Es besteht grundsätzlich eine Auskunftspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Diensterfinder. Doch hat man auch Anspruch auf Rechnungslegung und auf Belege zu diesen Auskünften, vor allem über den erzielten Gewinn? Und was ist, wenn als Bezugsgröße nicht der Umsatz, sondern die Einkaufskosten berücksichtigt werden?
Die Vergütung einer Diensterfindung entsteht der Höhe nach nur durch eine wirtschaftliche Nutzung der Erfindung. Die wesentlichen Parameter dafür liegen aber in der Hand des Arbeitgebers.
Ein Diensterfinder kann aber im Grunde nur abschätzen, welche Vergütung für seine Erfindung angemessen ist, wenn er Informationen zur wirtschaftlichen Nutzung vom Arbeitgeber erhält. Auch eine Geltendmachung und Durchsetzung seiner Ansprüche ist dem Diensterfinder nur möglich, wenn er einen Anspruch auf eine Auskunftserteilung erhält. Daher besteht grundsätzlich eine Auskunftspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Diensterfinder.
In welchem Umfang dies gilt, ist gesetzlich jedoch nicht konkret geregelt. Nach Arbeitnehmererfindergesetz gilt für eine „angemessene“ Vergütung gemäß § 9 (1) ArbEG lediglich, dass der Arbeitnehmer betriebsbezogen an allen wirtschaftlichen, geldwerten Vorteilen zu beteiligen ist, die dem Arbeitgeber aufgrund der Erfindung zufließen. Das ist geradezu blumig ausgedrückt, tatsächlich aber nicht unmittelbar zu berechnen. Darum wird in der Regel die Lizenzanalogie als Hilfsmethode angewandt.
Ist der Begriff Lizenzanalogie noch etwas unklar? Dann verweisen wir gerne auf unseren „Kalkulator zur Berechnung der Erfindervergütung„, in dem wir auf Grundlage der Lizenzanalogie unverbindlich eine erste Berechnung zur Erfindervergütung zur Verfügung stellen.
Keine Auskunftspflicht über den Gewinn
Doch zurück zur Auskunftspflicht. Wer in Bezug auf die Auskunftspflicht annimmt, ein Arbeitgeber sei verpflichtet, über den erzielten Gewinn zu informieren, der irrt. Es gibt keine Auskunftspflicht über den Gewinn.
Denn zum einen hat der BGH schon vor Jahren und mehrfach grundsätzlich geurteilt, dass die Vergütung einer Diensterfindung keine Vergütung nach Gewinn ist, sondern eine Vergütung auf das Potential einer Erfindung. Zum anderen hält der BGH es für den Arbeitgeber häufig für unzumutbar, neben der Information über Stückzahl und Umsätze Zahlenmaterial zum Gewinn und den Gestehungskosten vorzulegen (BGH, X ZR 60/07- Türinnen und BGH, X ZR 137/07-Türinnenverstärkung).
Ebenso wenig können grundsätzlich Belege verlangt werden für die gemachten Auskünfte. Denn Auskunftspflicht beruht grundsätzlich auf dem Grundsatz von „Treu und Glauben“.
Worauf hat denn dann ein Diensterfinder konkret Anspruch?
Der BGH hat festgelegt, dass die Auskunftspflicht im ArbEG eine geordnete Zusammenstellung umfasst. Darin muss der Arbeitgeber über die Stückzahl der erfindungsgemäßen Produkte und den mit ihnen erzielten Umsatz informieren – nach Treu und Glauben.
Konkrete Belege für diese Auskünfte oder Rechnungslegung sollen erst dann vom Erfinder gefordert werden dürfen,
- wenn dies üblich ist in vergleichbaren vertraglichen Beziehungen (gemäß BGH Urteil „Sektionaltor II“)
- oder wenn nachweislich ein Misstrauen gegen den Arbeitgeber und gegen die Plausibilität seiner Auskünfte vorliegt.
Aktueller Fall: Nicht der Umsatz, sondern die Einkaufskosten als Bezugsgröße
Umso interessanter ist ein Fall, den ein Diensterfinder in diesem Jahr vor das LG Hamburg brachte. Er machte geltend, dass in seinem Fall als Bezugsgröße nicht der Umsatz, sondern stattdessen die Einkaufskosten der erfindungsgemäßen Komponenten zu Grunde gelegt wurden – einvernehmlich zwischen den Parteien.
Der Kläger war von 1988 bis 2015 bei der Beklagten als Ingenieur im Bereich Cockpit- und Displaysysteme angestellt. Er war unter anderem Leiter der Arbeitsgruppe Aircraft Data Networks (ADN) und war eine der zentralen Anlaufstellen für die AFDX-Technologie und die dahinter stehenden Patente, sowohl nationale als auch internationale Patente.
Für die Berechnung des Vergütungsanspruchs wurde die Lizenzanalogie zugrunde gelegt. Als Bemessungsgrundlage wurden die Einkaufskosten für die erfindungsgemäßen Komponenten, also Doubleboards und Switches, je Flugzeug zu verwendet. Damit war der Diensterfinder auch einverstanden, da es unpraktikabel ist, den prozentualen Anteil der Erfindung am Verkaufspreis (= Gesamtumsatz) der einzelnen, erfindungsgemäß ausgestatteten Flugzeuge zu ermitteln.
Die Einkaufskosten wurden mit einem Hochrechnungsfaktor multipliziert, der einen fiktiven Gewinnzuschlag nachbilden soll. Dieser Berechnung stimmte der Kläger dem Grunde nach zu, doch die Höhe dieses Hochrechnungsfaktors war zwischen den Parteien streitig. Im Rahmen seiner Auskunftspflicht berief sich der Arbeitgeber darauf, dass der Einkaufspreis von USD 6.000,- pro Switch (der als Basis für die Preisberechnung genommen wurde) vom Kläger selbst im November 2007 als Untergrenze für die Vergütungsbemessung vorgeschlagen worden sei.
Der Kläger forderte daraufhin umfangreiche Auskünfte und Belege. Damit hatte er Teilerfolg vor dem LG Hamburg. Der Arbeitgeber wurde so weit zur Auskunft verurteilt, dass ein chronologisch – nach Kalenderjahren – geordnetes Verzeichnis über Form und Umfang der Benutzung der Erfindung erstellt werden kann: anhand von Rechnungslegung zu der einzelnen Verkäufen und Lieferungen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge, aufgeschlüsselt nach Flugzeugtypen, Mengen und Zeiten für Verkauf und Lieferung.
Zudem machte der Kläger geltend, dass sowohl Gemeinkosten als auch der Gewinnaufschlag als Preisbestandteile berücksichtigt werden müssen, wenn die Bezugsgröße an die Einkaufskosten anknüpft. Sie seien daher Gegenstand der zu erteilenden Auskunft.
Das LG Hamburg lehnte dies jedoch ab. In seinem Urteil Sektionaltor II habe der BGH einen Anspruch auf Vorlage von Belegen als Vorinstanz für Lizenzverträge klar verneint. Es besteht daher nach Ansicht des LG Hamburg kein Anspruch auf Auskünfte über Gewinn und Gestehungskosten, unabhängig davon, ob als die Vergütung durch die Umsätze oder die Einkaufskosten ermittelt wird.
LG Hamburg: Belege nicht geeignet zur Überprüfung
Belege seien im Übrigen auch gar nicht geeignet, Angaben über die Anzahl ausgelieferter oder verkaufter Produkte, welche von der Erfindung Gebrauch machen, zum Zwecke der Überprüfung nachweisbar oder auch nur nachvollziehbarer zu machen, ergänzte das LG Hamburg. Rechnungen oder Lieferscheine würden lediglich die Preise der erfindungsmäßigen Produkte belegen, könnten aber keine Angabe zum tatsächlichen Verkauf machen.
Allenfalls könnten Belege über die Gestehungs- und Vertriebskosten dazu dienen, vom Arbeitgeber gemachte Gewinnangaben auf ihre Richtigkeit hin überprüfen zu können (Sen.Urt. v. 13.11.1997). Aber Gewinnangaben wurden in diesem Fall ja nicht gemacht und der Erfinder hatte auch keinen Anspruch auf Auskunft zum Gewinn.
Um die Richtigkeit der Angaben zu den Liefer- und Verkaufsmengen wiederum sicherzustellen bzw. zu überprüfen, hätte der Erfinder die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Arbeitgebers einfordern können gemäß § 259 Abs. 2 BGB. Die Klage auf Auskünfte über Gewinn und Gestehungskosten wurde vom LH Hamburg jedoch abgewiesen.
Haben Sie Fragen zu Regelungen einer Arbeitnehmererfindung?
Die Patentanwaltskanzlei Meyer-Dulheuer verfügt über eine weitreichende Expertise im Bereich des Patentrechts und Erfinderrechts.
Selbstverständlich unterstützen wir Sie auch bei der Ermittlung einer angemessenen Erfindervergütung. Gern vertreten wir Ihre Interessen sowohl vor der Schiedsstelle als auch in einem möglicherweise notwendig werdenden Gerichtsverfahren.
Quellen:
LG Hamburg, Teilurteil vom 07.05.2020 – 327 O 146/18
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Porkert meint
Hall
der Erfindungswert kann nach drei versch, Methoden ermittelt werden
1 Lizenzanalogie
2 nach dem erfaßbaren Betrieblichen Nutzen
3 Schätzung
wenn der Wert/ die Ersparnis ganz genau errechnet werden kannn, warum wir dann
nach Nr 1 und nicht nach Nr 2 der Erfinderwert ermittelt, Kann ich meinen Einspruch
erheben ?
Katja Wulff meint
Guten Tag,
wir freuen uns über Ihr Interesse an unserem Artikel. Und mit Ihre Frage nach dem Erfindungswert (das meinen Sie vermutlich mit dem Begriff „Erfinderwert“) ist eine komplexe im Arbeitnehmererfinderrecht.
Tatsächlich wird die „wirtschaftliche Verwertbarkeit einer Diensterfindung“ als Erfindungswert bezeichnet, in der Regel sind dies Verkauf, Lizenzierung und / oder Eigennutzung durch den Arbeitgeber. Das bedeutet aber nicht, dass ein konkreter Wert oder die Ersparnis aus dieser Verwertbarkeit der Diensterfindung 1:1 den Erfindungswert darstellt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat vielmehr schon 2012 in einem Leitsatzurteil klargestellt, dass sich der Erfindungswert einer Arbeitnehmererfindung nicht etwa aus den Erträgen ergibt, den ein Arbeitgeber aus der Herstellung und des Vertriebs eines Produkts erzielt, für deren Herstellung er die Erfindung einsetzt. Wirtschaftlicher Wert meint vielmehr im Ausgangspunkt eine objektive Bewertung des Gewinnpotentials, das der Erfindung innewohnt, so der BGH.
Ob also eine Vergütung angemessen ist, kann am ehesten über die sogenannte Lizenzanalogie abgeschätzt werden; nutzen Sie dazu gerne unseren Kalkulator, den finden Sie HIER
Und ob Sie Einspruch erheben können, können wir so pauschal nicht beantworten. Gerne können Sie uns aber genauere Einzelheiten zu Ihrem Fall zukommen lassen, dann geben wir Ihnen auch gerne eine erste und realistische Einschätzung.
Mit freundlichem Gruß
das Team der Meyer-Dulheuer MD Legal Patentanwälte