Vor dem Europäischen Gericht wurde über die Unterscheidungskraft und Verwechslungsgefahr von Unionsmarken mit Adler Darstellung entschieden. Trotz sehr großer optischer Ähnlichkeit der Marken hob das Gericht die bisherige Entscheidung von Verwechslungsgefahr auf- das Wortelement war nicht als Ganzes von der Beschwerdekammer bewertet worden.
Adler Marke für ähnliche Waren
Klägerin Fashion Energy Srl (Italien) als auch Streithelferin – und Inhaberin der älteren Adler Bildmarke – Retail Royalty Company (USA) sind beide in der Mode- und Textilindustrie tätige Unternehmen. Im Mittelpunkt des Verfahrens um Unterscheidungskraft und Verwechslungsgefahr standen zwei Unionsmarken, die einen sehr ähnlichen Adler zeigen. Die ältere Marke der Retail Royalty Company ist als Unionsbildmarke geschützt, die spätere angemeldete Marke der Fashion Energy aus Italien hat zusätzlich das Wortelement „1st AMERICAN“, ist also eine europäische Wort- und Bildmarke.
Außerdem wurden die beiden Marken zwar in überwiegend unterschiedlichen Nizza-Klassen angemeldet, aber für ähnliche Warengruppen. So hatte das Europäische Gericht zu entscheiden, ob Brillen (Nizza-Klasse 9, (Fashion Energy)) auch Sonnenbrillen (Nizza-Klasse 35) umfassen. Der EuG sah „Brille“ als einen weiten Begriff, der auch Sonnenbrillen umfasse.
Brille ähnliche Ware wie Sonnenbrille?
Die Klägerin bestritt das, aber das Gericht wies darauf hin, dass schon die bisherige Rechtsprechung Brillen und Sonnenbrillen nicht nur als ähnlich, sondern als identisch eingestuft hatte. So hat das Gericht bereits im Februar 2017 (im Urteil 2 STAR, EU:T:2017:78) entschieden, dass „Brillenfassungen“, „Sonnenbrillenfassungen“ und „Brillen- und Sonnenbrillenfälle“ nicht „ähnlich“, sondern sogar identisch seien mit „optischen Fassungen und deren Zubehör, Brillenetuis und Zubehör“.
Da auch die Waren der anderen Nizza-Klassen von dem EuG als ähnlich bewertet wurden – „Heimtextilien und Bettwäsche“ der Klasse 24 (Fashion Energy) und „Gewänder“ der Klasse 25 (Retail Royalty) – urteilte der EuG, dass die fraglichen Waren und Dienstleistungen ähnlich oder identisch sind.
Verwechslungsgefahr mit kumulativen Bedingungen
Denn für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt die Verwechslungsgefahr voraus, dass sowohl die fraglichen Marken identisch oder ähnlich sind als auch die von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind. Diese Bedingungen sind kumulativ. Auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betroffenen Waren können übrigens berücksichtigt werden.
Zudem stellte der EuG klar, wenn die Gefahr einer Verwechslung zwischen zwei EU-Marken in einem Mitgliedstaat besteht, sei dies ein hinreichender Grund, die Eintragung der jüngeren Marke zu verweigern. Denn es reicht aus für die Zurückweisung einer EU-Marke, dass in einem Teil der Europäischen Union ein relatives Eintragungshindernis besteht.
Unterscheidungskraft von frappierend ähnlichen Adlern?
Die Verwechslungsgefahr, die sowohl die Widerspruchsabteilung des EUIPO als auch die Beschwerdekammer in ihren Entscheidungen gesehen hatten, teilte auch der EuG in weiten Teilen. So bestätigte das Gericht die sehr große optische Ähnlichkeit der Bildelelemente, also der Darstellung des Adlers. Einhergehend liege auch eine konzeptionelle Ähnlichkeit vor.
Die Klägerin machte zwar geltend, dass diese Art von Bildelement im Mode- und Textilsektor sehr verbreitet sei und daher die Unterscheidungskraft des Adlers schwach sei. Diesem Argument wollte das Gericht so nicht folgen. Die frappierende Ähnlichkeit zwischen den beiden Adler Darstellungen sei offensichtlich – und die Adler nehmen einen großen Bereich der fraglichen Marken ein.
Allerdings wies der EuG darauf hin, dass auch wenn ein den fraglichen Zeichen gemeinsames Element den Gesamteindruck nicht als dominierend angesehen werden kann, es bei der Beurteilung der Ähnlichkeit dieser Zeichen zu berücksichtigen sei. Außerdem gelte nach ständiger Rechtsprechung, dass, wenn eine Marke sowohl aus verbalen als auch aus bildlichen Elementen besteht, erstere grundsätzlich unterscheidungskräftiger sind als letztere. Denn der Durchschnittsverbraucher könne sich leichter auf die fraglichen Waren berufen, indem er ihren Namen nennt als das bildliche Element der Marke.
Unterscheidungskraft muss auf Gesamtwahrnehmung der Marke beruhen
Entscheidend für das Urteil aber sei, dass bei einer zusammengesetzten Marke jede Unterscheidungskraft zwar teilweise für jede der einzeln genommenen Begriffe oder Elemente beurteilt werden kann – die Beschwerdekammer hatte einzeln die Wortelemente der jüngeren Marke beurteilt und ihnen schwache Unterscheidungskraft attestiert- , auf jeden Fall aber auf der Gesamtwahrnehmung dieser Marke beruhen müsse. Und eine solche Gesamtbetrachtung der jüngeren Marke hatte die Beschwerdekammer nicht vorgenommen. Die Schlussfolgerung über die schwache Unterscheidungskraft des Elements „1. AMERIKAN“ als Ganzes sei in keiner Weise begründet worden, stellte der EuG fest.
Dieser von der Beschwerdekammer begangene Fehler sei geeignet, ihre gesamte in ihrer Entscheidung enthaltene Beurteilung zu beeinträchtigen, urteilte der EuG. Das Gericht hob daher die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 15. November 2017 vollständig auf (Rechtssache R 693/2017-2).
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