Ist eine Diensterfindung nur ein Teil des gesamten Produkts, mit dem der Betrieb Umsatzgeschäfte macht, muss der Erfindungswert durch Hochrechnung ermittelt werden. Mit einem Hochrechnungsfaktor kann vom Einkaufspreis auf einen fiktiven Umsatz geschlossen werden für die Berechnung der Vergütung nach der Lizenzanalogie.
Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmererfinder gemäß § 9 Abs. 1 ArbEG dem Grunde nach einen Vergütungsanspruch, da der Arbeitgeber die Rechte – für allem das Monopolrecht nach § 6 PatG – an der Diensterfindung nach den §§ 6, 7 ArbEG durch Inanspruchnahme erworben hat. Wenn möglich, wird dieser Vergütungsanspruch mit der sogenannten Lizenzanalogie ermittelt. Dies gilt auch, wenn die Diensterfindung zu Kosteneinsparungen im Betrieb führt.
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Ist aber die Diensterfindung nur ein Teil des gesamten Produkts, mit dem der Betrieb Umsatzgeschäfte macht, muss der Erfindungswert durch Hochrechnung der Herstellungskosten und des Einkaufspreises ermittelt werden. Vom Einkaufspreis kann dabei auf einen fiktiven Nettoverkaufspreis geschlossen werden. Denn da in Lizenzverträgen üblicherweise Nettoverkaufspreise und nicht Einkaufspreise als Bezugsgröße dienen, muss der Einkaufspreis auf einen sachgerechten Verkaufspreis mit einem Hochrechnungsfaktor berechnet werden.
Hochrechnungsfaktor auf Einkaufspreis
Eine auffällig hohe Preisdifferenz zwischen den ursprünglich verwendeten Bauteilen und den erfindungsgemäßen Bauteilen ist dabei dem Faktor zu berücksichtigen, mit dem die Hochrechnung auf den Nettoverkaufspreis erfolgt, erläuterte die Schiedsstelle des DPMA in einer Entscheidung zur Vergütung einer Diensterfindung und zum Hochrechnungsfaktor vom Einkaufpreis auf fiktiven Umsatz.
Der Sachverhalt
Im vorliegenden Fall lag der ursprüngliche Einkaufspreis beim 20fachen des Einkaufspreises bei Einsatz der Diensterfindung. Dadurch konnte der Betrieb den Gewinn optimieren und zudem durch erhebliche Rabatte auf das Endprodukt dem Konkurrenzdruck besser standhalten. Der Arbeitgeber hatte den Erfindungswert dazu auf Basis der Lizenzanalogie ermittelt. Dies ist in den meisten Fällen zur Vergütung einer Diensterfindung die beste Wahl. Lizenzanalogie ist im Übrigen auch dann die beste Berechnungsmethode, wenn die Diensterfindung zu erheblichen Kosteneinsparungen führt, stellte die Schiedsstelle klar.
Im Detail hatte der Arbeitgeber als Bezugsgröße die verbauten Einrichtungen herangezogen und zur Ermittlung des erfindungsgemäßen Gesamtumsatzes einen Einkaufspreis von 0,14 € pro Einrichtung veranschlagt, der mit dem Hochrechnungsfaktor 1,3 berechnet wurde. Weiterhin wurde ein der Abstaffelung nach RL Nr. 11 unterliegender Lizenzsatz von 1,2 % angesetzt. Beim Anteilsfaktor ging der Arbeitgeber von 15 % (a=3, b=1 und c=4) aus.
Der Antragsteller war damit nicht einverstanden und machte die auffällig hohe Ersparnis geltend von 2,69 € pro Einrichtung (vor Einführung der erfindungsgemäßen Lösung lag der zu einem Einkaufspreis bei 2,83 € pro Einrichtung). Darüber hinaus habe es weitere interne Ersparnisse bei der Montage gegeben. Beim Anteilsfaktor ging er von 18 % (a=3, b=4, c=2) aus.
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Lizenzanalogie für genaueste Schätzung des Erfindungswerts
Die Schiedsstelle wies zunächst auf den Grundgedanken der Vergütung einer Diensterfindung hin. Bei einer Lizenzierung oder einem Verkauf einer Diensterfindung zeigen die Höhe der Lizenzgebühren bzw. der Kaufpreis auf, welchen Wert der Monopolschutz für den Arbeitgeber hat, erläuterte die Schiedsstelle. Bei der hier gegebenen Eigennutzung einer Diensterfindung erhalte der Arbeitgeber aber keine derartigen Zahlungen. Vielmehr habe der Arbeitgeber durch die tatsächliche Benutzung der Diensterfindung vom Monopolschutz abhängige geldwerte Vorteile und die gelte es zu ermitteln.
Dafür kommen im Prinzip gemäß § 11 ArbEG i.V.m. RL Nr. 3 drei verschiedene Methoden in Betracht: die Methode der Lizenzanalogie, die Ermittlung nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen oder eine freie Schätzung.
Die Lizenzanalogie führt nach ständiger Schiedsstellenpraxis und ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur genauesten Schätzung des Erfindungswerts, daher ist die Lizenzanalogie anzuwenden, wenn das möglich ist – auch bei Kostenersparnis eines Unternehmens. Wird eine Erfindung in am Markt vertriebenen Produkten eingesetzt, dienen dabei regelmäßig erfindungsbezogene Nettoumsätze und ein marktüblicher Lizenzsatz als Bezugspunkte für einen Lizenzvertrag, führte die Schiedsstelle aus. Daher könne durch die fiktive Nachbildung eines solchen zwischen einem Unternehmen und einem freien Erfinder gedachten vernünftigen Lizenzvertrags (Lizenzanalogie) am besten der Marktpreis ermittelt werden.
Fiktive Nachbildung eines Lizenzvertrags
Für den vorliegenden Fall bedeute das, dass nicht einfach ein Vorher-Nachher-Vergleich hinsichtlich der Einkaufs- und Montagepreise angestellt werden dürfe wie vom Arbeitnehmererfinder angenommen. Zunächst müsse vielmehr überlegt werden, wie die Situation wäre, wäre der allgemeine Stand der Technik verwirklicht gewesen. Darauf aufbauend müsse gemessen werden, inwieweit der Einsatz der Diensterfindung zu einer weiteren Verbesserung führt.
Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, bei der fiktiven Nachbildung eines Lizenzvertrags für die streitgegenständliche Erfindung von einem der Abstaffelung nach RL Nr. 11 ArbEG unterliegenden Lizenzsatz von 1,2 % auszugehen, erläuterte die Schiedsstelle und bestätigte damit diesen Teil des Vorgehens des Arbeitgebers.
Hochrechnungsfaktor muss die Preisdifferenz abbilden
Der vom Arbeitgeber vorgesehene Hochrechnungsfaktor von 1,3 auf die Verkaufspreise sei jedoch nicht angemessen. Denn die Preisdifferenz durch Einsatz der Diensterfindung war auffällig hoch mit dem 20fachen Einkaufspreis vor Einsatz der Diensterfindung. Die Schiedsstelle hielt es daher für es für sachgerecht, von einem Hochrechnungsfaktor von 10 auszugehen, um vom Einkaufspreis auf einen fiktiven Nettoverkaufspreis hochzurechnen.
Anteilsfaktor niedriger als vom Arbeitnehmererfinder gedacht
Den Anteilsfaktor habe Arbeitgeber jedoch richtig angesetzt. Die Lösung der Aufgabe (Wertzahl „b“) setzt sich aus drei Teilmerkmalen zusammen und berücksichtigt, inwieweit beruflich übliche Überlegungen, betriebliche Kenntnisse und vom Betrieb gestellte Mittel oder auch Personal zur Lösung geführt haben. Da der Erfinder im vorliegenden Fall Ingenieur und Konstrukteur ist, habe er die erfindungsgemäße Lösung mit Hilfe der durch Ausbildung und Erfahrungswissen vorhandenen Kenntnisse gefunden, führte die Schiedsstelle aus. Zweifellos hatte er auch Zugriffe auf den internen Stand der Technik. Außerdem konnte er zur Herstellung von Prototypen auf die Zulieferfirma zugreifen. Maßgeblich sei, dass ein externer Erfinder diese beiden Vorteile nicht gehabt hätte, und dass diese auch vom Arbeitgeber finanziert worden sind. Die Schiedsstelle ging deshalb davon aus, dass alle drei Teilmerkmale erfüllt sind, was zur Wertzahl „b = 1“ führt.
Für einen Entwicklungsingenieur ohne Führungsfunktion sei zudem die Wertzahl „c = 4“ sachgerecht. Somit ergebe sich aus den Wertzahlen „a = 3“ + „b = 1“ + „c = 4“ ein Anteilsfaktor von 15 %. Dies entspricht dem Ansatz des Arbeitgebers.
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Quelle:
Entscheidung DPMA „Lizenzanalogie und Hochrechnungsfaktor“ Arb.Erf. 44/17
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