Eine IR Marke kann als relatives Schutzhindernis im Widerspruchsverfahren eingewandt werden in Deutschland. Es macht allerdings einen Unterschied, ob sich die IR Marke auf Deutschland erstreckt oder auf die EU.
Bereits 1989 wurden im sogenannten Madrider Abkommen wesentliche Vorschriften und Gesetze beschlossen zu internationalen Registrierungen von Marken (Kurzform: „IR Marken“). Vor allem ein einheitliches Prozedere ermöglicht eine relativ unkomplizierte Anmeldung und Registrierung einer IR Marke; so ist z. B. nur ein Antrag nötig bei nur einem Markenamt, nämlich bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO). Das Eintragungsverfahren gilt für eine Vielzahl von Ländern.
Zwar ist eine IR Marke keine „Weltmarke“, sondern genau genommen ein Schutzrecht im Verbund. De facto aber hat mein nach erfolgreicher Anmeldung einer IR Marke dieselben Schutzrechte wie die nationale Marke in den Ländern, auf die sich die IR Marke erstreckt.
Unterschied: IR Marke auf Deutschland oder die EU
Entsprechend kann eine IR Marke auch im Widerspruchsverfahren gegen eine nationale Marke geltend gemacht werden. Ebenso kann eine IR Marke auch gegen eine Unionsmarke im Widerspruchsverfahren eingebracht werden. Es macht im deutschen Markenrecht allerdings einen Unterschied, ob sich die IR Marke auf Deutschland erstreckt oder auf die EU.
Auf diesen Unterschied für eine IR Marke im Widerspruchsverfahren machte der BGH erst kürzlich in seiner Entscheidung „Olympia (‚Retroolympics‘)“ aufmerksam. Denn nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Protokolls zum Madrider Markenabkommen und Art. 189 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke (UMV; früher Art. 151 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke – GMV) hat eine internationale Registrierung als IR Marke, in der die Europäische Union benannt ist, dieselbe Wirkung wie die Eintragung einer Marke als Unionsmarke.
Daher, so erläuterte der BGH, folgt die Anwendung des deutschen Markengesetz (MarkenG) nicht aus § 119 Abs. 1 MarkenG. Das ist ein Paragraph, der sich auf internationale Registrierungen von Marken nach dem Protokoll zum Madrider Markenabkommen bezieht, deren Schutz sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt.
Wenn die IR Marke sich aber auf die EU erstreckt, entspricht sie eben einer Unionsmarke. Daher ergibt sich die Anwendung des Markengesetzes vielmehr aus § 125b Nr. 1 MarkenG, stellte der BGH klar. Nach diesem § 125b MarkenG werden angemeldete oder eingetragene Unionsmarken mit älterem Zeitrang für die Anwendung des § 9 MarkenG den nach dem Markengesetz angemeldeten oder eingetragenen Marken mit älterem Zeitrang gleichstellt. Es gibt jedoch einen Unterschied: an die Stelle der Bekanntheit im Inland gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG tritt die Bekanntheit in der Union gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. c Unionsmarkenverordnung (UMV).
Unionsmarken können im Übrigen als relative Schutzhindernisse im Widerspruchsverfahren nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingewandt werden.
In der Praxis
Vor allem in Bezug auf den Nachweis zur Bekanntheit einer älteren Marke ist diese Klarstellung des BGH von Bedeutung, ebenso auch zum Nachweis der ernsthaften Benutzung einer Marke. Denn dieser Nachweis stellt auch bekannte Markenhersteller immer wieder vor Herausforderungen, schon alleine, weil sich Marken im Zeitgeist auch ein wenig wandeln. Lesen Sie dazu gerne folgenden unserer Blog Beiträge:
- Adidas verliert Markenschutz für 3-Streifen-Marke vor dem EuG
- Widerspruch des Inhabers einer älteren eingetragenen Marke
- Ernsthafte Benutzung der Marke- mit geringfügig abweichender Markendarstellung
Daher ist Klarheit wichtig: Gegen eine IR Marke, die sich über die EU erstreckt, muss die Bekanntheit in der Union nachgewiesen werden. Und die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist – ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Wichtig ist in der Verwechslungsgefahr auch die Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung, die sich natürlich auch auf die EU oder nur Deutschland bezieht, je nachdem, welchen Schutzumfang die IR Marke hat.
Denn im Widerspruchsverfahren gegen eine IR Marke, die sich auf Deutschland erstreckt, ist nur die nationale Bekanntheit relevant.
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