Verwirkung und Verjährung in Bezug auf eine Diensterfindung werden oft gleichzeitig genannt. Mehr noch als bei der Verjährung ist bei der Verwirkung von Ansprüchen aus einer Diensterfindung das Verhalten des eigentlich Anspruchsberechtigten von Bedeutung. Gibt es Verwirkung durch längeres Nichtstun?
Verwirkung und Verjährung von Ansprüchen aus einer Diensterfindung werden oft in einem Atemzug genannt. Das ist nicht verwunderlich, denn in beiden Fällen können eigentlich Anspruchsberechtigte ihre Rechte nicht mehr geltend machen.
Verjährung in Bezug auf Diensterfindung
Über die Verjährung bei einer Diensterfindung haben wir schon mehrmals berichtet; sie beträgt 3 Jahre für alle Ansprüche auf Vergütung von dem Moment an, wenn der Erfinder „Kenntnis“ davon hat, dass er einen Anspruch aus der Diensterfindung hat (in der Regel also das Wissen, dass die erfindungsgemäße Lösung verwirklicht worden und / oder im Unternehmen in Anspruch genommen wurde).
Nur wenn ein Diensterfinder keinerlei Kenntnis hat von anspruchsbegründenden Umständen – auch keine von ihm „grob fahrlässig“ verursachte Unkenntnis -, dann beträgt die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Vergütung 10 Jahre gemäß § 199 BGB.
Die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Schadensersatz aus einer Diensterfindung schließlich beträgt immer 10 Jahre, setzt aber voraus, dass ein Vergütungsanspruch gestellt wurde.
Verwirkung von Ansprüchen aus einer Diensterfindung
Grundsätzlich entsteht eine Verwirkung durch widersprüchliches Verhalten bei der Verfolgung eines Anspruchs. Es handelt sich dabei um einen Tatbestand und eine unzulässige Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens i.S.v. § 242 BGB (Treu und Glauben). In der Folge daraus gilt der Anspruch als vernichtet.
Eine Verwirkung setzt zweierlei voraus:
- dass ein Anspruch über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist (Zeitmoment)
- dass das gesamte Verhalten des Anspruchsberechtigten so wirkt, als wolle er seinen Anspruch auch in Zukunft nicht geltend machen (Umstandsmoment)
Gerade dieses Umstandsmoment ist natürlich in der Praxis gerne ein Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Diensterfinder. Nicht jeder ist über seine Rechte und Pflichten aus dem Arbeitnehmererfindergesetz gut informiert, insbesondere über die Fristen zur Meldung einer Diensterfindung und der Pflicht zur entsprechenden Antwort für den Arbeitgeber.
Doch wann ist eine Verspätung eine illoyale Verspätung des Rechtsanspruchs, die eine Verwirkung auslöst?
Konkreter Fall: Arbeitgeber lehnte Anspruch aus Erfindung ab
Vor der Schiedsstelle wurde konkret zu dieser Frage ein Fall verhandelt, in dem der Diensterfinder seine Erfindung ordnungsgemäß meldete, der Arbeitgeber ihm jedoch mitteilte, dass er keinen Anspruch aus der Erfindung habe.
Hintergrund zu diesem Fall war die Tatsache, dass die Diensterfindung Teil einer Weiterentwicklung einer anderen Diensterfindung war und der Arbeitgeber daher überhaupt keine Vergütungspflicht für diese Weiterentwicklung sah (dies stellte sich vor der Schiedsstelle jedoch als nicht richtig heraus).
Nachdem der Arbeitgeber mitteilte, dass er keinen Anspruch aus der Diensterfindung habe, unternahm der Diensterfinder zunächst einmal länger nichts. Erst sieben Jahre später rief er die Schiedsstelle in diesem Fall an.
War zu diesem Zeitpunkt nicht längst jeder Anspruch verjährt? Und kam es nicht sowieso zur Verwirkung der Ansprüche durch das lange Nichtstun?
Verjährung ja – aber gehemmt mit Anrufung der Schiedsstelle
Die Schiedsstelle bejahte die Verjährung, verneinte jedoch die Verwirkung.
Indem der Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung im Jahr 2010 ablehnte, habe der Diensterfinder auf jeden Fall Kenntnis von grundsätzlich anspruchsbegründenden Umständen gehabt, erklärte die Schiedsstelle; von diesem Zeitpunkt an griff die 3-jährige Verjährung. Nicht verjährt seien jedoch Umsätze ab den Geschäftsjahren ab 2013 bis heute, führte die Schiedsstelle aus. Denn die Anrufung der Schiedsstelle im Jahr 2017 hat die Verjährung (§§ 203, 209 BGB) in entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt.
Keine Verwirkung durch längeres Nichtstun
Die Schiedsstelle erkannte keine Verwirkung durch das längere Nichtstun nach Anspruchsablehnung durch den Arbeitgeber. Es seien strenge Anforderungen an eine Verwirkung, es handele sich dabei um einen Ausnahmetatbestand, erläuterte die Schiedsstelle. Das gelte ganz besonders in Bezug auf die kurze dreijährige Verjährungsfrist. Denn grundsätzlich steht es jedem Anspruchsberechtigten frei, innerhalb von Verjährungsfristen seinen Anspruch gelten machen können, und zwar jederzeit in diesem Zeitraum.
Eine Verwirkung wäre nur anzunehmen gewesen, wenn sich die Arbeitgeberin aufgrund des Erfinder Verhaltens ohne jede Unwägbarkeit darauf verlassen können musste, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Dafür kann es jedoch niemals ausreichen, auf ein längeres Nichtstun innerhalb der Fristen zu verweisen, machte die Schiedsstelle deutlich.
De facto bedeutet dass, dass eine Verwirkung eines Vergütungsanspruch so gut wie nie innerhalb der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist eintreten kann.
Weitere Fragen in Bezug auf eine Diensterfindung?
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Quellen:
Bild:
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