Aus der Erfinderschaft oder Miterfinderschaft können sich in Streitfällen besondere Ansprüche ergeben: Ansprüche auf Ausgleichszahlung oder Schadensersatz. Und die Erfinderschaft hat zudem auch Wirkung auf Prioritätsrechte nach dem Artikel 87 EPÜ:
Erfinderschaft kann nur durch Klage geltend gemacht werden
Immer wieder kommt es zum Streit um die Erfinderschaft – auch mit dem Arbeitgeber. Und eigentlich sind in Deutschland alle Streitpunkte im ArbEG (Arbeitnehmererfindergesetz) stets zuerst vor der Schiedsstelle vorzubringen. Denn eine Vorklärung einer Streitfrage in einem Schiedsstellenverfahren ist Sachurteilsvoraussetzung für ein Klageverfahren vor den Zivilgerichten. Doch das gilt nicht für die (Mit-) Erfinderschaft.
Direkte Klage ohne Schiedsstellenverfahren?
Gemäß § 37 ArbEG können Rechte aus dem ArbEG erst dann durch eine Klage geltend gemacht werden, nachdem ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist. Doch der § 37 ArbEG nennt gleichzeitig Ausnahmen von dieser Regelung:
eine direkte Klage ist in allen Fragen des ArbEG möglich,
- wenn seit der Anrufung der Schiedsstelle sechs Monate verstrichen sind,
- wenn beide Parteien nicht die Schiedsstelle anrufen wollen
- und wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb des Arbeitgebers ausgeschieden ist.
Die Erfinderschaft und Streit um die Erfinderschaft ist zudem ein Sonderfall. Denn die Erfinderschaft und Miterfinderschaft wird grundsätzlich nie vor der Schiedsstelle verhandelt. Das hat den einfachen Grund, dass Fragen der Erfinderschaft und der Miterfinderschaft nicht im Gesetz über Arbeitnehmererfindungen geregelt sind, sondern in § 6 PatG (Patentgesetz). Nach § 28 ArbEG kann die Schiedsstelle aber nur in Streitfällen auf Grund des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen angerufen werden, nicht in Bezug auf das Patentgesetz.
Im Übrigen unterscheidet der§ 6 PatG nicht zwischen freien Erfindern und Arbeitnehmererfindern; es gibt entsprechend weder in § 6 PatG noch im ArbEG hinsichtlich der Erfinderschaft irgendwelche Sonderregelungen für Arbeitnehmererfinder.
Erfinderschaft und Miterfinderschaft
Grundsätzlich gilt für die Erfinderschaft, dass gemäß § 6 (2) PatG dem oder denjenigen das Recht auf das Patent zusteht, der die Erfindung gemacht hat oder die die Erfindung gemeinschaftlich gemacht haben.
Zu der Erfinderschaft gehören all diejenigen, die einen eigenen und bestimmbaren schöpferischen Beitrag zur technischen Lehre der Erfindung geleistet haben. Anders ausgedrückt, gilt jeder als Miterfinder, der zur technischen Lösung des technischen Problems beigetragen hat.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass es durchaus zum Streit um Erfinderschaft kommt. Zwar soll ein Erfinder eine Diensterfindung schnellstmöglich und schriftlich dem Arbeitgeber melden und dabei auch bereits die Mitarbeiter oder Abteilungen nennen, die an der Erfindung beteiligt sind.
Doch nicht jeder Erfinder wird dabei immer berücksichtigt und mitunter kommt es auch vor, dass ein Unternehmen die Erfinderschaft (nachträglich) anzweifelt, um der Vergütungspflicht zu entgehen.
Streit um die Erfinderschaft
Kommt es also zum Streit um die Erfinderschaft, muss Klage erhoben werden, um sein Recht geltend zu machen. In einem solchen Verfahren wird die gesamte von einer möglichen Patentanmeldung beanspruchte Erfindung und deren Zustandekommen vor Gericht geprüft. Es gilt zu klären, mit welcher konkreten eigenen schöpferischen Leistung ein Kläger auf Erfinderschaft zu der in der Gesamtheit zu betrachtenden Erfindung beigetragen haben könnte. Dabei werden auch die Patentansprüche und die Beschreibung der Patentanmeldung herangezogen – und ebenso auch die Meldung der Erfindung.
Miterfinderschaft – Ausgleichsanspruch oder Schadenersatzanspruch
Die häufigste Fallkonstellation in der Praxis ist die Miterfinderschaft; ein Team oder verschiedene Abteilungen arbeiten an der technischen Lösung. Oder auch der Arbeitgeber selbst hat einen Miterfinder Anteil. Entsprechend sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) einen finanziellen Ausgleichsanspruch zwischen zwei oder mehr Mitberechtigen an einem Patent oder einer Patentanmeldung vor gemäß § 745 BGB. Der BGH hat zudem in der Entscheidung ‚Sektionaltor II‘ von 2017 geurteilt, dass auch dann ein Ausgleichsanspruch auf die gemeinsame Erfindung besteht, wenn dieser Ausgleichsanspruch im Verlauf eines Rechtsverfahrens auch nicht sofort gefordert wird. Denn grundsätzlich muss ein Ausgleichsanspruch durch Miterfinderschaft „deutlich“ eingefordert werden.
Stehen Miterfindern die Rechte an der Erfindung in einer Bruchteilsgemeinschaft zu, doch wird die Anmeldung zum Patent durch einen Miterfinder nur im eigenen Namen vorgenommen, dann steht dem übergangenen Miterfinder zudem ein Schadensersatzanspruch zu – unter Umständen ein sehr umfangreicher Schadensersatzanspruch.
Priorität -„jede Person“ nach Artikel 87 EPÜ
In einem letzten Aspekt weisen wir auch auf die Auswirkung der Nennung der Erfinderschaft in Bezug auf die Priorität für ein Europäisches Patent hin. Denn ein gültiger Prioritätsanspruch setzt voraus, dass alle Personen, die als Anmelder der Prioritätsanmeldung aufgeführt sind, auch als Anmelder der Nachanmeldung aufgeführt sein müssen. Denn nach Artikel 87(1) EPÜ genießt jede Person, die eine Patentanmeldung ordnungsgemäß eingereicht hat (oder ihr Rechtsnachfolger) während einer Frist von zwölf Monaten nach dem Anmeldetag der ersten Anmeldung ein Prioritätsrecht. Prioritätsrecht kann nicht zerstückelt werden, entschied die Beschwerdekammer in dem großen Streitverfahren um die CRISPR Gen-Schere.
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Quellen:
im Text zitierte Gesetze und Rechtssprechung
Bild:
alan9187 | pixabay | CCO License
Christopher Seidel meint
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen