Vor wenigen Tagen und nur kurz nach Beginn des Prozesses in Texas um Verletzungsklagen im FRAND Patentstreit Huawei und Verizon legen beide Parteien den Patentstreit und die Klagen bei – unter vertraulichen Bedingungen. Man darf vermuten, wie dies beflügelt wurde:
Quasi mitten im Prozess legen Huawei und Verizon ihre Patentklagen bei und einigen sich im aufwändigen FRAND Patentstreit. Da kann man durchaus die Vermutung anstellen, dass beide Parteien von den jüngsten Entscheidungen mit Zusammenhang mit Anti-Suit-Injunction als Abwehr in SEP- und FRAND Streitigkeiten stark beeinflusst wurden. Zudem davon auszugehen, dass Huawei genau das erreicht hat, was sich das Unternehmen vorgenommen hat für 2021: Anfang 2021 hatte Huawei ankündigt, dass es sein Patentportfolio mit Nachdruck vermarkten wolle. Das passt im Übrigen auch zur Vorgabe der Chinesischen Regierung.
China: Strategie der Patent Vermarktung
Mit Inkrafttreten der Überarbeitung des Patentrechts in China – wir berichteten – ist es erklärtes Ziel, den Einfluss der großen Technologieunternehmen in China einzudämmen und sicherzustellen, dass Innovationen und Daten im eigenen Land bleiben. Gleichzeitig gibt es Erleichterungen für alle ausländischen Patentanmelder, die in China Patentschutz für erklärte Schlüsseltechnologie beantragen.
Anti-Suit-Injunction und Samsung vs. Ericsson
Für die Einigung zwischen Verizon und Huawei ist aber sicherlich die beachtenswerte Entscheidung des Wuhan Intermediate Court of China von Weihnachten 2021 im Fall Samsung und Ericsson (Fall-ID: (2020) E 01 Zhi Min Chu 743). Das chinesische Gericht erklärte darin seine Zuständigkeit für die Festlegung eines globalen FRAND-Tarifs im Lizenzstreit zwischen Ericsson und Samsung.
Samsung hatte Anfang Dezember 2021 beim Gericht in Wuhan beantragt, einen globalen Lizenzsatz für die SEPs von Ericsson festzulegen. Tage später verklagte Ericsson Samsung vor dem District Court for the Eastern District of Texas (Marshal Division) wegen Verletzung der Verpflichtung, Patente zu FRAND-Bedingungen zu lizenzieren – wir berichteten.
Diese Entscheidung des Wuhan Court setzte damit einen neuen Standard in globalen SEP-Prozessen. Denn Ericsson ist darin untersagt, anderswo eine Verfügung zu beantragen, um Samsung an der Durchsetzung der ASI aus Wuhan zu hindern. Die chinesischen Richter ordneten also gleichzeitig eine ASI (Anti-Suit-Injunction) und eine AAASI (Anti-anti-suit injunction) an.
Dies hat sich zu einem Zuständigkeits- und Deutungswettstreit für ASI entwickelt zwischen China und den USA. Denn Ericsson ignorierte die deutlichen und kostspieligen Sanktionsdrohungen aus Wuhan und reichte direkt nach Weihnachten seinerseits eine AASI beim Bezirksgericht von Texas ein. Das Gericht erlaubte Ericsson vorläufig, mit seiner FRAND-Klage gegen Samsung fortzufahren und verlängerte am 12. Januar diese Maßnahme auch (Fall-ID: 2:20-CV-00380-JRG).
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich Verizon und Huawei einen solchen global ausgetragenen Wettkampf lieber ersparen wollten – umso mehr, als es ja gerade sehr attraktiv ist, reell zur 5 G Etablierung beizutragen anstatt womöglich mit Unterlassungsansprüchen an der Marktteilnahme behindert zu werden.
Huawei und Verizon – beide Seiten zeigen sich zufrieden
Huawei und Verizon zeigten sich zufrieden über die erzielte Einigung, die Bedingungen sind vertraulich, wie auch nicht anders zu erwarten war. Die konkreten Vereinbarungen in den Lizenzverträgen für SEP Patente werden geradezu gehütet wie der heilige Gral, ließen sich doch im Sinne von FRAND Bedingungen aus bereits bestehenden Verträgen Vorgaben für weitere ableiten. Das will natürlich keins der Unternehmen der Telekommunikationstechnologie.
Besser informiert ist man da schon eher über die Anzahl der relevanten Patente. Im konkreten Fall Huawei und Verizon ging es um 12 standardrelevante Patente (SEP), die Huawei in der Infrastruktur von Verizon verwendet haben soll. Huawei hatte Verizon in 2019 dazu aufgefordert, Lizenzgebühren für die Nutzung von mehr als 230 Huawei-Patenten zu zahlen, und mehr als 1 Milliarde US-Dollar verlangt (berichtete Reuters damals). Und ebenfalls im Jahr 2019 setzten die Vereinigten Staaten Huawei wegen angeblicher nationaler Sicherheitsbedenken auf eine schwarze Liste.
Nach fast einem Jahr Verhandlungen scheiterten die Gespräche zwischen den beiden Unternehmen im Januar 2020, woraufhin Huawei mehrere Verletzungsklagen gegen Verizon vor Gerichten in Texas einreichte. Daraufhin reichte Verizon Gegenklagen gegen Huawei ein, die Huawei Patentverletzung vorwarfen.
Beide Unternehmen haben diesen Patentstreit nun mit einem gemeinsamen Antrag auf Abweisung aller Klagen beendet. Eine Vereinbarung wurde getroffen, unter vertraulichen Bedingungen.
Huawei gilt als das Unternehmen mit die meisten 5G bezogenen standardrelevanten Patente aller Unternehmen weltweit. Nach eigenen Angaben hält Huawei mehr als 100.000 aktive Patente weltweit, darunter etwa 10.000 US-Patente. Auch wenn die USA (und andere) Huawei den Zugang zu ihren nationalen 5G Netzen verwehren, ist Huawei dennoch in sehr guter Position, um mit Lizenzgebühren gute Einnahmen zu erzielen – auch bei US Unternehmen.
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Quellen:
Reuters Meldung vom 12. Juli 2021
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