Eine eingereichte Patentanmeldung ersetzt die fehlende Erfindungsmeldung – dies gilt als grundsätzliches Recht gemäß BGH Rechtsprechung. Doch Vorsicht, das gilt nicht immer. Deutlich wird dies durch ein kürzliches Urteil des OLG Düsseldorf.
Die Einreichung einer Patentanmeldung hat nach der Rechtsprechung des BGH (14.02.2017, AZ. X ZR 6415 – „Lichtschutzfolie“) grundsätzlich die gleiche Wirkung wie eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Erfindungsmeldung.
Umso interessanter ist das Urteil des OLG Düsseldorf von Ende November 2020 (I-2U 60/19), im dem das OLG diese BGH Rechtsprechung nicht als grundsätzliche Regel angewandt hat – und ebenso wenig die BGH Entscheidung „Haftetikett“.
Kurze Zusammenfassung BGH Entscheidung „Haftetikett“
Der BGH entschied in seinem Urteil „Haftetikett“ (2011 (X ZR 72/10)), dass eine Inanspruchnahme einer nicht ordnungsgemäß gemeldeten Erfindung nur dann anzunehmen ist, wenn der Arbeitgeber dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf. Der BGH konkretisierte, dass als Dokumentation insbesondere gilt, wenn der Arbeitgeber die Erfindung zum Patent anmeldet oder er den Arbeitnehmer als Erfinder in einer Patentanmeldung nennt.
Eine derartige Dokumentation der Kenntnis des Arbeitgebers ergibt sich laut BGH jedoch weder daraus, dass der Arbeitgeber Kenntnis von der technischen Lehre der Erfindung erhält, noch aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber von einem Patent erfährt, das der Arbeitnehmer auf die Diensterfindung angemeldet hat.
Besondere Fallkonstellation vor dem OLG Düsseldorf
Die Fallkonstellation vor dem OLG Düsseldorf ist besonders:
Es wurde keine ordnungsgemäße Erfindungsmeldung an den Arbeitgeber übermittelt, der Arbeitnehmererfinder glaubte, mit einer mündlichen Präsentation in Bezug auf seine Erfindung vor einem Geschäftsführer seine Erfindung gemeldet zu haben.
Dies erkannte das OLG Düsseldorf jedoch nicht an- und folgt damit auch der allgemeinen Entscheidungspraxis der Schiedsstelle sowie der allgemeinen Rechtsprechung. Denn eine Erfindungsmeldung muss als solche klar erkennbar sein und in jedem Fall schriftlich übermittelt werden (dies umfasst auch eine Erfindungsmeldung per E-Mail). Außerdem muss eine Erfindungsmeldung für den Arbeitgeber Informationen zur technischen Lehre der Erfindung enthalten und es müssen die Miterfinder genannt werden – soweit dem Erfinder bekannt; auch die Nennung einer an der Erfindung beteiligten Abteilung kann in Bezug auf die Erfindernennung ausreichen.
Trotz fehlender Erfindungsmeldung kam es dennoch zu einer Patentanmeldung auf die Diensterfindung in diesem Fall. Genauer gesagt kam es dazu, dass ein Geschäftsführer den Diensterfinder damit beauftragte, eine Patentanmeldung einzureichen. Der Erfinder bereitete daraufhin eine Patentanmeldung vor und nannte vor den damit befassten Patentanwälten alle beteiligten Erfinder – nicht aber vor einem der Geschäftsführer, denen gegenüber er jedoch berichtspflichtig war. Die Patentanmeldung wurde von den Patentanwälten beim Patentamt eingereicht.
Entscheidend: Der Erfinder verantwortete die Patentanmeldung
Dass der Geschäftsführer den Kläger zuvor generell damit beauftragt hatte, eine Patentanmeldung einzureichen, sah das Gericht in diesem Fall nicht als nicht relevant an, zumal die Vorbereitung einer Patentanmeldung weder eine fehlende Erfindungsmeldung ersetzt noch eine Inanspruchnahme der Erfindung auslöst. Das Gericht legte seinen Focus darauf, dass nur der Diensterfinder selbst in Kontakt mit den Patentanwälten stand und die tatsächliche Patentanmeldung verantwortete.
Dies ändere die Fallkonstellation gegenüber der grundsätzlichen BGH Vorgabe, demnach durch eine eingereichte Patentanmeldung die Inanspruchnahme einer Diensterfindung beginnt, auch ohne formal richtige Erfindungsmeldung, entschied das OLG Düsseldorf. Der Arbeitgeber habe in diesem Fall nicht zwingend durch die eingereichte Patentanmeldung Kenntnis von der Diensterfindung haben können. Wenn der Erfinder die Patentanmeldung verantwortet, ist zusätzliche Dokumentation erforderlich, urteilte das OLG Düsseldorf, und die fand vorliegend nicht statt.
Berichtpflicht und Empfangsvertreter
In der Regel ist in einem Unternehmen die Berichtpflicht klar geregelt, das war auch in der Fallkonstellation vor dem OLG Düsseldorf so, wurde jedoch vom Arbeitnehmererfinder nicht eingehalten.
Oftmals gibt es eine Patentabteilung, die mit entsprechender Befugnis von der Geschäftsführung ausgestattet ist. In international agierenden Unternehmen kann auch eine Weisung des Mutterkonzerns aus den USA oder aus China bestehen, dass man dort eine Erfindung zu melden hat, auch als deutscher Erfinder in Deutschland. Eine solche Weisung ist rechtmäßig, gemäß Direktionsrecht (§ 106 GewO). Die Patentabteilungen im In- und Ausland gelten in solchen Fällen als Empfangsvertreter (gemäß §§ 167 Abs. 1, 164 Abs. 3 BGB Empfangsvertreterin i.S.v. § 5 Abs. 1 ArbEG).
Fazit
Meldet ein Diensterfinder seine Erfindung zum Patent an, gilt diese Tatsache nicht als Kenntnis des Arbeitgebers, auch nicht, wenn der Arbeitgeber von der Patentanmeldung erfährt. Dies ist schon 2011 vom BGH im Urteil Haftetikett ebenso entschieden worden.
Auch dass eine ordnungsgemäße Erfindungsmeldung immer die Regel sein sollte, und eine schriftliche fehlende Erfindungsmeldung nur ausnahmsweise entbehrlich sein kann, ist bekannt. So entschied die Schiedsstelle (Arb.Erf. 61/10) und betonte darin dies als „absolute Ausnahmefallrechtsprechung“. Diesen Begriff prägte das Urteil des LG München von 2013 (7 O 6031/12 – Spühlbare Mehrschichtfolie) für einen solchen Umstand, und nannte es zudem als „Rechtswohltat“ für den Arbeitnehmererfinder, dass eine fehlende Erfindungsmeldung als Ausnahme entbehrt werden kann.
Soweit folgt das OLG Düsseldorf mit seinem Urteil der bekannten Rechtsprechung.
Und für die Praxis nochmal die Erinnerung: wenn eine Erfindungsmeldung nicht oder nicht ordnungsgemäß vorliegt, und wenn zudem der Diensterfinder selbst die Patentanmeldung verantwortet, kann die fehlende Erfindungsmeldung nur dann als entbehrlich gelten, wenn der Diensterfinder zusätzlich und schriftlich den Arbeitgeber über die erfolgte Patentanmeldung informiert oder der Arbeitgeber seinerseits schriftlich dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf.
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