Verstößt ein Produkt wie Deutscher Balsamico gegen die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“, geschützt als Ursprungsbezeichnung und geografische Angabe? Der Generalanwalt spricht sich für den Deutschen Balsamico aus.
In seinem heutigen Schlussantrag hat der Generalanwalt sich für Deutschen Balsamico ausgesprochen. Dies ist der vorläufige Höhepunkt in einer jahrelangen Auseinandersetzung zwischen der italienischen Erzeugergemeinschaft (Consorzio) von Erzeugnissen mit der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ und der Balema GmbH (Deutschland), die Produkte wie Deutscher Balsamico vermarktet. Die Waren der Balema GmbH sind dabei klar als deutsche Produkte etikettiert, die Aufschrift lautet beispielsweise „Theo der Essigbrauer, Holzfassreifung, Deutscher Balsamico traditionell, naturtrüb aus badischen Weinen“.
Das italienische Consorzio mahnte den deutschen Hersteller ab, darauf erhob die Balema GmbH eine negative Feststellungsklage.
Das OLG Karlsruhe gab 2017 der Klage statt. Gegen dieses Urteil legte das Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena Revision vor dem BGH (I ZR 253/16) ein, der sein Urteil im zwingenden Zusammenhang mit der Auslegung des Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 sieht und entsprechend ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gestellt hat.
Gewährt der Schutz der Gesamtbezeichnung auch Schutz der nichtgeografischen Begriffe darin?
Dem höchsten europäische Gericht (EuGH) liegt daher die Frage vor, ob sich der durch Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 gewährte Schutz der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung („Aceto“, „Balsamico“, „Aceto Balsamico“) erstreckt.
Der Generalanwalt hat mit seinem heutigen Schlussantrag darauf hingewiesen, dass die Begrifflichkeit „Gattungsbezeichnung“ mit zweifacher und im Grunde unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird: zum einen für Produktnamen, die, zu einer allgemeinen Bezeichnung für ein Erzeugnis in der Union geworden sind, obwohl sie auf den Ort, die Region oder das Land verweisen, in dem das Erzeugnis ursprünglich hergestellt oder vermarktet wurden (gemäß Art. 3 Nr. 6 der Verordnung Nr. 1151/2012), zum anderen als Ausdruck für allgemeine oder gebräuchliche Wörter, die gerade wegen ihrer generischen Qualität nicht die Voraussetzungen für die Eintragung als g.g.A. bzw. g.U. erfüllen.(Lesen Sie gern mehr über die geographischen EU Herkunftsbezeichnungen in unserem Beitrag: EU-Herkunftsbezeichnung: Dresdner Christstollen auch international geschützt?)
Auch ein in das Verzeichnis der g.U. und g.g.A. eingetragener zusammengesetzter Name könne generische oder anderweitig ungeschützte Bestandteile enthalten, stellte der Generalanwalt klar, und die Verwendung dieses generischen Bestandteils sei keine Schutzverletzung der geschützten Bezeichnung.
„Aceto“, „balsamico“ und „Aceto Balsamico“: allgemeine Wörter
Der Generalanwalt ist im vorliegenden Fall der Ansicht, dass die Begriffe „Aceto“, „balsamico“ und „Aceto Balsamico“ allgemeine Wörter sind. Nur der offensichtlich geografische Bezug des Wortes „Modena“ löse eine Assoziation zu „Aceto balsamico tradizionale di Modena“ aus, auch wenn damit anderer Essig oder andere Gewürze bezeichnet wären.
Daher spricht sich der Generalanwalt dafür aus, dass die allgemeinen und nicht geografischen Begriffe „Aceto“, „balsamico“ und „Aceto Balsamico“ verwendet werden dürfen, ohne den Schutzanspruch von „Aceto Balsamico di Modena“ zu verletzen.
Sollte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Argumenten des Generalanwalts anschließen, könnte die Beklagte Balema GmbH weiterhin Deutschen Balsamico vermarkten. Der Fall weckt auch internationales Interesse der Regierungen von Deutschland, Griechenland und Frankreich, die alle der Ansicht waren, dass die Begriffe „Aceto“, „Aceto Balsamico“ und „Balsamico“ Gattungsbezeichnungen oder nicht geografische Begriffe seien und nur der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ Schutz zu gewähren sei anstatt ihren einzelnen nicht geografischen Begriffen. Diese Ansicht wurde durch den heutigen Schlussantrag der Generalanwalts bestätigt.
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Quellen:
Schlussantrag des Generalanwalts „Deutscher Balsamico“ EU:C:2019:650
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