Der Sonderschutz für Olympia steht Markenschutz nicht entgegen, urteilte der BGH im Streit um Verwechslungsgefahr der Markeneintragung ‚Retroolympics‘ mit der IOC Marke ‚Olympic‘. Das Olympia Schutzgesetz steht demnach mit dem Markengesetz in echter Anspruchskonkurrenz.

Eigentlich stehen Zeichen und Begriffe, die mit Olympia zusammenhängen, durch ein deutsches Gesetz unter besonderem Schutz: das Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (OlympSchG) bietet einen Sonderschutz für Olympia. Dessen Ziel ist es, die olympischen Bezeichnungen „Olympiade“, „Olympia“, „olympisch“ sowie das olympische Emblem gegen freie – und oftmals kommerzielle – Verwendungen durch Dritte zu schützen. Letztlich soll mit dem Olympia Schutzgesetz ein den Zielen der Olympischen Bewegung zuwiderlaufender Imagetransfer verhindert werden.
Doch der Handel ist erfinderisch (wir erinnern an die Grillpatties „Olympia anfeuern“ von Lidl von 2016), und auch Sport Verbände haben es nicht immer leicht, Olympia Begriffe unter Schutz zu stellen. Das musste auch der Verein zur Förderung ehemaliger olympischer Sportarten – Retrolympics e. V. erkennen, dessen Rechtsvorgänger 2012 die Wort- und Bildmarke ‚Retroolympics‘ beim deutschen Patent- und Markenamt anmeldete (für die Nizza-Klassen 28 (Spiele und Sportartikel); 35 (Werbung) und 41 (sportliche und kulturelle Aktivitäten)).
Der Sachverhalt
Das DPMA wies diese Markeneintragung ‚Retroolympics‘ zunächst zurück mit Verweis auf das Olympia Schutzgesetz, doch vor dem Bundespatentgericht wurde diese Entscheidung aufgehoben (BPatG, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 27 W [pat] 547/13) und die Marke ‚Retroolympics‘ veröffentlicht.
Daraufhin wurde ein Widerspruch gegen die Marke geltend gemacht vom Comité International Olympique (CIO, Schweiz), besser bekannt als IOC, Markeninhaber der älteren IR Marke „Olympic“ (IR 1128501) und vieler weiterer mit Olympia zusammenhängender Marken. Es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den Marken ‚ Olympic ‘ und ‚ Retroolympics ‘, die für nahezu gleiche Waren und Dienstleistungen Schutz beanspruchten. Doch der Widerspruch des IOC blieb vergeblich: das Bundespatengericht entschied, es liege keine Verwechslungsgefahr vor, u. a. schon deshalb, weil das Präfix „RETR(O)-“ einen Unterschied mache im Gesamteindruck (BPatG Beschluss 27 W (pat) 115/16).
So kam es zum vorliegenden Urteil ‚Retroolympics‘ des BGH (I ZB 6/20), der über die Revision des IOC gegen diesen BPatG Beschluss entschied.
Marke Retroolympics: Urteil des BGH
Der BGH urteilte in dieser Sache mit einem Leitsatzurteil: das Olympia Schutzgesetz schließt Markenschutz nicht aus. Ebensowenig schließt das Olympia Schutzgesetz einen daneben stehenden und über dieses besondere Sonderrecht hinausgehenden Schutz für olympische Bezeichnungen aus, die Markenschutz genießen, entschied der BGH und verwies auf seine Entscheidung „Olympiareif“ von 2019.
Zwar bleibe der der Schutz der olympischen Bezeichnungen nach dem Olympia-Schutzgesetz hinter einem markenrechtlichen Schutz zurück, erläuterte das höchste deutsche Gericht, daraus folge aber nicht, dass der Gesetzgeber den Schutz der olympischen Bezeichnungen und Embleme auch insoweit beschränken wollte, als diese Markenschutz genießen. Entsprechend kann für die Frage der unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG auch auf die Rechtsprechung zum Olympia-Schutzgesetz zurückgegriffen werden, entschied der BGH – allerdings muss dabei muss der einen weitergehenden Schutz vermittelnde § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG selbständig geprüft werden.
In der Revision selbst gab der BGH dem IOC Recht und hob die Entscheidung des BPatG auf. Das BPatG habe zu Unrecht entschieden, dass keine Verwechslungsgefahr vorliege.
Insbesondere wendete sich Klägerin IOC mit Erfolg gegen die BPatG Beurteilung des grafischen Elements der angegriffenen Marke (gleicht das Feuer der Marke ‚Retroolympics ‘ dem Olympischen Feuer, und selbst wenn, denken Verbraucher dabei an den IOC, obwohl die bekannten Olympischen Ringe fehlen?). Der BGH erklärte, vor allem aber sei die Beurteilung des Bundespatentgerichts rechtsfehlerhaft, das angegriffene Zeichen werde nicht durch den Wortbestandteil „-OLYMPICS“ geprägt.
Zwar habe das Bundespatentgericht eine Verwechslungsgefahr der gegenüberstehenden Zeichen unter dem Aspekt des Serienzeichens (gedankliches Inverbindungbringen) mit Recht abgelehnt, erläuterte der BGH. Eine solche Verwechslungsgefahr des Serienzeichens liegt vor allem dann vor, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht.
Die Frage der unmittelbaren Verwechslungsgefahr aber, so entschied der BGH, müsse vom BPatG im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren erneut geprüft werden. Insbesondere sei die Kennzeichnungskraft und Bekanntheit der Widerspruchsmarke neu bzw. überhaupt zu bewerten, und auch der beschreibende Gehalt der Vorsilbe „RETR(O)-“ werde in die Würdigung einzubeziehen sein, präzisierte das Gericht die Aufgaben für das BPatG.
Olympia Schutzgesetz und Markenrecht
Auf jeden Fall könne dem Widersprechenden IOC ein Rechtsschutzbedürfnis insbesondere nicht mit der Begründung abgesprochen werden, fügte der BGH in seiner Urteilsbegründung hinzu, dass seine Rechtsposition ausreichend durch das Olympia-Schutzgesetz berücksichtigt wird, so dass er sich daneben nicht auf einen Schutz nach dem Markenrecht berufen könne. Das gilt auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall im Eintragungsverfahren zunächst das mögliche Eintragungshindernis mit Blick auf das Olympia Schutzgesetz verhandelt wurde, im Widerspruchsverfahren aber markenrechtliche Ansprüche gestellt werden, die wiederum auf eine unter das Olympia-Schutzgesetz fallende Bezeichnung gestützt sind, nämlich ‚Olympic‘ (vgl. § 3 Abs. 3 OlympSchG).
Zwar ist das Widerspruchsverfahren Teil des Eintragungsverfahrens, erläuterte der BGH, aber die Rechtskraft einer im – anfänglich einseitigen – Eintragungsverfahren ergangenen Entscheidung könne aber schon mangels Parteiidentität einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren nicht entgegenstehen. Im vorliegenden Fall betreffen das Eintragungsverfahren gemäß §§ 36, 37 MarkenG und das Widerspruchsverfahren gemäß § 42 MarkenG zudem ohnehin unterschiedliche Streitgegenstände.
Der Fall wurde zur vollständigen Überprüfung zurückverwiesen an das BPatG. Kommt das Bundespatentgericht jedoch erneut zu dem Ergebnis, eine Verwechslungsgefahr liege nicht vor, erklärte der BGH, dann wird es auch einen Löschungsanspruch aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG abermals prüfen müssen.
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Quellen:
BGH ‚Retroolympics‘, I ZB 6/20
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