Im Allgemeinen gilt eine Auskunftspflicht nach Treu und Glauben. Im Arbeitnehmererfinderrecht ist dies sogar ein noch stärkeres Recht, nämlich Gewohnheitsrecht des Diensterfinders. Doch wann kann es eingefordert werden – womöglich sogar mit Rechnungslegung?
Grundsätzlich handelt es sich bei der Auskunftspflicht um eine Auskunftspflicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, und dies gilt auch im Rahmen des Arbeitnehmererfinderrechts. Allerdings ist das Arbeitnehmererfindungsrecht (ArbEG) in diesem Punkt besonders, denn der Auskunftsanspruch ist relevant für den Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 9 ArbEG.
Das ergibt sich aus der Tatsache, dass eine Vergütung der Höhe nach nur durch eine wirtschaftliche Nutzung einer Diensterfindung entsteht. Vor allem aber trägt der Arbeitnehmererfinder die Darlegungs- und Beweislast für die seine Vergütungsansprüche. Die wesentlichen Parameter dafür liegen aber in der Hand des Arbeitgebers.
Denn nur der Arbeitgeber hat konkrete Kenntnis, ob und inwieweit die Erfindung genutzt wird und welcher wirtschaftlicher Vorteil daraus entsteht. Die Geltendmachung und Durchsetzung seiner Ansprüche ist dem Diensterfinder daher nur möglich, wenn er einen Anspruch auf eine Auskunftserteilung erhält. Daher ist die Auskunftspflicht im Arbeitnehmererfinderrecht sogar ein Gewohnheitsrecht des Diensterfinders.
Art und Umfang der Auskunftspflicht
Art und Umfang der Auskunftspflicht richten sich dabei nach den Bedürfnissen des Erfinders unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitgebers und auf ein etwaiges schutzbedürftiges Geheimhaltungsinteresse. Entsprechend kommt es durchaus in der betrieblichen Praxis vor, dass eine Erfindung zum Betriebsgeheimnis erklärt wird. Dadurch kann der Arbeitgeber entbunden werden von der Verpflichtung einer Patentanmeldung – wenn er § 13 Abs. 2 Nr. 3 ArbEG sowie § 17 ArbEG beachtet. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber zunächst Verhandlungen mit dem Arbeitnehmererfinder über einen Verzicht zu führen hat, wenn eine Diensterfindung wegen Geheimhaltung nicht zum Patent angemeldet werden soll.
Die Schiedsstelle beschränkt sich zum Umfang der Auskunftspflicht auf recht allgemeine Erklärungen. Demnach ist die Auskunftspflicht auf eine reine Wissenserklärung gerichtet. Ihr sei dann genüge getan, wenn die für die Durchsetzung der Gläubigeransprüche notwendigen Informationen gegeben wurden.
Konflikte um die Auskunftspflicht sind damit ergebnisoffen, und wurden schon vielfach bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ausgetragen. Wenige dieser Verfahren bezogen sich explizit auf das Arbeitnehmererfinderrecht, dennoch haben die BGH Urteile natürlich die Strahlkraft der ständigen Rechtsprechung zur Auskunftspflicht.
BGH Urteile zur Auskunftspflicht
So urteilte der BGH bereits 1986, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) für Bereicherungsansprüche besondere Bedeutung hat (Az. VII ZR 274/85). Auskunftserteilung über konkrete Beträge könne verlangt werden, entschied der BGH dann im Jahr 2016 (Az. I ZR 198/13), wenn der Gläubiger (im Fall einer Diensterfindung also der Erfinder) in entschuldbarer Weise über deren Höhe im Unklaren ist und der Schuldner (also der Arbeitgeber) unschwer Aufklärung geben kann.
Anspruch auf Schadensersatz?
Anspruch auf Auskunft zur Vorbereitung sogar eines Schadensersatzanspruchs setze jedoch voraus, dass zumindest der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung besteht und ein daraus resultierender Schaden des Anspruchstellers wahrscheinlich ist, urteilte der BGH ebenfalls im Jahr 2016 (Az. II ZR 121/15).
Wichtig zu wissen ist für einen Schadenersatzanspruch eines Diensterfinders, dass Ansprüche auf Vergütung nach 3 Jahre verjähren, Ansprüche auf Schadensersatz dagegen erst nach 10 Jahren. Es ist allerdings nicht möglich, einen Schadensersatz geltend zu machen, ohne einen Vergütungsanspruch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist gestellt zu haben. Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag Diensterfindung: Hemmung der Verjährung.
Anspruch auf Rechnungslegung
Ein Diensterfinder kann grundsätzlich auch einen Anspruch auf Rechnungslegung bzw. Vorlage von Nachweisen und Belegen geltend machen. Denn die Auskunftspflicht im ArbEG umfasst mit der Wissenserklärung des Auskunftsanspruchs zusätzlich nach § 259 Abs. 1 BGB auch eine Plicht, eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen mitzuteilen und, soweit üblich, Belege vorzulegen, urteilte die Schiedsstelle (Arb.Erf. 63/14).
Die Pflicht, über den Auskunftsanspruch hinaus in rechtfertigender Art und Weise Rechnung legen zu müssen, setzt jedoch zunächst eine vom Arbeitgeber verursachte Situation wachsenden Misstrauens voraus (BGH vom 17.11.2009, Az.: X ZR 137/07-Türinnenverstärkung), die es rechtfertigt, dass die abgegebene Auskunft des Arbeitgebers Plausibilitätskontrollen unterzogen werden können.
In der Praxis sollte dieses Misstrauen möglichst substanziell belegt werden. Denn die Grenzen sind fließend zwischen Auskunftspflicht und Anspruch auf Rechnungslegung.
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