In einem Markenstreit vor dem EuG um die EU-Bildmarken Lloyd vs. Lloyd’s stand der Vergleich der Waren und Dienstleistungen. Bedeutet eine gemeinsame ästhetische Funktion – als Beitrag zum „Look“ – die Ähnlichkeit von Waren? Denn in der Mode-, Accessoire- und Parfümeriebranche werden verschiedene Waren in Kombination genutzt.

Im Mittelpunkt dieses Falls, der am direkt vor Weihnachten vom Europäischen Gericht (EuG) entschieden wurde, stand der Vergleich der Waren und Dienstleistungen. Im Oktober 2011 hatte die Streithelferin, die Lloyd Shoes GmbH (Deutschland) beim Amt für geistiges Eigentum der Europäischen Union (EUIPO) das Bildzeichen Lloyd als eine EU-Marke angemeldet.
Gegen diese Markeneintragung legte die Klägerin, die El Corte Inglés, SA (Spanien) – laut Wikipedia die größte Warenhauskette Europas, am Umsatz gemessen – Widerspruch ein für alle Waren und Dienstleistungen, die in den Nizza-Klassen Klassen 3, 14, 18, 25 und 35 beansprucht worden waren. Klägerin El Corte Inglés berief sich auf die eigene ältere EU-Bildmarke Lloyd’s, die ebenfalls ähnliche Waren und Dienstleistungen in den Nizza-Klassen 3, 14, 18 beanspruchte, jedoch nicht für Waren der Klasse 25 (Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“).

Die Widerspruchsabteilung und auch die Beschwerdekammer gaben dem Widerspruch in Bezug auf die Nizza-Klassen 3, 14, 18 statt und lehnten die Markeneintragung der Bildmarke Lloyd in diesen Klassen ab. Beide Instanzen wiesen aber den Widerspruch gegen die Markeneintragung in den Klassen 25 und 35 zurück. Die Eintragung für die Verkaufsdienstleistungen der Klasse 35 könne gewährt werden, soweit diese Dienstleistungen u. a. einige der Waren der Klasse 18 und die Waren der Klasse 25 beträfen.
Mit dieser Entscheidung der Beschwerdekammer waren beide Parteien nicht einverstanden. Die Markenanmelderin Lloyd Shoes legte Beschwerde gegen die Rückweisung der Markenanmeldung für alle Nizza-Klassen ein, die Klägerin El Corte Inglés gegen die Zulassung der Marke für die Nizza-Klassen 25 und 35.
Vergleich der Waren und Dienstleistungen
Daher stand im Mittelpunkt dieses Falls vor dem Europäischen Gericht der Vergleich der Waren und Dienstleistungen. Klägerin El Corte Inglés rügte, das Amt können nicht einerseits die Eintragung für die Klassen 3, 14, 18 abweisen, sie gleichzeitig aber für die Klassen 25 und 35 zulassen, die Beschwerdekammer sei daher beim Vergleich der Waren und Dienstleistungen widersprüchlich gewesen.
Die Besonderheiten der Mode-, Accessoire- und Parfümeriebranche würden die Verbraucher dazu veranlassen, die verschiedenen Waren in Kombination zu verwenden, aufgrund ihrer Komplementarität bestehe ein Zusammenhang zwischen allen Waren, die von Lloyd Shoes beansprucht worden war, machte die Klägerin geltend.
Das Gericht
Nach der Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der fraglichen Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die die betreffenden Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen, erinnerte das Gericht. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren können berücksichtigt werden, erläuterte der EuG.
Insoweit sei zu berücksichtigen, führte das Gericht aus, dass Waren und Dienstleistungen als einander ergänzend angesehen werden können, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass die eine Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist.
Die Klägerin hatte jedoch im Wesentlichen geltend gemacht, dass im vorliegenden Fall eine mittelbare Ähnlichkeit zwischen den von der älteren Marke erfassten Waren und den Verkaufsdienstleistungen bestehe, stellte das Gericht fest.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein kurzer Seitenblick auf den Fall Sherpa vs. Sherpa, in dem es um ähnliche Dienstleistungen ging. Im Urteil Sherpa wurde deutlich: Markenschutz gilt in der Regel nicht pauschal, sondern bezogen auf das genaue Produkt.
Gemeinsame Funktion bedeutet nicht per se Ähnlichkeit von Waren
Das Gericht bestätigte, dass Waren wie Schuhe, Bekleidungsstücke, Hüte oder Handtaschen neben ihrer Grundfunktion auch eine gemeinsame ästhetische Funktion haben können, indem sie gemeinsam zum äußeren Erscheinungsbild („Look“) des betreffenden Verbrauchers beitragen (Verweis auch auf Urteil von 2007, PiraÑAM diseño original Juan Bolaños, EU:T:2007:219). Dennoch führe dies nicht dazu, dass Waren aufgrund einer Funktion, die sie zusammen erfüllen können, grundsätzlich Ähnlichkeit aufweisen, erklärte der EuG. Im vorliegenden Fall unterschieden sich die Waren und Dienstleistungen jedoch nach ihrer Art, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, entschied der EuG.
Wechselbeziehung bei Ähnlichkeit
Zudem erinnerte das Gericht an die Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit von Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So könne ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt, führte der EuG aus, wie auch schon in anderen Entscheidungen.
Denn die Klägerin hatte auch geltend macht, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung die Beinahe-Identität der fraglichen Zeichen nicht ausreichend berücksichtigt habe, als sie den Gedanken der Verwechslungsgefahr zurückgewiesen habe.
Das Gericht wies diese Rüge zurück. Ein Widerspruch sei unabhängig vom Grad der Ähnlichkeit oder Identität der fraglichen Zeichen zurückzuweisen, wenn – wie im vorliegenden Fall – die von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich sind, erklärte der EuG. Unter diesen Umständen sei die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Verwechslungsgefahr besteht, urteilte der EuG, ohne dass sie die angebliche Ähnlichkeit oder Identität der in Rede stehenden Zeichen zu berücksichtigen brauchte.
Das Gericht wies daher die Klage ab und bestätigte die angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer.
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Quellen:
Urteil des EuG Lloyd vs Lloyd’s, EU:T:2019:889
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