Bereits seit Jahren sind Softwarepatente ein durchaus kontroverses Thema. Oft hört man, dass man in Deutschland überhaupt kein Patent auf Software erhalten könne. Wir erklären, was es im Detail damit auf sich hat.
Warum es in Deutschland schwierig ist, eine Software zum Patent anzumelden
In der Tat ist es so, dass nach dem Gesetzeswortlaut Programme für Software (wörtlich für „Datenverarbeitungsanlagen“) vom Patentschutz ausgeschlossen sind. Dieses Verbot einer Patentierung trifft übrigens nicht nur Software, sondern unter anderem auch Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, Spiele und geschäftliche Tätigkeiten. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass rein gedankliche Verfahren, beispielsweise mathematische Berechnungsformeln, einem Patentschutz zugänglich sind. Ein Computerprogramm kann man streng genommen dem Feld der angewandten Mathematik zurechnen. Das macht es nachvollziehbar, dass auch hierfür ein gesetzliches Patentierungsverbot bestehen soll.
Software „als solche„: nichtssagende Worte, große Wirkung
Trotzdem werden aber durchaus Patente erteilt, bei denen es um Computerprogramme geht. Wie ist das möglich? Die Antwort auf diese Frage liegt darin, dass Software nicht generell vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Ausgeschlossen ist nach dem Gesetz lediglich Software als solche. Betrachtet man ein Programm für sich genommen, so ist dieses als nicht technisch zu beurteilen. Zunächst muss geklärt werden, was damit überhaupt gemeint ist. Nach allgemeiner Rechtssprechung ist als technisch zu beurteilen eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs, der ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestätigkeit die unmittelbare Folge des Einsatzes beherrschbarer Naturkräfte ist. (BGH GRUR 1969, 672 ). Legt man diese Definition zugrunde, so kann man zu dem Schluss kommen, dass eine Erfindung dann technisch ist, wenn sie in irgendeiner Form auf die reale, physische Welt Einfluss nimmt und in diesem Sinn tatsächlich dem Einsatz beherrschbarer Naturkräfte entspricht. Für ein reines Softwareprogramm trifft dies in der Regel nicht zu.
Wenn ein Patent aber eine Software in Verbindung mit Hardware betrifft, so handelt es sich nicht um Software als solche. Als Beispiel mag ein Industrieroboter dienen, der durch eine Software gesteuert wird. Obwohl hier eine Software zur Verwendung kommt, sind hier auch physische Komponenten im Einsatz, die Erfindung ist somit als technisch zu beurteilen. Während ein reines Computerprogramm keinem Patentschutz zugänglich ist, kann ein Computerprogramm, das auf einem Computer ausgeführt wird, bereits technisch sein. Man spricht dann von einer computerimplementieren Erfindung.
Technizität der Erfindung gibt den Ausschlag
Zu einer Technizität kann beispielsweise führen:
- das Abarbeiten bestimmter Verfahrensschritte durch den Computer, um ein technisches Problem zu lösen
- Steuerung, Regelung oder Überwachung des Ablaufs technischer Einrichtungen
- wenn eine Erfindung die Funktionsfähigkeit eins Computers ermöglicht, beispielsweise hinsichtlich der Zusammenwirkung seiner Elemente.
Die Schwierigkeit liegt darin, die Patentansprüche so zu formulieren, dass die Technizität der Erfindung bejaht werden kann. Als Merksatz kann dabei dienen, dass durch die Erfindung ein technisches Problem durch technische Mittel gelöst werden muss. Was nun aber genau als technisches Problem bzw. als technisches Mittel einzuordnen ist, kann leider nicht pauschal beurteilt werden. Hier muss stets eine Einzelfallbetrachtung stattfinden.
Ist eine Erfindung technisch, so bedeutet dies noch lange nicht, dass die Erteilung eines Patents hierauf garantiert ist. Schließlich muss die Erfindung auch noch neu sein, auf erfinderischer Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sein. Hat die Erfindung die Hürde der gewerblichen Anwendbarkeit genommen, so ergibt sich hinsichtlich der Bewertung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit der Erfindung eine bedeutende Besonderheit: Bei der Prüfung werden hier nur die technischen Merkmale berücksichtigt.
Dies bedeutet, dass bei der Prüfung auf das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit schlichtweg diejenigen Merkmale gestrichen werden, die als nicht technisch beurteilt werden. Den verbleibenden Merkmalen muss ein technischer Charakter zugrunde liegen. Lediglich dann, wenn aufgrund dieser verbleibenden Merkmale eine erfinderische Tätigkeit besteht, kann ein Patent erteilt werden.
Auf europäischer Ebene bietet sich ein ähnliches Bild, in den USA ein ganz anderes
Der Anmelder wird hier beim deutschen wie auch beim europäischen Anmeldeverfahren auf weitgehend ähnliche Anfordernisse treffen. Ganz anders sieht es hingegen in den USA aus. Grundsätzlich ist patentierbar „anything under the sun that is made by man“ (US Supreme Court GRUR Int 80, 627, Diamond v Chakrabarty). Ausgeschlossen von der Patentierbarkeit sind lediglich Naturgesetze, Naturerscheinungen und abstrakte Ideen. Vor dem US-Patentamt können also Softwarepatente erlangt werden, ohne dass ähnlich hohe Hürden hinsichtlich der Technizität wie im deutschen oder im europäischen Anmeldeverfahren genommen werden müssen. Die Rechtsprechung in den USA hat in letzter Zeit jedoch auch vereinzelt Urteile hervorgebracht, die Softwarepatenten die Patentfähigkeit absprechen, insbesondere in Verbindung mit Geschäftsmethoden. So stufte beispielsweise eine Entscheidung des US Supreme Courts eine computerimplementiere Methode und System zur Risikominimierung bei Bankgeschäften als nicht patentfähig ein (CLS Bank International vs. Alice Corporation Pty Ltd). Es ist durchaus möglich, dass angesichts der aktuellen Entwicklung auch in den USA die Erlangung von Softwarepatenten erheblich schwieriger werden wird. Die zukünftige Rechtsentwicklung muss also genau beobachtet werden. Insbesondere aufgrund des zunehmenden Auftretens sogenannter Patenttrolle in Verbindung mit Softwarepatenten ist zu erwarten, dass dort in der Zukunft ein Umdenken stattfinden wird.
Ist Software patentierbar? Nur mit einigen Hürden
Zusammenfassend kann man sagen, dass es nicht unbedingt einfach ist, aber auch nicht unmöglich ist, ein Patent auf ein Computerprogramme oder Software zu erhalten. Selbst, wenn ein Computerprogramm lediglich einen Teil der Erfindung darstellt, kann es hier zu Schwierigkeiten kommen. Von herausragender Bedeutung ist eine korrekte Abfassung der Patentansprüche, sodass die Hürde der Technizität erfolgreich genommen werden kann.
Lesen Sie auch gern unseren Artikel zur Patentierbarkeit von Software vom Juni 2019:
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Michael Janik meint
Ich frage mich, wie dass ist, mit freier Software. Die haben ja bestimmt keine Patente bezahlt. Und wenn ich diese dann als Endbenutzer einsetzte, kann ich dann legal belangt werden? Beispielsweise die kostenlose (Opensource) Software GIMP, die in Fachkreisen als Photoshop-Alternative gilt. Wenn ich jetzt z. B. als Fotograph ein Werbeposter erstelle, welches ich später verkaufe, kann ich dann in legale Schwierigkeiten kommen?
Katja Wulff meint
Hallo Herr Janik,
ob sie durch ein Werbeposter, das Sie später verkaufen, in legale Schwierigkeiten kommen, kann man nicht durch Ihre Angaben beantworten; da gibt es einfach viele Aspekte, die eine Rechtsverletzung sein könnten, weit über den Einsatz einer Software hinausgeht.
Tatsächlich geht für uns gar nicht klar hervor, auf welche Software Sie sich eigentlich beziehen- auf die Opensource Software GIMP? Wenn wir davon einmal ausgehen, stimmt es schon einmal nicht, dass darauf keine Rechte liegen.
Das ganze Konzept der sogenannten „Public Domain Software“ stammt aus den USA. Wenn dort die Universitäten für die Entwicklung von Computersoftware staatliche Fördergelder erhalten, haben sie in der Vergangenheit im Gegenzug vollständig auf ihre Urheberrechte verzichtet und das Programm jedermann zur Verfügung gestellt. Aber Vorsicht: Im deutschen Recht ist ein vollständiger Verzicht auf das Urheberrecht nicht möglich (§ 29 Urheberrechtsgesetz).
Deshalb wird für für Public Domain Software eine Lizenz als ein einfaches Nutzungsrecht ausgelegt, das eine unbeschränkte Verwertung der Software ermöglichen soll, in der Regel, ohne den Code verändern zu dürfen.
Open Source Software oder „Free Software“ schließlich ist der Begriff für einzelne Anwendungsprogramme, die auch verändert werden dürfen. Aus dem englischen stammt dazu der Spruch „Free Software is a matter of liberty, not price.“, und das trifft schon gleich den Kern: auch bei sogenannter Open Source Software gelten grundsätzliche Rechte, obwohl sie „kostenlos“ sind. Da muss man immer im Einzelnen schauen, unter welchen Bedingungen man sie nutzen oder verändern darf.
Wenn es aber – um auf den Ursprung Ihrer Frage zurückzukommen – um die Erstellung und den Verkauf eines geplanten Werbeposters geht, sollten Sie sich vor allem über eine mögliche Rechtsverletzung in Bezug auf die geplante Gestaltung oder des Bildmotivs informieren. Gerne können Sie dazu direkt unsere Kanzlei anfragen.
Mit vielen freundlichen Grüßen
das Team der Kanzlei Meyer-Dulheuer