Die Patentanmeldung einer Arbeitnehmererfindung wird oft mit sofortiger Stellung des Prüfungsantrags vom Arbeitgeber veranlasst, um vor der Offenlegung der Erfindung einen Prüfungsbescheid zu erhalten. Wie ist die Erfindung zu vergüten, wenn aber ein negativer Prüfungsbescheid erfolgt – umso mehr, wenn der Arbeitgeber die daraus resultierende Rückziehung der Patentanmeldung verschweigt?
Es handelt sich um eine gängige Praxis, dass Arbeitgeber die Patentanmeldung (gemäß § 13 Abs. 1 ArbEG) mit sofortiger Stellung des Prüfungsantrags und der Bitte um beschleunigte Behandlung betreiben, um möglichst noch vor Ablauf der 18-Monatsfrist für die Offenlegung der Patentanmeldung einen Prüfungsbescheid zu erhalten. Je nachdem, wie dieser Prüfungsbescheid ausfällt, kann unternehmerisch besser geplant werden, ob sich die Patentanmeldung für das Unternehmen lohnt.
Wenn – wie im vorliegenden Fall – ein negativer Prüfungsbescheid erfolgt, entscheiden Arbeitgeber oft, die Patentanmeldung zurückzuziehen. Dieses Recht steht einem Arbeitgeber durch das ihm im Patentverfahren zustehende Verfügungsrecht zu. Dann allerdings ist zunächst die Regelung des § 16 ArbEG zu beachten. Denn der Arbeitgeber hat seine Entscheidung dem Arbeitnehmer mitzuteilen und ihm auf dessen Verlangen und Kosten die Patentanmeldung zu übertragen und die zur Wahrung der Rechte aus der Patentanmeldung erforderlichen Unterlagen auszuhändigen. Dies gilt solange der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers noch nicht voll erfüllt ist, bis zur vom Patentgesetz ermöglichten Höchstschutzdauer von 20 Jahren. Eine Verletzung des § 16 Abs. 1 ArbEG kann daher einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen.
Nachträglicher Wechsel zum Betriebsgeheimnis – gängige Praxis
Liegt also eine Verletzung des § 16 Abs. 1 ArbEG vor, wenn der Arbeitgeber aufgrund des negativen Prüfungsbescheids die Patentanmeldung zurückzieht, aber dies nicht dem Arbeitserfinder mitteilt? Denn aufgrund der mit der Rücknahme beseitigten rechtlichen Monopolstellung entfallen Ansprüche auf Arbeitnehmererfindervergütung nach § 9 ArbEG, und Ansprüche gemäß § 16 können ja auch nicht geltend gemacht werden.
Häufig ruft der Arbeitgeber an diesem Punkt die Schiedsstelle nach § 17 Abs. 2 ArbEG an und wechselt nachträglich zum Betriebsgeheimnis. Denn die betriebliche Praxis des nachträglichen Wechsels zum Betriebsgeheimnis sieht die Schiedsstelle als zulässig an, weil der Arbeitnehmererfinder bei Anerkenntnis der Schutzfähigkeit seinen Anspruch auf Arbeitnehmererfindervergütung ebenso behält wie bei einem Nichtanerkenntnis – wenn die Schiedsstelle die Schutzfähigkeit im Schiedsstellenverfahren feststellt. Denn jede Inanspruchnahme lässt einen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmererfinders entstehen, ohne dass sich der Arbeitgeber mit Erfolg auf die mangelnde Schutzfähigkeit der Erfindung berufen kann. Erst wenn sich aufgrund einer Entscheidung des DPMA oder eines Gerichts die Schutzunfähigkeit herausstellt, entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers auf seine Erfindung für die Zukunft.
Negativer Prüfungsbescheid – Betriebsgeheimnis gemäß § 17
Um von der Verpflichtung zur Patentanmeldung entbunden zu werden, muss sich ein Arbeitgeber auf das Betriebsgeheimnis gemäß § 17 Abs. 1 und 2 ArbEG berufen. Denn § 17 ArbEG behandelt einen Sonderfall des Nichtweiterverfolgens einer Patentanmeldung und ist vor § 16 Abs. 1 ArbEG zu beachten. Zumal § 17 ArbEG nicht auf das Absehen oder die Aufgabe der Anmeldung abstellt, sondern auf das Nichterwirken eines Schutzrechts. Und in einem solchen Fall kommt § 16 Abs. 1 ArbEG nicht zur Anwendung.
Durch verspätetes und nachträgliches Berufen auf ein Betriebsgeheimnis gemäß §17 vermuten Arbeitnehmererfinder häufig, durch die unterlassene Patentanmeldung sollten nur Vergütungszahlungen vermieden werden. So auch im vorliegenden Fall: der negative Prüfungsbescheid kam vor Ablauf der Frist zur Offenlegung der Erfindung, die Schutzfähigkeit wurde nicht anerkannt – aber es wurde die Pflicht versäumt, die Schiedsstelle entsprechend § 13 Abs. 1 S. 2 ArbEG umgehend anzurufen ( siehe auch Arbeitnehmererfindung ist Betriebsgeheimnis – ist sie wertlos?).
Dieser Verstoß bedeute jedoch nicht, dass der Arbeitgeber die Schutzfähigkeit der technischen Lehre nicht mehr in Abrede stellen könne, stellte die Schiedsstelle klar. Die Antragsgegnerin hatte nach Meinung der Schiedsstelle die Schutzfähigkeit der Diensterfindung hinreichend bestritten, so dass es einer gesonderten Anrufung nach § 17 Abs. 2 ArbEG nicht mehr bedurfte.
Während die Vergütung dem Grunde nach vom Lauf des Patenterteilungsverfahrens unabhängig ist, ist die Vergütung der Höhe nach jedoch entsprechend dem Verlauf des Patenterteilungsverfahrens mit einem Risikoabschlag zu versehen, erläuterte die Schiedsstelle. In der betrieblichen Praxis sei ein Regelrisikoabschlag von 50 % üblich, bei einem negativen Prüfungsbescheid des DPMA sei aber ein Risikoabschlag von mindestens 70 % angemessen, eher noch deutlich höher ( siehe auch Keine Offenlegung der Diensterfindung – Risikoabschlag?).
Die Schiedsstelle empfahl dem Arbeitnehmererfinder, ein ursprüngliches Angebot des Arbeitgebers über einen Pauschalbetrags in Höhe von 11.960,21 € zur Abgeltung aller Ansprüche anzunehmen. Der Arbeitgeber habe in seinem Angebot auch nach der Entscheidung der Schiedsstelle sowohl darauf verzichtet, den Lizenzsatz nach unten zu korrigieren als auch darauf, einen höheren Risikoabschlag geltend zu machen. Das Angebot des Arbeitgebers sei daher entgegenkommend und sehr mitarbeiterfreundlich.
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Quellen:
Schiedsstelle des DPMA – Arb.Erf. 49/11
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