Das U. S. Bundesberufungsgericht hat entschieden, dass die Nutzung der 37 Java-API-Pakete von Oracle durch Google nicht unter den sogenannten Fair Use fallen. Das Urteil ist für moderne Softwareentwicklung von größter Wichtigkeit. Und es zeigt: die USA und die EU driften in dieser Frage auseinander.
Oracle gegen Google – ein jahrelanger Rechtsstreit
Der jahrelange Rechtsstreit zwischen Oracle und Google um die Nutzung von Oracles Java-Schnittstellen durch Google im Android-Betriebssystem hat damit eine neue Wendung genommen. Denn der Fall liegt dem Gericht bereits zum zweiten Mal vor. Nach einem ersten Urteil im Jahr 2012 sowie der Nichtannahmeentscheidung des höchsten US-amerikanischen Bundesgerichts aus dem Jahr 2015 wurde das Verfahren Oracle gegen Google erneut vorgelegt, dieses Mal unter dem Aspekt: Das Gericht sollte nun entscheiden, ob es sich bei der Nutzung der Java-Schnittstellen durch Google im Android-Betriebssystem um Fair Use handelte.
Fair Use im U.S. Copyright Act
Nach dem US Copyright Act sind vier Faktoren für Fair Use von zentraler Bedeutung:
- Zweck und Art der Nutzung des neuen Werks
Ist das das neue Werk transformativ? Das ist die entscheidende Frage zum ersten Faktor von Fair Use. Dafür spricht, dass Google zu den 37 übernommenen Paketen 168 eigene API-Pakete entwickelt und die Umgebung an mobile Anforderungen angepasst hat. Außerdem gilt: Ein nicht kommerzieller Einsatz für Wissenschafts- oder Bildungszwecke fällt normalerweise unter Fair-Use, eine kommerzielle Nutzung spricht tendentiell gegen Fair Use. - Art des Ursprungswerks und Form der Übernahme
Werden Teile rein funktioneller Werke übernommen, liegt eher Fair Use vor als bei der Übernahme aus kreativen Werken. Für Google spricht, dass es sich bei Java um ein funktionelles Werk handelt. Oracle kann sich jedoch darauf berufen, dass Java bereits vor den Modifikationen von Google in mobilen Umgebungen genutzt wurde und eine für mobile Anforderungen angepasste Version existierte. - Höhe und Wesentlichkeit des verwendeten Anteils
Wenn große Teile oder Elemente von zentraler Bedeutung eines Werkes übernommen werden, spricht das tendentiell gegen eine durch Fair Use gerechtfertigte Nutzung. Unter diesem Aspekt hat Google lediglich einen Teil von Java übernommen: Google nutzte 37 von 209 Pakete einer Programmierschnittstelle (API), die nur einen Teil von Java ausmacht. Für Oracle spricht aber, dass gerade die Elemente der API von Google übernommen wurden, die von zentraler Bedeutung sind und auch einen besonderen Wiedererkennungswert haben. - Auswirkungen auf die Verwertung
Wenn das neue Werk das Ursprungswerk auf dem Markt ersetzt, bedroht oder es anderweitig den Markt für das Ursprungswerk beeinträchtigt, kurz wenn es wirtschaftlichen Schaden für das Ursprungswerk bedeutet, ist eine Fair Use Nutzung nahezu ausgeschlossen. Auch dieser Aspekt ist nicht leicht in diesem Fall zu beantworten. Denn Oracle setzte die Java SE nur auf Desktop-Computer und Laptops ein- nicht aber auf marktrelevanten Mobilgeräten. Es blieben dennoch mögliche entgangene Lizenzeinnahmen zu berücksichtigen. Tatsächlich kam es wohl zu Lizenzverhandlungen zwischen Oracle und Google, aber allein die Tatsache, dass Google mit Oracle über einen Lizenzvertrag verhandelt hat, reiche nicht aus, um die Existenz von potenziellen Märkten zu beweisen, entschied das Berufungsgericht.
Google nutzt zwar die Dalvik-VM von Android für kommerzielle Zwecke. Allerdings steht der Quellcode von Dalvik unter einer nichtkommerziellen Lizenz (Apache 2.0).
Das Urteil 2018
Das U. S. Bundesberufungsgericht hat entschieden, dass die Nutzung der 37 Java-API-Pakete von Oracle durch Google nicht unter den sogenannten Fair Use fallen. Dies bedeutet einen Rückschlag für freie und Open Source Software, weil es in den USA fortan schwieriger werden dürfte, quelloffen und kostenfrei Schnittstellenmodifikationen durchzuführen.
EuGH fördert europäischen Wettbewerb zwischen Softwarelösungen
In Europa setzte in ähnlicher Weise – aber mit ganz anderer Tendenz – 2012 der Fall SAS Institute Inc. gegen World Programming Ltd Maßstäbe. Der EuGH entschied, dass Funktionalität, Programmiersprache und Datenformat nicht Ausdrucksform eines Programms und damit gem. Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 91/250/EWG nicht durch das Urheberrecht für Computerprogramme geschützt sind. Vielmehr ist es erlaubt, ein Computerprogramm ohne besondere Erlaubnis zu beobachten, untersuchen und testen – auch mit Ausführung des Programms. Eine Einschränkung gibt es allerdings: Ausschließlichkeitsrechte des Urheberrechtsinhabers dürfen nicht verletzt werden.
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Quelle:
EU Richtlinie 91/250/EWG über den Schutz von Computerprogrammen
Law Justitia: Oracle America, Inc. v. Google, Inc., No. 17-1118 (Fed. Cir. 2018)
Curia Europe: SAS Institute Inc. gegen World Programming Ltd
Bild:
markusspiske / pixabay.com / CC0 License
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