Das Chinesische Patentgesetz wurde zum vierten Mal erneuert, als „neues“ China Patentrecht tritt es in Kraft zum 1. Juni 2021. Dies bietet Elemente wie eine neue Neuheitsschonfrist und eine Verlängerung der Schutzdauer und auch Verbesserungen in Patentverletzungsverfahren z. B. in Bezug auf die Beweisführung in China.
Wichtige neue Regelungen vor allem für Patentverletzungsverfahren in China wurden durch den Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses China am 17. Oktober 2020 als vierte Überarbeitung und Erneuerung des Chinesischen Patentgesetzes verabschiedet und treten am 1. Juni 2021 in Kraft. Wir geben einen Überblick der Neuerungen im „Neuen“ Patentgesetz in China.
Verlängerung der Verjährungsfristen
Das neue Patentgesetz in China führt eine Verlängerung der Verjährungsfristen ein für die Verteidigung von Patentrechten. Die Verjährungsfrist wird von 2 auf 3 Jahre verlängert, dies gilt für Patentverletzungen ebenso wie für Verfahren um die Zahlung von Lizenzgebühren auf Patente.
China Patentrecht: zukünftig Neuheitsschonfrist
Neu ist die Klausel für das China Patentrecht ab 2021, die eine Neuheitsschonfrist für Erfindungen vorsieht, an denen öffentliches Interesse besteht. Eine Erfindung soll nach neuem chinesischen Patentgesetz nicht die Neuheit verlieren, wenn die erste Offenlegung im Ausnahmezustand oder unter außergewöhnlichen Umständen des Staates und für Zwecke des öffentlichen Interesses stattfindet. Diese erste Offenlegung soll bei der Anmeldung nicht länger als 6 Monate zurückliegen. Dies ermögliche, ein neues medizinisches Produkt wie z. B. gegen Corona bereits vor der Patentanmeldung auf den Markt zu bringen.
Eine Neuheitsschonfrist für Erfindungen sollte es nach dem Gedanken des China Patentrechts gar nicht geben, da Neuheit international als Voraussetzungen für die Patentierbarkeit gilt. In der Praxis wird dies von einigen Ländern mit einer Neuheitsschonfrist umgangen, so auch von den USA mit ihrer Regelung, eine Neuheitsschonfrist von 12 Monaten für „Vor-AIA“-Anmeldungen vor dem frühesten US-Anmeldetag zu berechnen.
Auch Japan erweiterte erst 2018 die Neuheitsschonfrist auf Patente ebenfalls auf 12 Monate, und in China werden nun also 6 Monate Neuheitsschonfrist gelten.
In Europa ist dies dagegen nur wenig verbreitet, hier bieten nur folgende Mitglieder des Europäischen Patentübereinkommens eine Neuheitsschonfrist an: Estland, San Marino, Albanien und die Türkei.
Verlängerung der Schutzdauer bei langem Erteilungsverfahren
Konfliktstoff ist möglicherweise zu erwarten durch eine weitere neue Klausel im neuen China Patentrecht, die Erfindungen eine längere Schutzdauer bei langen Erteilungsverfahren ermöglichen kann. Grundsätzlich gilt bisher eine maximale Schutzdauer von 20 Jahren im Patentrecht, die lediglich für medizinische Erfindungen um weitere 5 Jahre verlängert werden kann, genau geregelt durch Vorgaben für SPC (ergänzendes Schutzzertifikat).
Die neue chinesische Regelung will nun grundsätzlich die Schutzdauer für Patente verlängern – wenn eine „unangemessene Verzögerung“ während des Erteilungsverfahrens stattfand. Voraussetzung dafür ist, dass der Patentinhaber nicht selbst die Verzögerung verursacht hat. Konkret ist vorgesehen, dass die entstandenen Verzögerungen ausgeglichen werden sollen, wenn seit dem Anmeldetag eines Erfindungspatents 4 Jahre oder länger vergangen sind und das Erfindungspatent erst 3 Jahre oder länger nach dem Antrag auf materielle Prüfung erteilt wurde.
„Präventive“ Patentanmeldungen in China
Nach dem neuen Patentgesetz in China soll der Grundsatz von Treu und Glauben explizit für die Anmeldung von Patenten und die Ausübung von Patentrechten gelten. Diese Regelung zielt darauf ab, dass Patentanmeldungen in China nicht missbraucht werden sollen und dürfen, um Wettbewerb einzuschränken oder zu verhindern.
Hintergrund dazu ist, dass eine Patentanmeldung in China jeder durchführen darf, der einen eigenen Anspruch an dem Patent (und im Übrigen auch an einer Marke) vorbringen kann; eine Patentrecherche ist aber nicht verpflichtend, anders als bei europäischen Patentanmeldungen. Daher wurden bisher zahlreiche „Präventive“ Patentanmeldungen in China getätigt, die dann ein jahrelanges Verletzungsverfahren nach sich ziehen, besonders in den Bereichen standardessentielle Patente, Patent-Monopole und Patent-Trolle.
Es ist insofern ein gutes Signal, den Grundsatz von Treu und Glauben bei Patentrechten zu verankern, ob dies allerdings in der Praxis schnell zur Verbesserung führen wird, muss sich zeigen. Im Markenrecht auf jeden Fall ist der Grundsatz von Treu und Glauben in Artikel 7 schon länger festgelegt, und dennoch sind präventive Markenanmeldungen noch immer ein Problem aus westlicher Sicht.
Übrigens führt das neue chinesische Patentgesetz auch einen Mechanismus der Lizenzbereitschaftserklärung ein, angelehnt an Regelungen aus dem deutschen Patentrecht. Die chinesische Regierung hält dies für eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Kommerzialisierung der in China angemeldeten Patente zu fördern.
Neues China Patentrecht: Höherer Schadensersatz
Immerhin sieht das neue chinesische Patentgesetz in China einen höheren Schadensersatz bei Patentverletzungen vor. In allen Fällen, in denen der Schaden des Rechtsinhabers, Gewinn des Verletzers oder die Lizenzgebühren der verletzten Patente schwierig zu bestimmen oder zu kalkulieren sind, kann das chinesische Gericht einen Schadensersatz zwischen RMB 30.000 (4.000 €) und RMB 5 Millionen (640.000 €) festlegen. Dies ist eine Steigerung um den Faktor 3 bzw. 5, denn bisher lag der Schadensersatz für Patentverletzungen zwischen RMB 10.000 und RMB 1 Million.
Übrigens werden auch die verwaltungsrechtlichen Strafen wegen Patentimitierung von dem 4-Fachen auf das 5-Fache des illegal erwirtschafteten Gewinns erhöht; dies sind z. B. die Fälschung der Patenturkunde oder der Patentschrift.
Beweislast des Rechteinhabers wird erleichtert
Noch wichtiger ist eine neue Regelung zur Beweislast des Rechteinhabers im neuen Patentgesetz in China. Gelingt es dem Rechteinhaber nicht, Beweismittel für die Patentverletzung zu bekommen – weil die Beweise sich hauptsächlich im Besitz des Patentverletzers befinden – kann das chinesische Gericht den Patentverletzer dazu zwingen, seine Buchhaltung und ähnliches Beweismaterial offenzulegen. Wenn der Beklagte sich weigert, diese Beweise herauszugeben, kann das Gericht nun Schadensersatz auf der Grundlage des Anspruchs des Klägers zusprechen. Wohlgemerkt: das Wörtchen „kann“.
Beweisführung in China ist aus westlicher Sicht ein schwieriges Terrain. Als Beweismittel sind zwar zahlreiche Dokumentenarten und sogar Webseitenbelege zugelassen, sogar Blockchain basierte Beweisführung ist in China zugelassen.
Aber berücksichtigt werden Beweise vor allem, wenn die Beweismittel eine chinesische Legitimation vorweisen, entweder vom Zoll oder von chinesischen Vertragspartnern. Durch die neue Regelung kann daher die Beweislast des Rechteinhabers möglicherweise erleichtert werden, dies wird sich in der Praxis erweisen müssen.
Patentverletzungen: neue Gerichtsebenen
Neu sind auch die zukünftigen Regelungen für die Gerichtsebenen, auf denen Patentverletzungsklagen einzureichen sind. Die Arbeitsteilung der Patentbehörden von verschiedenen Ebenen wird neu reguliert; Nationale Patentbehörden (staatliche Ebene) sind demnach bevollmächtigt, landesweit schwerwiegende Patentverletzungsstreitigkeiten zu bearbeiten. Regionale Patentbehörden dagegen sind bevollmächtigt, Verletzungsfälle gegen dasselbe Patent kombiniert zu bearbeiten, und auch die Patentbehörden (also außerhalb der Gerichtsebene) sollen ermächtigt sein, Patentimitation und mit neuer Regelung auch normale Patentverletzungsfälle zu bearbeiten. Diese Regelung wird das ohnehin weitverzweigte Gerichtssystem in China weiter zersplittern.
Dabei hatte China erst am 1. Januar 2019 ein neues Gericht für alle Verfahren im Bereich Intellectual Property (IP-Gericht) eröffnet, gerade um Entscheidungen im Patentrecht zu bündeln. Die neue Regelung erscheint dazu als Rückschritt. Immerhin kann für überregionale Verletzungen gegen dasselbe Patent beansprucht werden, dass sie von den Patentbehörden der höheren Ebene bearbeitet werden.
Fazit
Es gibt Licht und Schatten im neuen China Patentrecht ab 2021, kann man in Kurzform zusammenfassen, die Praxis wird erweisen, was überwiegt.
Unsere Anwälte verfügen über langjährige Expertise im Patentrecht sowie im gesamten Gewerblichen Rechtsschutz und sind berechtigt, Sie vor jedem Gericht zu vertreten – in Deutschland und auch international. Auch verfügen wir in Bezug auf China und das chinesische Patent-, Design- und Markenrecht über langjährige Erfahrung und Sprach- und Landeskenntnis.
Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt auf.
Quellen:
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