Denkt der Durchschnittsverbraucher an Scotch Whisky, wenn er Glen Buchenbach hört? Der Europäische Gerichtshof entschied im Schlussantrag über die geografische Wortmarke „Glen“ und schwäbischen Glen Whisky.
Geografische Spirituosenbezeichnung ist genau definiert
Geklagt hatte die Schottische Whisky Association (TSWA) gegen einen schwäbischen Whiskyhersteller Michael Klotz, der einen Whisky namens „Glen Buchenbach“ produziert und vertreibt. Die Klägerin im Ausgangsverfahren machte geltend, dass die Verwendung des Begriffs „Glen“ gegen die eingetragene geografische Angabe „Scotch Whisky“ verstoße. In dem jetzigen Vorentscheid durch den Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird klar: die mögliche Irreführung des Verbrauchers wird der entscheidende Faktor in dem Urteil sein. Der Generalanwalt empfiehlt, den Fall an das Landgericht Hamburg zurückzuverweisen, um diese Frage zu klären.
Tatsächlich ist der Spirituosensektor für die Verbraucher, die Hersteller und auch für den Agrarsektor in der EU Gemeinschaft von so großer Bedeutung, dass dieser Bereich durch eine eigene EU-Verordnung geregelt ist, die Verordnung (EG) Nr. 110/2008. Die Verordnung definiert genau, durch welche Herstellung (Destillation, Mazeration, Mischung) und welchen Alkoholgehalt (Ethylalkohol, Mindestalkoholgehalt mindestens 15 % vol.) eine Spirituose definiert wird.
Die geografische Spirituosenbezeichnung ist ebenfalls genau definiert, sie ist „eine Angabe, die eine Spirituose als aus dem Hoheitsgebiet eines Landes, einer Region oder eines Ortes in diesem Hoheitsgebiet stammend kennzeichnet, wobei eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder ein sonstiges Merkmal im Wesentlichen auf diesen geografischen Ursprung zurückzuführen ist“, heißt es in der Verordnung. Insbesondere sollen Verbraucher davor geschützt werden, über den Ursprung des Erzeugnisses in die Irre zu geführt zu werden. Im jetzigen Fall ersuchte das Landgericht Hamburg den EuGH um die Auslegung der für Spirituosen geltenden Unionsregelung über den Schutz eingetragener geografischer Angaben.
Indirekte Verwendung oder Anspielung einer geografischen Angabe
Mit den Assoziationen, die an die bezeichneten Regionen gebunden sind, wird im gesamten Genussmittelbereich gerne geworben. Erst Ende Dezember wurde in einem wegweisendem Urteil entschieden, dass Aldi sein Eis-Sorbet weiterhin Champagner Sorbet nennen darf, wir berichteten über den Fall.
Ähnlich sieht auch die Fragestellung im Fall um den Glen Whisky aus: denn ungefähr ein Viertel der schottischen Scotch-Whisky-Destillen sind nach ihrem jeweiligen Glen benannt – das gälische Wort für ein schmales Tal im Hochland. Wie also rechtfertigt sich die Bezeichnung Glen im schwäbischen Buchenbachtal?
Der deutsche Whiskyhersteller argumentiert, dass er im Namen des Whiskys eindeutig anzeige, dass es sich um einen deutschen und zwar um einen schwäbischen Whisky handele. Denn das Etikett des strittigen Whiskys enthält die Angabe: Waldhornbrennerei, Glen Buchenbach, Swabian Single Malt Whisky. Die klagende TSWA ist dagegen der Meinung, die Bezeichnung „Glen“ wecke bei Verbrauchern eine Assoziation mit Schottland und schottischem Whisky, ungeachtet der hinzugefügten übrigen Angaben zur deutschen Herkunft des Erzeugnisses. Komplizierter wird die Bewertung, da es auch außerhalb Schottlands bekannte „Glen“ Whiskys gibt. Als Beispiele werden genannt „Glen Breton“ aus Kanada,“Glendalough“ aus Irland und“Glen Els“ aus Deutschland.
Zurückverweisung an das Landgericht
Eine verbotene indirekte Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe liege dann vor, wenn die streitige Bezeichnung mit der betreffenden Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist, stellte der Generalanwalt des EuGH klar. Die zusätzlichen genauen Bezeichnungen auf dem Etikett sind nicht zu berücksichtigen.
Der Generalanwalt äußerte sich ebenso genau zu der „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe. Diese ist nämlich auch verboten, setzt aber nicht zwingend klangliche oder visuelle Ähnlichkeiten mit einer in der EU geschützten geografischen Angabe voraus. Was aber ist, wenn der Verbraucher in seiner Gedankenverbindung einen Bezug herstellt zu dem zugehörigen geografischen Gebiet? Entscheidend und vom Landgericht Hamburg zu prüfen sei deshalb, ob Durchschnittsverbraucher bei dem Begriff „Glen“ sofort an „Scotch Whisky” denke. Dies muss das Landgericht Hamburg feststellen und eine mögliche Irreführung des Verbrauchers ausschließen, wenn der Europäische Gerichtshof der Vorentscheidung seines Generalanwalts folgt.
Urteil vom 7. Juni 2018: EuGH folgt der Vorentscheidung des Generalanwalts
Heute hat der Europäische Gerichtshof sein Urteil zum Glen Whisky gesprochen. Es folgt darin im wesentlichen den in diesem Artikel genannten Ausführungen des Generalanwalts und präzisierte in der Urteilsbegründung die Auslegung der geografischen Angabe.
- Eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe liege nur dann vor, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist. Somit genüge es nicht, dass irgendeine Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet vor Konsumenten wecken kann.
- Zur Beurteilung, ob eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe vorliege sei gegebenenfalls die inhaltliche Nähe der Bezeichnung zu der Angabe zu berücksichtigen. Das Umfeld aber des streitigen Bestandteils und der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, sei nicht zu berücksichtigen.
- Auch bei der Feststellung, ob eine nach dieser Bestimmung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe“ vorliegt, sei das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, nicht zu berücksichtigen.
Entscheidend und vom Landgericht Hamburg zu prüfen sei deshalb, ob ein Durchschnittsverbraucher bei dem Begriff „Glen“ sofort an „Scotch Whisky” denke. Dies muss – wie bereits vom Generalanwalt in seinem Schlussantrag vorgetragen – das Landgericht Hamburg feststellen und eine mögliche Irreführung des Verbrauchers ausschließen.
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Quellen:
Text:
EuGH Pressemittelung vom 7. Juni 2018
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