Die moderne Arbeitswelt läuft vielfach in Teamarbeit ab – und mit externen Dienstleistern, gerade für technische Ausarbeitungen. Oft wird ein Lastenheft erstellt für einen technischen Dienstleister. Doch wer ist der Erfinder? Oder sind es beide, der Lastenheftersteller und der Dienstleister?
Grundsätzlich steht das Recht auf das Patent gemäß § 6 S. 2 PatG denjenigen zu, die eine Erfindung gemacht haben. Sie kann von einer Einzelperson (die Betonung liegt auf natürliche Person, nicht etwa eine Künstliche Intelligenz (KI)) oder von mehreren gemeinschaftlich gemacht worden sein. Laut Rechtsprechung gehören in den Kreis der Erfinder alle Personen, die einen eigenen bestimmbaren schöpferischen Beitrag zur technischen Lehre der Erfindung geleistet haben, also zur technischen Lösung des technischen Problems.
Dies aber wirft in der Praxis oftmals mehr Fragen auf als dass Antworten gegeben werden. Denn die moderne Arbeitswelt läuft vielfach in Teamarbeit ab – und mit externen Dienstleistern, gerade für technische Ausarbeitungen. Hier aber wird die Frage der Erfinderschaft besonders spannend: ist der Entwerfer des Lastenhefts der Erfinder oder ist es der technische Dienstleister? Oder sind beide die gemeinschaftlichen Erfinder?
Vor der Schiedsstelle wurde ein solcher Fall 2020 verhandelt. Ein Angestellter hatte seinem Arbeitgeber eine Erfindung gemeldet in Bezug auf ein Gerät, das von einem Lieferanten entwickelt worden war. Das Lastenheft (an dessen Erstellung er beteiligt war) habe von ihm gestammt, das Know-how und die technischen Lösungen vom Lieferanten. Durch das Lastenheft war definiert worden, welche Anforderungen Gerät erfüllen muss, während der Lieferant die technischen Lösungen entwickelt und bereitgestellt hatte.
Wer also war der Erfinder?
Diese Frage wurde zwar an die Schiedsstelle gestellt, tatsächlich aber kann die Schiedsstelle über die Erfinderschaft nicht entscheiden. Das hat den einfachen Grund, dass Fragen der Erfinderschaft und der Miterfinderschaft nicht im Gesetz über Arbeitnehmererfindungen geregelt sind, sondern in § 6 PatG (Patentgesetz). Wenn Sie dazu mehr erfahren möchten, lesen Sie bitte HIER weiter.
Dennoch machte die Schiedsstelle einen Vorschlag, demnach sich der Angestellte mit einer einmaligen Zahlung von 600 Euro zufriedengeben sollte. Denn die Schiedsstelle war nicht der Ansicht, dass der Angestellte als Erfinder anzusehen wäre und erläuterte dies auch.
Durch das Erstellen eines Lastenhefts für einen Auftrag an einen Lieferanten, der eine technische Lösung erst entwickeln muss, wird noch keine Erfinderschaft begründet, stellte die Schiedsstelle grundsätzlich fest. Es sei vielmehr zu klären, ob und mit welcher eigenen schöpferischen Leistung ein Ersteller eines Lastenhefts zur der Gesamtheit der Erfindung beigetragen hat. Entsprechend müsse erklärt werden, welcher Teil der in einer Patentanmeldung dargestellten Erfindung durch so einen schöpferischen Beitrag die Monopolsituation mitbegründet.
Dazu aber hatte der Ersteller des Lastenhefts keine Stellung genommen.
Eine Prüfung der Erfindungsmeldung habe ergeben, dass sie keine Angaben enthalte, die als dem Antragsteller zuordenbare Erfindung angesehen werden könne, stellte die Schiedsstelle fest.
Das Recht auf das Patent nach § 6 PatG bleibt demnach auf den technischen Dienstleister angemeldet, den Lieferanten der technischen Lösung. Würde sie selbst anmelden, argumentierte die Arbeitgeberin, sähe sie sich einer Vindikationslage nach § 8 S.1, 2 PatG ausgesetzt und würde die Geschäftsbeziehungen zum Lieferanten beschädigen.
Schöpferischer Beitrag: das sagt der BGH dazu
Über den Schöpferischen Beitrag zu der Erstellung in einem Lastenheft lässt sich oftmals sicherlich trefflich streiten. Hilfreich ist dabei auch ein Blick in die Rechtsprechung des BGH zum Thema „Schöpferischer Beitrag“.
Miterfinder kann nach BGH Rechtsprechung sein, wer einen schöpferischen Beitrag zu der (gemeinschaftlichen) Erfindung geleistet hat (BGH GRUR 2001, 226, 227- Rollenantriebseinheit). Dies deckt sich mit der Entscheidung der Schiedsstelle.
Ob ein schöpferischer Beitrag vorliegt, muss im Einzelfall entschieden werden – allerdings soll dabei kein zu strenger Maßstab angelegt werden (BGH GRUR 1978, 583 – Motorkettensäge). Es genügt, so hat der BGH 2013 entschieden, dass der Miterfinder zur beanspruchten Lösung beigetragen hat, sein Beitrag muss für sich genommen gar nicht unbedingt erfinderisch oder patentfähig sein (BGH Mitt. 2013, 551 Rn 9 – Flexibles Verpackungsverhältnis). Es genügten nur solche Beiträge nicht, hatte der BGH ebenfalls 2013 geurteilt (BGH 2013, X ZR 103/11), die den Gesamterfolg (gar) nicht beeinflusst haben und deshalb für die Lösung unwesentlich sind oder die nach den Weisungen eines Erfinders oder eines Dritten geschaffen wurden.
Fazit
Gerade für den Nachweis, einen „Schöpferischen Beitrag“ geleistet zu haben, gibt es noch eine gewisse Rechtsunsicherheit. Denn wenn ein solcher Beitrag für sich genommen gar nicht erfinderisch oder patentfähig sein muss, kann man dann verlangen, dass dieser Beitrag in einer Erfindermeldung oder Patentanmeldung explizit benannt werden kann? Und kann die technische Lösung des externen Dienstleisters überhaupt eine Erfinderschaft begründen, wenn sie doch nur „durch genaue Weisung“ gemäß Lastenheft entwickelt wurde?
Das OLG Frankfurt übrigens entschied erst kürzlich, dass eine angebliche Miterfinderin Kenntnisse über die Erfindung nachzuweisen habe, die über dem Durchschnittskönnen eines Fachmanns liegen sollten. Auch dies ist ein interessantes Urteil in diesem Kontext.
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