Ein Diensterfinder hat einen geregelten Vergütungsanspruch auf seine Erfindung. Was aber gilt, wenn das DPMA dem Arbeitgeber einen Prüfungsbescheid zur der Patentanmeldung zusendet und der Arbeitgeber ein Risiko in der Weiterverfolgung der Anmeldung sieht? Darf ein Risikoabschlag in die Vergütung eingehen?
Betriebsgeheimnis entbindet den Arbeitgeber von der Anmeldepflicht
Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber verpflichtet, eine ihm gemeldete Diensterfindung zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden und dem Arbeitnehmererfinder eine Vergütung für die Erfindung zu zahlen. Entbunden von der Verpflichtung zur unverzüglichen Anmeldung ist der Arbeitgeber allerdings dann, wenn der Arbeitgeber gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 ArbEG die Diensterfindung unter Beachtung der Voraussetzungen des § 17 ArbEG als Betriebsgeheimnis behandelt.
Soll eine Diensterfindung wegen Geheimhaltung und dafür berechtigte Belange des Betriebs nicht zur Erwirkung eines Schutzrechts angemeldet werden, sind zunächst Verhandlungen des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmererfinder über einen Verzicht nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 ArbEG zu führen. Kommt es zu einem solchen Verzicht, ist auch keine Erklärung zum Betriebsgeheimnis notwendig.
Der Sachverhalt
In einem konkreten Verfahren ging es 2017 vor der Schiedsstelle des DPMA um einen Fall, in dem das DPMA dem Arbeitgeber einen Prüfungsbescheid zur der Patentanmeldung zusendete und der Arbeitgeber darin ein Risiko in der Weiterverfolgung der Anmeldung sah. Der Arbeitgeber nahm daraufhin im Oktober 2010 die Patentanmeldung zurück, um die Offenbarung der erfindungsgemäßen Lehre zu vermeiden. Der Diensterfinder wiederum hatte zugestimmt, die gemeldete Diensterfindung als betriebsgeheim zu behandeln und die Patentanmeldung vor der Offenbarung fallen zu lassen. Arbeitgeber wie auch Diensterfinder sahen ein Risiko, dass Wettbewerber nach Offenlegung der Patentanmeldung ungehindert an vergleichbaren Zusammensetzungen gearbeitet hätten können.
Der Arbeitgeber hatte die erfindungsgemäße Lehre dennoch im eigenen Betrieb genutzt und damit konkrete Umsätze erzielt. Es sei allerdings zu Problemen mit dem erfindungsgemäßen Produkt gekommen. Daraus seien z.B. allein im Jahr 2012 Reklamationskosten in Höhe von 250.000 € entstanden, benannte der Arbeitgeber. Er legte für die Vergütungsberechnung der Erfindung die Umsätze der Jahre 2010 bis 2013, ohne diese um die Reklamationskosten zu bereinigen, und den für weitere 16 Jahre fortgeschriebenen Umsatz des Jahres 2013 zu Grunde, obgleich die Produkte erfahrungsgemäß nicht so langlebig seien. Eine vorfällige Auszahlung der Vergütung als Pauschale anstelle einer jährlichen Auszahlung über die nächsten 16 Jahre rechtfertige eine Abzinsung von 60 %, zudem sei im Hinblick auf den negativen Prüfungsbescheid ein nicht nachzahlbarer Risikoabschlag in Höhe von 80 % vorzunehmen, fand der Arbeitgeber. Damit war der Diensterfinder nicht einverstanden und so wurde der Fall vor der Schiedsstelle des DPMA verhandelt.
Schiedsstelle bestätigt Vergütungsberechnung des Arbeitgebers
Die Schiedsstelle beschrieb den grundsätzlichen Fall, wenn ein Arbeitgeber abhängig vom Verlauf des Patenterteilungsverfahrens die Anmeldung zurücknimmt. Denn dann müsse er entweder die Schutzfähigkeit anerkennen oder diese bestreiten und deshalb die Schiedsstelle nach § 17 Abs. 2 ArbEG anrufen. Das sei aber im vorliegenden Fall nicht geschehen. Auch habe sich die Antragsgegnerin nicht dezidiert auf die fehlende Schutzfähigkeit der Diensterfindung berufen.
Die Vergütungsberechnung des Arbeitgebers bewertete die Schiedsstelle jedoch als „wohlwollend gegenüber dem Antragsteller“, da Reklamationskosten unberücksichtigt blieben und weil einem Diensterfinder nach Beendigung der Benutzung der Erfindung kein Erfindungswert mehr zukommt – dies aber sei aufgrund des kurzen Produktzyklus wahrscheinlich der Fall gewesen.
Abzugsfaktoren von der Schiedsstelle abgelehnt
Einwände gegen das Vorgehen des Arbeitgebers hatte die Schiedsstelle aber in den vorgetragenen Abzugsfaktoren. Die Schiedsstelle erachte weder eine Abzinsung aufgrund der Pauschalzahlung noch den Ansatz eines Risikoabschlags mit der Maßgabe der Angemessenheit der Vergütung nach § 9 Abs. 1 ArbEG als vereinbar.
Zur Abzinsung merkte die Schiedsstelle an, dass sich der Arbeitnehmer nicht auf eine Pauschalvergütung einlassen müsse. Darüber hinaus habe ein Arbeitgeber viele Vorteile – bei einer Pauschalvergütung spare er nicht nur Kosten in erheblichem Umfang ein, sondern entledige sich in den Grenzen des § 12 Abs. 6 ArbEG auch etwaiger erhöhter Vergütungsansprüche bei steigenden Umsätzen. Daher stünden die aufgezeigten Vorteile einer Pauschalvergütung für den Arbeitgeber einer Abzinsung entgegen.
Auch einen möglichen Risikoabschlag lehnte die Schiedsstelle deutlich ab. Bei der Bemessung der Vergütung für ein als Betriebsgeheimnis behandelte Erfindung seien die wirtschaftlichen Nachteile zu berücksichtigen, die sich für den Arbeitnehmer daraus ergeben, dass auf die Diensterfindung kein Schutzrecht erteilt worden ist (§ 17 Abs. 3 ArbEG). Damit wäre sei es unvereinbar, bei einer betriebsgeheimen Erfindung bei der Vergütung einen Risikoabschlag in Ansatz zu bringen.
Außerdem knüpfe die vorläufige Vergütung und damit der Risikoabschlag daran an, dass der Ausschlusswert eines nur angemeldeten Schutzrechts deutlich geringer als der eines erteilten Schutzrechts ist. Der Ausschlusswert einer betriebsgeheimen Erfindung sei zumindest mit einer Patenterteilung gleichzusetzen, denn sonst gebe es keinen Anlass, eine Erfindung als betriebsgeheim zu behandeln.
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