Die Vergütung einer Diensterfindung ist oftmals ein Streitpunkt, und dies insbesondere, wenn die Erfindung in einer betriebsinternen Maschine genutzt wird. Kann in so einem Fall eine Zukunftsprognose gemäß einem betriebsinternen „Scoring Sheet“ für die angewandt werden, um den Erfindungswert zu bestimmen?
Diese interessante Fallkonstellation wurde vor der Schiedsstelle (Arb.Erf. 13/17) verhandelt, die bei dieser Gelegenheit klare Vorgaben in Bezug auf die Berücksichtigung eines betriebsinternen Scoring Sheets machte – und zur der Bestimmung des Erfindungswerts.
Der Sachverhalt
Der Arbeitgeber verkauft Maschinen, die mit der erfindungsgemäßen Steuerung ausgestattet sind. Für die Vergütung gegenüber den angestellten Erfindern ermittelte er den Erfindungswert als den vollen Nettoumsatz mit erfindungsgemäß ausgerüsteten Maschinen und einen der Abstaffelung unterliegenden Lizenzsatz von 1,5 %. Da er darüber hinaus Umsätze aus Lohnfertigung durch die Diensterfindung erzielte, legte er einen fiktiven Maschinenverkauf mit einem Preis von 160.000 € zugrunde und wandte ebenfalls einen Lizenzsatz von 1,5 % an.
Die Erfinder forderten eine deutlich höhere Vergütung und stützen sich auf ein „Scoring Sheet“ aus dem Jahr 2015, in dem die Wertigkeit der Erfindung als sehr hoch eingeschätzt worden sei. Die Vergütung solle für den gesamten Nutzungszeitraum (vergangene, laufende und zukünftige Nutzung) als Gesamtabfindung ausgezahlt werden, trugen die Erfinder vor der Schiedsstelle vor.
Kleiner Exkurs in die Vergütung einer Diensterfindung
Wird eine Arbeitnehmererfindung dem Arbeitgeber als Erfindung gemeldet (und diese auch richtig gemeldet!), greift das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnEG). Sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung in Anspruch nimmt, liegen alle Rechte an dieser Diensterfindung gemäß § 7 ArbnEG bei dem Arbeitgeber. Im Gegenzug ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Diensterfindung sehr zeitnah als Patent anzumelden und auch eine angemessene Vergütung an den bzw. die Erfinder zu zahlen – wenn der Arbeitgeber von der Erfindung wirtschaftlich profitiert. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit einer Diensterfindung wird daher als Erfindungswert bezeichnet. Dieser soll bestmöglich ermittelt werden, und das ist immer wieder Streitpunkt bei Diensterfindungen.
Erfindungswert und wirtschaftliche Verwertbarkeit
Auch die Schiedsstelle äußerte sich grundsätzlich zu dem Thema Erfindungswert. Die Weitläufigkeit der Begrifflichkeit „wirtschaftliche Verwertbarkeit“ verleite in Bezug auf den Erfindungswert mitunter zu Fehlinterpretationen, führte die Schiedsstelle aus, und dies sei auch vorliegend der Fall. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit bedeute jedoch keineswegs, dass die Bestimmung des theoretischen Potentials einer Erfindung die Höhe der Vergütung bestimme, machte die Schiedsstelle deutlich.
Denn tatsächlich ergibt sich der Erfindungswert aus den Vorteilen, die dem Arbeitgeber durch die tatsächlich realisierte Verwertung der Diensterfindung zufließen. Die Schiedsstelle nannte in diesem Zusammenhang Verkauf, Lizenzierung und / oder Eigennutzung durch den Arbeitgeber. Lesen Sie in diesem Kontext auch gerne unseren Beitrag: Diensterfindung- Vergütung nach Gewinn?.
Dem Arbeitgeber, der eine Diensterfindung im eigenen Betrieb benutzt, fließe deshalb das zu, den er einem freien Erfinder für die Nutzung der technischen Lehre aufgrund der Tatsache, dass sie monopolgeschützt ist, zahlen müsste, erläuterte die Schiedsstelle. Üblicherweise werden freie Erfindungen im Wege der Lizenzerteilung verwertet, daher könne auch im vorliegenden Fall nach Lizenzanalogie der Marktpreis fiktiv ermittelt werden. Der von dem Arbeitgeber berücksichtigte Lizenzsatz von 1,5 % bewege sich diesbezüglich im Lizenzsatzrahmen, denn für Einzelerfindungen im Gerätebau seien Mittelwerte von 1,5 % – 2,5 % bekannt, entschied die Schiedsstelle.
Zukunftsprognosen sind eine realisierten Vorteile
Ein mit Zukunftsprognosen arbeitendes betriebsinternes „Scoring Sheet“ dagegen sei ungeeignet, tatsächlich realisierte Vorteile durch die Diensterfindung zu quantifizieren, urteilte die Schiedsstelle. Die Erfinder forderten also vergeblich die Berücksichtigung gemäß dem betriebsinternen „Scoring Sheet“ in ihrer Vergütung. Ebenso wenig konnten sie sich mit ihrer Forderung nach einer pauschalen Abgeltung der Erfindungsvergütung auf Grundlage des „Scoring Sheets“ durchsetzen. Dazu sei der Arbeitgeber nicht verpflichtet, stellte die Schiedsstelle fest.
Dem stehe auch der Festsetzungsanspruch des § 12 Abs. 3 ArbEG nicht entgegen, ergänzte die Schiedsstelle. Zum einen setzt dieser ein bereits erteiltes Patent voraus, woran es im vorliegenden Fall aber bislang fehlte. Zum anderen setzt er aber auch das Bestehen eines Vergütungsanspruchs der Höhe nach voraus.
Preis für fiktiven Maschinenverkauf kann konkret geschätzt werden
In Bezug auf den von dem Arbeitgeber angenommen Preis eines fiktiven Maschinenverkaufs allerdings forderte die Schiedsstelle wiederum vom Arbeitgeber, von seinen Vorstellungen abzusehen. Man könne vorliegend im Wege der Schätzung des Erfindungswerts auf die von der Antragsgegnerin konkret getätigten Investitionen abstellen, d.h. den mitgeteilten Preis der genutzten Maschine in konkreter Höhe, empfahl die Schiedsstelle.
Letztlich empfahl die Schiedsstelle beiden Parteien, den Einigungsvorschlag anzunehmen- der beiden Seiten ein Nachgeben in ihren Positionen abverlangte. Denn die Schiedsstelle trägt die Aufgabe zur Schlichtung und der Vermeidung von Gerichtsverfahren, die oftmals unwirtschaftlich sein können.
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Quellen:
Entscheidung der Schiedsstelle Arb.Erf. 13/17
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