Der EuG hat in einem interessanten Markenstreit um Begriffe aus dem Cloud Computing entschieden. Die Unionsmarke KAAS KEYS AS A SERVICE sei nicht beschreibend für elektronische Öffnungs- und Schließsysteme. Dabei ging es auch um die Prüfung des beschreibenden Charakters einer zusammengesetzten Marke.
In der angefochtenen Entscheidung hatte die Beschwerdekammer im Februar 2020 die Nichtigkeitsklage gegen Unionswortmarke KAAS KEYS AS A SERVICE zurückgewiesen. Ihrer Ansicht nach waren weder der Ausdruck „keys as a service“ noch der Bestandteil „kaas“ in Bezug auf die beanspruchten Waren als beschreibend anzusehen; das aber hatte die Klägerin geltend gemacht.
Die Klägerin, die Talleres de Escoriaza, SA (Spanien) argumentierte, die Beschwerdekammer hätte ihre Entscheidung gerade in Bezug auf den ihrer Meinung nicht unmittelbaren Zusammenhang zwischen den beanspruchten Waren und digitalen Schlüsseln für elektronische Schließsysteme genauer begründen müssen – und sie sei nicht ihrer Begründungspflicht nachgekommen.
Tatsache ist, bei den von der Streitmarke beanspruchten Waren handelte es sich im Wesentlichen um elektronische Öffnungs- und Schließsysteme, Computeranwendungen und Software in der Nizza Klasse 9.
Und „Knowledge as a Service“ oder „KaaS“ (auf dt.: „Wissen als Dienstleistung“) sind Begriffe aus dem Cloud Computing, in diesem Kontext auch allgemein bekannt. In mehreren Entscheidungen des EUIPO wurde bereits festgestellt, dass der Ausdruck „as a service“ insbesondere Dienstleistungen beschreibe, die über das Internet statt vor Ort erbracht würden.
Dieser interessanter Markenstreit hat aber auch eine weitere Facette: denn es handelt sich bei der Streitmarke ja auch um eine aus Wörtern zusammengesetzte Marke. In der Klage über die Entscheidung der Beschwerdekammer, die Klägerin Talleres vor dem Europäischen Gericht geltend machte, wurden daher mehrere Klagegründe vorgetragen, die sich unter verschiedenen Aspekten auf die Begründung der Beschwerdekammer bezogen.
„Keys as a service“ und „kaas“: Zusammenhang mit digitalem Schließsystem?
Die Beschwerdekammer hatte entschieden, der Zusammenhang mit den fraglichen Waren sei nicht so unmittelbar, dass die maßgeblichen Verkehrskreise den Ausdruck „keys as a service“ als eine zutreffende Beschreibung ihrer Merkmale wahrnähmen. Nach Ansicht der Beschwerdekammer war zudem die Möglichkeit, dass eine Dienstleistung für Waren beschreibend sein könnte, wenig plausibel. Daher hatte sie auch verneint, dass ein beschreibender Charakter vorliegen könne.
Das EuG bestätigte diese Feststellungen. Die maßgeblichen Verkehrskreise würden keine direkte und unmittelbare Verbindung zwischen dem Wort „Schlüssel“ und Waren wie „elektronische Vorhängeschlösser“ und „elektronische Schließsysteme herstellen. Selbst wenn diese Produkte mit elektronischen „Schlüsseln“ aktiviert oder bedient werden, beschreibe der Ausdruck „keys as a service“ nicht mit ausreichender Genauigkeit ein relevantes Merkmal dieser Produkte, entschied das EuG. Denn keine dieser Waren ist ein Schlüssel als solcher.
Die Beschwerdekammer habe im Übrigen zurecht festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise ein Fachpublikum wie etwa Fachleute aus dem Bereich der Schlosserei oder der elektronischen Programmierung seien und auch die Öffentlichkeit, dass aber in jedem Fall eine hohe Aufmerksamkeit anzunehmen ist.
Der Ausdruck „as a service“ weise für solche Verkehrskreise zwar einen Zusammenhang mit dem Konzept des Cloud Computing auf, da er in diesem Zusammenhang verwendet wird, räumte das EuG ein. Aber der Ausdruck „keys as a service“ beschreibe dennoch nicht „elektronisch herunterladbare Computeranwendungen“ und „Software“. Diese Waren seien nämlich keine Schlüssel, auch wenn der Ausdruck „as a service“ an sich auf das Konzept des Cloud Computing verweist.
Der Begriff „Keys“ sei ohnehin ein zu vager und allgemeiner Begriff, der keine klare und relevante Information über die fraglichen Waren liefere, ergänzte das Gericht. Die meisten Anwendungen erfordern einen Benutzeridentifizierungscode, um genutzt oder heruntergeladen werden zu können. Daher könne die Tatsache, dass dieser Zugangs- oder Nutzungscode [oder „key“ (Schlüssel)] über ein globales Computernetzwerk bezogen werden könne oder müsse, die fraglichen Waren nicht hinreichend genau beschreiben.
Auch werde der Bestandteil „kaas“ nicht als Akronym mit einer bestimmten Bedeutung wahrgenommen, stellte das EuG fest, allenfalls in den Niederlanden, wo es das Wort für Käse ist (lesen Sie dazu auch gerne unseren Beitrag: EuGH zum Geschmack von Heksenkaas).
Aber selbst KaaS mit einer Bedeutung wahrgenommen würde, stünde das Akronym „KaaS“ im Zusammenhang mit Cloud Computing für „Knowledge as a Service“. Und auch ein solches Akronym weise keinen Bezug zu den fraglichen Waren auf, stellte das EuG fest.
Beschreibender Charakter in aus Wörtern zusammengesetzter Marke
Im Übrigen muss ein beschreibender Charakter einer zusammengesetzten Marke grundsätzlich für jeden Begriff, auf jeden Fall aber auch für das durch die Bestandteile gebildete Ganze geprüft werden, erklärte das EuG. Sogar wenn die einzelnen Wörter, aus denen die eine Marke zusammengesetzt ist, im Hinblick auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend sind, kann es sein, dass die Kombination aus allen Bestandteilen nicht beschreibend ist, gibt die bisherige Rechtsprechung vor.
Dass die Beschwerdekammer daraus gemacht hatte, einen Teil des fraglichen Zeichens zu prüfen und in ihrer Begründung auszuführen („Keys as a service“ und „kaas“), sei aber kein Widerspruch oder fehlerhaftes Handeln, wie die Klägerin geltend machte. Das EUIPO habe zwar eine Begründungspflicht gemäß Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001, die sich auch aus Art. 296 AEUV ergibt, erläuterte das EuG, wonach die Begründung klar und unmissverständlich die Überlegungen zu einer Entscheidung erkennen lassen muss.
Dies bedeute aber nicht, entschied das Gericht, dass immer eine ausdrückliche Stellungnahme zu allen von den Betroffenen vorgebrachten oder beantragten Gesichtspunkten erfordert ist. Vielmehr sei eine Entscheidung immer zusammen mit den vorstehenden Randnummern dieser Entscheidung zu lesen. Und wie sich aus den Randnrn. 10 bis 13 ergebe, habe die Beschwerdekammer dort eine detaillierte Analyse des Zusammenhangs zwischen der Bedeutung des genannten Ausdrucks und den fraglichen Waren vorgenommen.
KaaS oder „Keys as a Service“ – allgemeiner Sprachgebrauch?
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zudem nachzuweisen, dass das Zeichen KaaS Keys as a Service zum maßgeblichen Zeitpunkt im allgemeinen Sprachgebrauch üblich geworden war zur Bezeichnung der Waren, die von der beanstandeten Marke beansprucht wurden. Ein solcher Nachweis aber sei nicht erbracht worden, stellte das EuG fest. Das Gericht betonte, dass sowohl die Entscheidungen des EUIPO zum Ausdruck „as a service“, die Klägerin Talleres als Nachweise vorgelegt hatte, erst nach der Anmeldung der Streitmarke KAAS KEYS AS A Service erfolgten. Relevant ist aber lediglich ein Nachweis für den Zeitpunkt der Anmeldung der Streitmarke.
Daher wurde auch eine Umfrage nicht anerkannt, demnach 38 % der Befragten geantwortet hätten, dass der Ausdruck „kaas keys as a service“ mit elektronischen Schlüsseln in Verbindung gebracht werden könne. Diese Umfrage wurde aber erst nach dem maßgeblichen Datum durchgeführt (erst im Juni 2019, die Streitmarke war aber 2015 angemeldet worden).
Schlussendlich wies das EuG die Klage gegen die angefochtene Entscheidung vollständig zurück (T‑294/20). „KaaS Keys as a Service“ ist also weiterhin ein geschützter Markenname für elektronische Öffnungs- und Schließsysteme, Computeranwendungen und Software.
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