Sowohl der BGH als auch das BPatG haben kürzlich zwei Leitsatzentscheidungen betroffen zu den Kompetenzen der Gebrauchsmusterstelle bei einer Gebrauchsmuster Eintragung. Der Schutzanspruch – und mögliche Hindernisse – einer Gebrauchsmuster Eintragung ist Sache der Gebrauchsmusterstelle, die ausführliche Offenbarung nicht.
Eine Gebrauchsmuster Eintragung gilt als „kleines Patent“ und ist eine kostengünstige und schnelle Alternative zu einer Patentanmeldung, allerdings auch nur mit 10 Jahren Höchstdauer Schutzdauer. Wie für ein Patent sind dem Gebrauchsmusterschutz zugänglich nur technische Erfindungen. Allerdings können im Gegensatz zum Patentschutz keine Verfahren beansprucht werden.
Zudem ist das Gebrauchsmuster ein ungeprüftes Schutzrecht, die Amt prüft bei der Gebrauchsmusteranmeldung nur Formalien, nicht jedoch die materiellen Schutzvoraussetzungen (Neuheit, erfinderischer Schritt). Somit ist die Rechtsbeständigkeit wesentlich unsicherer als beispielsweise beim Patent.
Eine wirksame Gebrauchsmuster Eintragung kann aber beispielsweise die Priorität für eine spätere Patentanmeldung sichern – oder auch den Schutz einer Diensterfindung begründen.
Antrag auf Gebrauchsmuster Eintragung
Angemeldet wird eine Gebrauchsmuster Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und der dortigen Gebrauchsmusterstelle. Schutzfähig ist allein die technisch-konstruktive oder schaltungstechnische Ausgestaltung einer Erfindung, dies ist in den Ansprüchen für die Gebrauchsmuster Eintragung genau anzugeben.
Die Gebrauchsmusterstelle fordert eine „körperliche Formgestaltung in den Ansprüchen“; das bedeutet, dass die mechanisch-konstruktive Gestaltung der Neuerung in diesem Gebrauchsmuster eindeutig angegeben werden muss. Ein wirksamer Antrag auf Gebrauchsmuster Eintragung begründet den Anmeldetag für das Gebrauchsmuster.
Ist aber der Antrag nicht vollständig oder rechtswirksam gestellt worden, kann die gewünschte Gebrauchsmuster Eintragung schnell zur Beschwerde Sache werden. Die Zuständigkeit für das Gebrauchsmustereintragungsverfahren geht mit der Beschwerde dann auf das Bundespatentgericht über. Es sei jedoch sachdienlich, dass die Gebrauchsmusterstelle des DPMA das vorliegende Eintragungsverfahren zu Ende führt, urteilte das BPatG im Fall ‚Zangengriffsystem‘.
Das Bundespatentgericht (BPatG) hat in diesem Fall ‚Zangengriffsystem‘ (35 W (pat) 18/18) in 2019 eine Leitsatzentscheidung getroffen, die erst jetzt – im April 2020 – veröffentlicht wurde.
Leitsatzentscheidung ‚Zangengriffsystem‘ des BPatG
- Die Gebrauchsmusterstelle hat gemäß § 4 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 5 Abs. 4 GebrMV darauf hinzuwirken, dass der Anmelder mindestens einen Schutzanspruch formuliert, der sich nicht lediglich in der Umschreibung der mit der Erfindung zu lösenden technischen Aufgabe erschöpft.
- Dagegen ist die Prüfung, ob die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann, einem Löschungsverfahren vorbehalten (im Anschluss an BGH GRUR 1999, 920 ff. – Flächenschleifmaschine).
Dass die Offenbarung dem Löschungsverfahren vorbehalten sein soll, liegt an den benötigten Sachkenntnissen für die Beurteilung einer ausführbaren Offenbarung des Gebrauchsmusters. Denn die Gebrauchsmusterstelle verfügt – im Gegensatz zur Gebrauchsmusterabteilung – nicht über technische Mitglieder (Prüfer) im Sinne von § 26 Abs. 2 PatG, die in dem erforderlichen Zweig der Technik sachverständig sind. Der § 34 Abs. 4 PatG aber besagt, dass für die Beurteilung der Frage, ob eine Erfindung in der Anmeldung ausführbar offenbart worden ist, die Kenntnisse eines Fachmanns den Maßstab bilden.
Zwar wirke gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 GebrMG ein fachkundiger, technischer Richter mit, ergänzte das Gericht, hierdurch trete jedoch im Verhältnis zur Vorinstanz keine Erweiterung des Prüfungsumfangs ein. Daher kann die Prüfung, ob eine ausführbare Offenbarung vorliegt, nicht Gegenstand des Eintragungsverfahrens sein, urteilte das BPatG, und ebenso wenig das vorliegende Beschwerdeverfahren.
BGH: Kompetenzen der Gebrauchsmusterstelle
Der BGH hatte zuvor im März 2018 in der Leitsatzentscheidung „Feldmausbekämpfung“ (X ZB 18/16) die Kompetenzen der Gebrauchsmusterstelle bereits neu justiert, darin ging es um Schutzhindernisse und Ausschluss von Gebrauchsmusterschutz für Verfahren.
Im Eintragungsverfahren und damit auch in einem daran anschließenden Beschwerde und Rechtsbeschwerdeverfahren sei demnach zu prüfen, ob eines der in § 2 GebrMG aufgeführten Schutzhindernisse vorliegt, hatte der BGH entschieden. Zwar sieht § 8 Abs. 1 GebrMG eine solche Prüfung nicht ausdrücklich vor, aber § 8 Abs. 1 Satz 2 GebrMG schließt lediglich eine Prüfung des Gegenstands der Anmeldung auf Neuheit, erfinderischen Schritt und gewerbliche Anwendbarkeit aus.
Daraus sei zu folgern, dass das Vorliegen der weiteren materiellen Voraussetzungen zu überprüfen ist, erläuterte der BGH. Der Gegenstand der Schutzansprüche sei demnach gemäß § 2 Nr. 3 GebrMG vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen, weil er ein Verfahren betrifft.
Leitsatzentscheidung ‚Feldmausbekämpfung‘ des BGH
- Im Gebrauchsmustereintragungsverfahren hat die Gebrauchsmusterstelle zu prüfen, ob eines der in § 2 GebrMG aufgeführten Schutzhindernisse vorliegt.
- Der Ausschluss von Gebrauchsmusterschutz für Verfahren steht in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
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Quellen:
Urteil des BPatG ‚Zangengriffsystem‘, 35 W (pat) 18/18 | Urteil des BGH ‚Feldmausbekämpfung‘
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