Der Bollenhut aus dem Schwarzwald ist ein Symbol für den gesamten Schwarzwald, urteilte das OLG Karlsruhe. Denn Tracht und Tradition findet sich im Süden Deutschlands nicht nur auf dem berühmten Oktoberfest, sondern auch in der Produktdarstellung für das regionale Bier Schwarzwaldmarie, das wegen Irreführung beanstandet wurde.
Gerade hat das Oktoberfest 2018 begonnen, und Trachten, Dirndl und regionales Bier bestimmen nicht nur in München, sondern in vielen deutschen Städten das berühmte traditionelle Herbstfest. Es ist daher nicht verwunderlich, dass „Oktoberfest“ auch als Wort-, Bild- oder Unionsmarke begehrt ist. Bisher allerdings wurden die Versuche, dieses berühmte deutsche Fest als Marke zu schützen, von den Ämtern abgelehnt. Das Europäische Patent- und Markenamt prüft noch eine entsprechende Markenanmeldung der Stadt München – wir berichteten.
Regionales Bier „Schwarzwaldmarie “ irreführend?
Im Süden Deutschlands ist aber nicht nur das Oktoberfest bekannt, sondern auch das regionale Bier Produktbezeichnung SCHWARZWALDMARIE. Diese Produktbezeichnung und -präsentation wurde vom Kläger (ein Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen, dem unter anderem sämtliche Industrie- und Handelskammern als Mitglieder angehören) wegen Irreführung beanstandet und wettbewerbsrechtliche und kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche vorgebracht. Die Verfügungsbeklagte (eine mittelständische Brauerei im Ortsteil Ulm der Stadt Renchen im Ortenaukreis/Baden) widersprach diesem Vorwurf und den Unterlassungsansprüchen.
Die Schlüsselfrage in diesem Fall war, inwieweit der Produktname Schwarzwaldmarie und die zugehörige Emblemgestaltung mit einer traditionell gekleideten Frau mit Bollenhut von den Verbrauchern als spezielle Region im Hochschwarzwald wahrgenommen werden. Erwartet der Verbraucher, dass das Bier in einer bestimmten Region im Schwarzwald gebraut werde? Denn gemäß Art. 7 Abs. 1 LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel insbesondere in Bezug auf den Herkunftsort nicht irreführend sein. Der Bollenhut aus dem Schwarzwald ist ein Symbol für den gesamten Schwarzwald, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe Urteil vom 8.3.2017, 6 U 166/16).
Zählt Brauort Ulm zu Schwarzwald als Region?
Der Kläger hatte geltend gemacht, dass der Brauort Ulm in der flachen Rheinebene liege und daher keineswegs in Vorbergen der Schwarzwaldregion. Von Ulm aus sehe man nur in weiter Ferne die Höhenzüge des Schwarzwaldes am Horizont. Wie in der Entscheidung des BGH „Himalaya Salz“ (BGH GRUR 2016, 741 Rn. 11 – Himalaya Salz) und der Entscheidung des OLG München „Chiemsee“ bestehe eine klar erkennbare Grenze zwischen behauptetem und tatsächlichem Herstellungsort.
Die beklagte Brauerei argumentierte, Ulm werde geografisch nicht in relevanter Weise von den Höhenzügen des Schwarzwaldes getrennt, sondern ihm unmittelbar zugeordnet. Dies spiegele sich in den Vorschriften betreffend die Herstellung von als „Schwarzwälder Schinken“ bzw. „Schwarzwälder Kirschwasser“ bezeichneten Produkten wider, die gleichfalls die Gebiete östlich der B 3 bzw. sogar den Ortenaukreis, soweit er nahe gelegenes Vorland des Schwarzwaldes sei, dem Schwarzwald zuordneten.
Das Oberlandesgericht schloss sich der Sichtweise der beklagten Brauerei an. Da die isoliert angegriffene Produktbezeichnung „SCHWARZWALDMARIE“ keinerlei Hinweis auf den Hochschwarzwald enthält, sei davon auszugehen, dass als Brauort lediglich ein Ort im Schwarzwald identifiziert wird, der nicht unbedingt im Hochschwarzwald liegen muss, sondern auch in einer Schwarzwaldrandlage liegen kann. Und die Schwarzwaldrandlage gehöre zum Schwarzwald und liege deshalb nicht lediglich „nahe am Schwarzwald“.
Auch der Bollenhut sei für den Verbraucher ein Symbol, das er mit dem Schwarzwald an sich verbinde und nicht ausschließlich mit bestimmten Hochschwarzwaldregion, in welchen tatsächlich der Bollenhut traditionell getragen wird. Er erwarte deshalb nicht, dass das Bier an einem Ort im Hochschwarzwald gebraut werde.
Diese Auslegung wurde auch durch ein Verkehrsgutachten gestützt, das der Beklagte dem Gericht vorlegte. Danach waren nur 9,7 % der Befragten davon ausgegangen, dass der Brauort im Hochschwarzwald liegt. Diese Irreführungsquote seit nicht ausreichend, um von einer Irreführungsgefahr auszugehen, befand das Oberlandesgericht.
Werbeaussage „Bier-Spezialität“ eine Alleinstellungsbehauptung?
Die Werbeaussage „Die Bier-Spezialität aus dem Schwarzwald“ stelle außerdem eine unzulässige Alleinstellungsbehauptung dar, machte der Kläger geltend. Der Durchschnittsverbraucher gehe davon aus, es handele sich bei dem Bier um die Bier-Spezialität aus dem Schwarzwald schlechthin und dass es keine weiteren Bierspezialitäten gebe. Dies sei nicht der Fall.
Das Gericht widersprach dieser Argumentation. Die Werbeaussage enthalte kein Superlativ. Den Begriff „Bier-Spezialität“ verstehe der angesprochene Verkehr im Sinne von „Bier-Delikatesse“. Außerdem wisse der Verbraucher, dass es viele Brauereien im Schwarzwald gibt. Dies sei dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt, ergänzte das OLG mit Humor.
Bollenhut ein Symbol für den gesamten Schwarzwald
Weder die Verwendung des Produktnamens „SCHWARZWALDMARIE“ noch die Verwendung des beanstandeten Emblems sowie der Internetdomain „www.schwarzwaldmarie.beer“, noch die Werbeaussage „Die Bier-Spezialität aus dem Schwarzwald“ seien nach wettbewerbsrechtlichen kennzeichenrechtlichen Maßstäben zu beanstandende irreführende Angaben über die Herkunft des von der Beklagten gebrauten und vertriebenen sowie beworbenen Bieres, urteilte das Gericht. Auch der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch aus § 127 MarkenG bestehe nicht. Das Gericht bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts Mannheim, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
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Quellen:
LRBW Juris: Urteil „Schwarzwaldmarie“
Bilder:
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