Die Bezugsgröße für die Vergütung einer Diensterfindung ist nicht immer leicht zu bestimmen, insbesondere bei Nutzung der Erfindung in einer bereits vorhandenen betriebsinternen Maschine. Zur Festlegung des marktüblichen Lizenzsatzes ist die Technisch-wirtschaftliche Bezugsgröße zu ermitteln.
Oftmals betrifft eine betriebsinterne Erfindung nicht etwa ein in sich geschlossenes Produkt oder eine neue Maschine; stattdessen optimiert die Diensterfindung einen Produktionsprozess oder die Automation, die bessere Handhabung, höhere Produktivität oder energetische Einsparung einer bereits vorhandenen Maschine.
In einem solchen Fall kann eine bereits vorhandene Maschine nur dann als Bezugsgröße für die Ermittlung des Erfindungswerts und der Vergütung der Diensterfindung, wenn die gesamte Vorrichtung bzw. vorhandene Maschine durch die Diensterfindung geprägt wird. Das ist jedoch selten der Fall.
Bezugsgröße und Lizenzsatz richtet sich nach relevantem Produktmarkt
Sehr häufig dagegen wird nur ein Teil der Gesamtvorrichtung wesentlich beeinflusst durch die Diensterfindung, und nur dieser Teil kann als Bezugsgröße für den marktüblichen Lizenzsatz herangezogen werden.
Entscheidend für die Ermittlung des marktüblichen Lizenzsatzes ist, welchen Lizenzsatz vernünftige Lizenzvertragsparteien vereinbaren würden, würde es sich bei der Diensterfindung um eine freie Erfindung handeln. Das ist aber in der Praxis abhängig von der Preiskalkulation für die erfindungsgeprägten Produkte. Daher richtet sich der marktübliche Lizenzsatz nach den typischen Kalkulationsspielräume auf dem jeweiligen Produktmarkt. Dazu gibt es Erfahrungswerte, die bei Fragen zu dem marktüblichen Lizenzsatz herangezogen werden, und zwar in Form des Lizenzrahmens.
Wenn aber nur ein Teil der Vorrichtung bzw. vorhandenen Maschine als Bezugsgröße dienen kann, erfasst die technisch-wirtschaftliche Bezugsgröße auch nur einen Teil erfindungsgeprägten Produkte, der Kaufgegenstände. Lizenzvertragsparteien müssen in einem solchen Fall nach einem Maßstab suchen, der in irgendeiner Weise den Anteil der Erfindungen an den am Markt gehandelten Gegenständen wiedergibt.
Häufig wird es dann so sein, dass zur einfacheren Abwicklung die Lizenzvertragsparteien einen marktüblichen Lizenzvertrag in Bezug auf die ganze Maschine oder das ganze Produkt abschließen, und die damit zu groß geratenen Bezugsgröße durch die Vereinbarung eines entsprechend abgesenkten Lizenzsatzes ausgleichen. Dies ist ein allgemein anerkanntes Verfahren, auch vor der Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen. Aber natürlich ist besonders interessant, wie dies in der Praxis aussieht.
Bei der Klärung der Frage, was von der Diensterfindung wesentlich beeinflusst bzw. wesentlich geprägt wird, geht die Schiedsstelle regelmäßig zunächst vom Stand der Technik zum Zeitpunkt der Erfindung aus und bewertet darauf aufbauend, was die monopolgeschützte technische Lehre für das Produkt konkret leistet.
BGH Rechtsprechung: technisch-wirtschaftliche Bezugsgröße
Dazu ist auch die richtige technisch-wirtschaftlichen Bezugsgröße zu bestimmen. Diese hängt maßgeblich vom Einfluss der monopolgeschützten Technik auf das Produkt ab. Die Rechtsprechung des BGH gibt dazu vor, dass an die technisch-wirtschaftliche (funktionelle) Einheit anzuknüpfen ist, welche noch von der Erfindung wesentlich geprägt bzw. in ihren Funktionen wesentlich beeinflusst wird.
Der BGH hat dazu schon 2003 in einer Leitsatzentscheidung (X ZR 186/01, Abwasserbehandlung) festgelegt, dass der dem Arbeitnehmererfinder im Hinblick auf seinen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 9 ArbEG zustehende Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung auf Angaben gerichtet sein kann, auch wenn sie die Benutzung von Gegenständen betreffen, die selbst nicht wortsinngemäß oder als abgewandelte Ausführung von der Diensterfindung Gebrauch machen oder – bei einer Verfahrenserfindung – nicht unmittelbares Verfahrenserzeugnis sind.
Blick in die Praxis: konkrete Ermittlung des marktüblichen Lizenzsatzes
In einem umfangreichen Fall mit einer solchen Sachlage, der vor der Schiedsstelle verhandelt wurde (Arb.Erf. 13/17), hatte der Arbeitgeber bei der Berechnung des Erfindungswerts den gesamten Nettoumsatz mit einer vorhandenen Maschine berücksichtigt.
Nach Auffassung der Schiedsstelle hatten die Erfinder jedoch keine Maschine erfunden, sondern ein Automatisierungsverfahren für den Einsatz in Maschine. In einem real abzuschließenden Lizenzvertrag würde dies in jedem Fall durch eine Minderung des marktüblichen Lizenzsatzes ausgeglichen. Gleiches muss daher auch für die fiktive Nachbildung eines solchen Lizenzvertrags gelten, entschied die Schiedsstelle.
Die erfindungsgemäße Lehre verkörperte sich im vorliegenden Fall zwar letztlich nicht in den fertigen Produkten, sie kam aber bei deren Fertigung ganz konkret zum Einsatz, erläuterte die Schiedsstelle. Damit drücke sich in diesen ein Vorteil aus, den die Diensterfindung verschafft hat, so dass es sachgerecht wäre, den Umsatz aus der Lohnfertigung insoweit zur Bezugsgröße eines fiktiven Lizenzvertrags über die Diensterfindung zu machen, als er von der Diensterfindung als geprägt angesehen werden kann.
Praktisch anwendbar war das jedoch eher nicht. Denn bezogen auf die gesamte Lohnfertigung war dieser Anteil der Erfindung eher gering. Zudem wäre die konkrete, sachgerechte und konsensfähige Festlegung dieses Anteils im vorliegenden Fall in der praktischen Durchführung wohl schwer zu realisieren, fasste die Schiedsstelle den praktischen Aspekt zusammen.
Deshalb empfahl die Schiedsstelle, im Wege der Schätzung des Erfindungswerts auf die von der Antragsgegnerin konkret getätigten Investitionen abzustellen, d.h. den konkreten mitgeteilten Preis der genutzten Maschine.
Haben Sie Fragen zu Regelungen einer Arbeitnehmererfindung?
Unsere Anwälte beraten Sie gerne. Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle, Arb.Erf. 13/17
Bild:
geralt | pixabay.com | CCO License
Schreiben Sie einen Kommentar