Eine geschlossene Vergütungsvereinbarung für eine Diensterfindung muss grundsätzlich von beiden Seiten eingehalten werden. Allerdings ist die Anfechtung einer Vergütungsvereinbarung möglich. Welche Anforderungen muss sie erfüllen, um wirksam zu sein?
Eine Vergütungsvereinbarung für eine Diensterfindung ist rechtlich an den Grundsatz der Vertragstreue gebunden („pacta sunt servanda“) – sie muss also von beiden Seiten eingehalten werden. Eine Vergütungsfestsetzung gilt dann als geschlossene Vergütungsvereinbarung, wenn der Arbeitnehmererfinder einer Vergütungsfestsetzung durch den Arbeitgeber nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Monaten widerspricht.
Dennoch gibt es gute Gründe für Diensterfinder, die getroffene Vergütungsvereinbarung später ändern oder neu verhandeln zu wollen, sei es, weil der Unternehmensgewinn durch die Diensterfindung deutlich höher auszufallen scheint als zunächst angenommen, oder sei es, weil man sich von Anfang an als unangemessen gering entlohnt gesehen hat, aber erst später volle Klarheit über seine Rechte erlangt hat.
Welche Möglichkeiten hat man in so einem Fall?
Grundsätzlich kann man über eine geschlossene Vergütungsvereinbarung natürlich direkt mit dem Arbeitgeber verhandeln, dies sollte auch immer der erste Schritt sein. Ist dies jedoch vergeblich, gibt es auch die Möglichkeit, eine geschlossene Vergütungsvereinbarung anzufechten.
Anfechtung einer Vergütungsvereinbarung wegen Irrtums
Eine Anfechtung kann geltend gemacht werden wegen Irrtums gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 119, 121, 143 BGB). Denn wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten – wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Wie so oft in rechtlichen Angelegenheiten, liegt die Schwierigkeit auch bei einer Anfechtung wegen Irrtums sowohl im Nachweis als auch in der rechtlich gültigen Erklärung.
Anfechtungserklärung in Bezug auf Vergütung
Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Anfechtungserklärung gerichtet sein, die gegenüber dem Anfechtungsgegner abgegeben werden muss (gemäß § 143 BGB). Dafür reicht es aber keinesfalls aus, gegenüber der Schiedsstelle zu erklären, dass die Vereinbarung wegen eines Irrtums nichtig sei.
Denn eine wirksame Anfechtungserklärung muss mehreren Anforderungen entsprechen.
Zum einen muss sie unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Anfechtungsgrund abgegeben werden (siehe § 121 BGB). Wenn also ein Diensterfinder in einem Schlichtungsverfahren vor der Schiedsstelle des DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt) beispielsweise einen aus seiner Sicht zu niedrigen Anteilsfaktor vorbringt, kann er sich nicht erst 9 Monate später auf einen Erklärungsirrtums hinsichtlich des Anteilsfaktors im Rahmen einer Anfechtung der Vergütungsvereinbarung berufen.
Außerdem muss ein Irrtum auch mehr sein als eine einzelne Zahl, die in die Vergütungsberechnung eingeht. Denn die mathematische Bedeutung einer Zahl oder Prozentzahl (wie beim Anteilsfaktor) innerhalb der Vergütungsvereinbarung kann nicht als unklar gelten.
Von einem Inhaltsirrtum ist nach Rechtsprechung der Schiedsstelle vielmehr dann auszugehen, wenn der Erklärende zwar die Erklärung ihrer äußeren Gestalt nach abgeben wollte, sich aber über deren inhaltliche Tragweite irrte, so dass er sie bei verständiger Würdigung nicht abgegeben hätte.
Anfechtung einer Vergütungsvereinbarung wegen Unbilligkeit
Sind die Zahlen in der Vergütungsvereinbarung allerdings grundsätzlich in anderen Größenordnungen gesetzt als dies nach Ansicht des Diensterfinders sein sollte, ist auch eine Anfechtung einer Vergütungsvereinbarung wegen Unbilligkeit möglich. Gemäß § 23 ArbEG kann geltend gemacht werden, dass eine Vergütungsvereinbarung unbillig ist, also in hohem Maße nicht angemessen.
Dies allerdings unterliegt hohen Anforderungen:
Zum einen muss Unbilligkeit spätestens bis zum Ablauf von 6 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben werden, und zwar schriftlich.
Nach Entscheidungspraxis der Schiedsstelle gilt eine Vergütungsvereinbarung nur dann als unbillig
- wenn die Vergütungsberechnung von Anfang an unzutreffend war
- wenn die Vergütung in etwa vierfach zu hoch oder zu niedrig angesetzt ist gemessen an § 9 Abs. 1 ArbEG
- wenn der tatsächliche Nutzungsumfang etwa dreimal so hoch ist wie die prognostizierte Nutzung.
Anpassungsanspruch nach § 12 Abs. 6 ArbEG
Darum sollte vor einer Anfechtung wegen Unbilligkeit auch überprüft werden, ob nicht vielleicht ein Anpassungsanspruch in Bezug auf die Vergütungsvereinbarung besteht. Denn gemäß § 12 Abs. 6 ArbEG können Arbeitgeber und Arbeitnehmer voneinander die Einwilligung in eine andere Regelung der Vergütung verlangen, wenn sich Umstände „wesentlich“ ändern. Was also heißt „wesentliche Änderung“ in der Praxis?
Als übliche Gründe für Anpassungen der Vergütungsvereinbarung gelten nach Schiedspraxis nur
- sehr deutliche Umsatzsteigerungen
- Beginn einer Serienproduktion
- ein fehlgeschlagenes Folgeprodukt
- oder die baldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Weitere Fragen in Bezug auf eine Diensterfindung?
Unsere Anwälte verfügten über langjährige Expertise im Patentrecht und Arbeitnehmererfinderrecht und sind berechtigt, Sie vor jedem Amt und Gericht in Deutschland wie auch international zu vertreten.
Gerne weisen wir an dieser Stelle auch auf die Verjährungsfristen im Arbeitnehmererfinderrecht hin.
Nehmen Sie bei Interesse gerne Kontakt auf.
Quellen:
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