
Es sei typisch für eine Diensterfindung, dass der Arbeitnehmererfinder zum Zustandekommen der Diensterfindung im Wesentlichen nicht mehr als seine schöpferische technische Leistung beiträgt, führte die Schiedsstelle aus. Aus diesem Grund liegt der jeweils angemessene Anteilsfaktor nach der langjährigen Erfahrung der Schiedsstelle allgemein in einer Bandbreite von 10 – 25 % und bei Entwicklungsingenieuren ohne Führungsfunktion regelmäßig in einer Bandbreite von 13 % – 16,5 %.
Zudem hatte sich die Arbeitgeberin trotz mehrfacher Anfrage des Diensterfinders nicht zur Frage der Rücklizenzierung erklärt. Daher empfahl die Schiedsstelle einen deutlich über dem Regelwert liegenden pauschalen Umrechnungsfaktor von 35 % auf den Bruttoertrag, um zum Erfindungswert zu gelangen.
Konkret ergibt sich daraus für diesen Fall also ein Erfindungswert von
1.473.684 € (Bruttoertrag) x 0,35 (pauschaler Umrechnungsfaktor) = 515.789 €.
Dieser wird gemäß der Lizenzanalogie noch mit dem Miterfinderanteil und dem Anteilsfaktor verrechnet.
Typischerweise liegen die Vorstellungen zum Anteilsfaktor weit auseinander
Typischerweise liegen die Vorstellung zum Anteilsfaktor sehr weit auseinander zwischen Diensterfinder und Arbeitgeberin, so auch in diesem Fall. Die Antragsgegnerin ging von einem Anteilsfaktor von 11,5 % (a=2+b=2,5+c=2) aus. Der Antragsteller, der promovierter Diplomingenieur war und als Leiter einer an die Forschung angegliederten Standardisierungsdienststelle eingesetzt war, beanspruchte einen Anteilsfaktor von 51 % (a=5+b=4,5+c=5).
Die Schiedsstelle wiederum entschied einen Anteilsfaktor von 14 % mit den Wertzahlen a = 2 + b = 2,5 + c = 3. Man sieht an diesem Fall deutlich, dass Schiedsstelle und Arbeitgeberin in den Wertzahlen a und b gleicher Ansicht waren, die Arbeitgeberin aber die Wertzahl c zu gering bewertet hatte. Die Wertzahl „c“ ergibt sich aus den Aufgaben und der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, dabei gilt die Faustformel: ein erfahrener Mitarbeiter mit Leitungsfunktion erhält weniger als ein jüngerer oder nicht so hochrangiger Mitarbeiter.
Im vorliegenden Fall ergab sich also eine Vergütung der Diensterfindung von:
515.789 € (Erfindungswert) / 3 (Miterfinderanteil) x 0,14 (14 % Anteilsfaktor) = 24.070 €
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Quellen:
Entscheidung des Schiedsstelle Arb.Erf. 30/17
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