Wie rechtsbeständig ist ein Gebrauchsmuster? Welche Wege kann man gegen eine Gebrauchsmusterverletzung einleiten? Und wie stehen das LG Hamburg oder das OLG Düsseldorf zu einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen Gebrauchsmusterverletzung? In unserem Artikel finden Sie die Antworten!
Innovative Ideen wollen durch diverse Schutzrechte geschützt sein. Eines davon ist das Gebrauchsmuster, das gewerblich anwendbare Erfindungen, vorrangig technischer Art, (ausgenommen Verfahren) schützt. Wenn das Produkt die Punkte
- Neuheit
- Erfinderische Leistung und
- Gewerbliche Anwendbarkeit
erfüllt, gilt der Schutz. Der Schutz eines Gebrauchsmusters ist hoch und es bietet schnellen Erfinderschutz. Verglichen mit seinem „großem Bruder“, dem Patent, sind seine Amtskosten recht günstig. Es ist außerdem schneller und einfacher zu erlangen. Ein negativer Punkt ist jedoch die geringe Rechtssicherheit.
Ausführlichere Informationen zum Thema Gebrauchsmuster finden Sie in hier. Und in diesem Artikel lesen Sie, wo die Unterschiede zwischen Gebrauchsmuster und Patent liegen.
Wie rechtsbeständig ist ein Gebrauchsmuster?
Sie haben Ihre Erfindung als Gebrauchsmuster geschützt und sind auf der sicheren Seite. Doch wenn ein Wettbewerber Ihre Ideen nachahmt, sollten Sie Ihre Unterlassungsansprüche aus dem eingetragenen Gebrauchsmuster geltend machen.
Wichtig zu beachten ist allerdings, dass das Gebrauchsmuster ein ungeprüftes Schutzrecht ist. Das bedeutet, dass das Patentamt bei der Gebrauchsmusteranmeldung nur Formalien, nicht jedoch die materiellen Schutzvoraussetzungen (Neuheit, erfinderischer Schritt) prüft. Somit ist die Rechtsbeständigkeit wesentlich unsicherer als beispielsweise beim Patent. Einen rechtsbeständigen Schutz haben Sie jedoch nur, wenn diese Voraussetzungen vorliegen. Recherchieren Sie deshalb sorgfältig! Sonst können Sie eventuell keine Rechte aus Ihrem Gebrauchsmuster geltend machen.
Beachten Sie: Außergerichtliche Einigungen sind jederzeit möglich und führen nicht selten schneller zum Ziel.
Bei Verletzung: So setzen Sie Ihre (Gebrauchsmuster-)Rechte durch
1. Vorprozessual
Als erstes sollten Sie in direkten Kontakt mit dem Verletzer treten und ihm eine Berechtigungsanfrage oder eine Abmahnung zukommen lassen.
- Berechtigungsanfrage
Wenn Sie das Problem zuerst mit weniger Druck klären möchten, empfiehlt sich die Berechtigungsanfrage. Hier weisen Sie die Gegenseite auf den Sachverhalt und die verletzten Schutzrechte hin. Allerdings fragen Sie nur, warum der Verletzende der Meinung ist, zu dieser Handlung berechtigt zu sein. Hier können nachträglich keine Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.
- Abmahnung
Einen Schritt harscher ist die Abmahnung. Mit Ihr weisen Sie den Verletzer auf die Verletzung Ihres Gebrauchsmusters hin und können gleichzeitig für die Vergangenheit Schadensersatz und für dei Zukunft Lizenz oder Unterlassung verlangen. Ein Prozess ist vermieden, falls die gegenerische Partei darauf eingeht und das gewünschte Ergebnis vereinbart wird. Bei Misserfolg, können Sie klagen.
2. Verletzungsprozess – Hauptsacheverfahren (Gericht)
- zivilrechtlich (Patentverletzungsklage)
Eine Verfolgung auf zivilrechtlichem Wege ist eine weitere Möglichkeit. Spätestens hier müssen Sie einen Rechtsanwalt einbeziehen. Sie können unter anderem folgende Ansprüche geltend machen:
- Unterlassungsanspruch und ggf. Schadensersatz
- Auskunftsanspruch
- gegebenenfalls einen Vernichtungsanspruch
- strafrechtlich (Strafprozess)
Auch das Stellen eines Strafantrages ist möglich, da eine vorsätzliche Schutzrechtsverletzung strafbar ist. Innerhalb von drei Monaten nach Kenntniss ver Straftat muss der Antrag beim Amtsgericht gestellt werden.
3. Antrag auf einstweilige Verfügung (zusätzlich)
Wenn Dringlichkeit besteht, könnten alle zuvor genannten Verfahren zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Dann bietet eine einstweilige Verfügung vorläufigen Rechtsschutz. Sie verbietet dem Wettbewerber, unter Androhung von Strafe, die kopierten oder gefälschten Produkte weiter anzubieten. In der Regel wird auf eine Anhörung der Gegenseite verzichtet.
ACHTUNG: Bei ungerechtfertigter einstweiliger Verfügung kann der Gegener einen Schadensersatz gegen den Antragsteller geltend machen.
Außerdem kann eine von einer einstweiligen Verfügung bedrohte Partei vorbeugend eine Schutzschrift hinterlegen. Somit kann verhindert werden, dass eine einstweilige Verfügung ohne Beteiligung der Gegenpartei erlassen wird.
Vor allem bei einem Gebrauchsmuster sind die Anforderungen an eine einstweilige Verfügung vergleichsweise hoch, da es ein ungeprüftes Schutzrecht ist. Auch in einem Prozess um den Antrag zu einer einstweiligen Verfügung muss das Gericht also zunächst die erforderliche gerichtliche Prüfung der Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters durchführen.
Ein klassisches und häufig geschehenes Beispiel ist eine Gebrauchsmusterverletzung auf einer Messe. Das Gebrauchsmuster ist also bereits hergestellt und ausgestellt – wird somit anderen angeboten. Es empfiehlt sich, sofort eine einstweilige Verfügung einzufordern, da sie in diesem Fall den schnellsten und effektivsten Schutz bietet.
Die Entscheidung des LG Hamburg
Das Landgericht (LG) Hamburg beschloss in seinem Urteil (Az.: 327 O 559/14) vom 27.11.2014, dass eine Stellungnahme des Antraggegners unablässig ist, in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen Gebrauchsmusterverletzung.
Das Urteil zu dem Prozess um ein Hydraulikschlauchgriffteil wurde dadurch begründet, dass einstweiliger Rechtsschutz nur in den Fällen gewährt werden könne, in denen eine klare Tendenz zu Gunsten des Antragstellers erkennbar ist. Dadurch sei eine Fehlentscheidung nicht anzunehmen und es benötige keines anschließenden korrigierenden Hauptsacheverfahrens.
Diese klare Position des Antragstellers sei jedoch nur zu bestimmen, wenn zuvor der Gegenseite die Chance zu einer Stellungnahme zur vermeintlichen Gebrauchsmusterverletzung gegeben werde. Das Gericht betonte, dass man beachten müsse, dass es sich um ungeprüfte Schutzrechte handle. Die erforderliche gerichtliche Prüfung der Schutzfähigkeit des Geschmacksmusters muss zusätzlich stattfinden.
Weitere Anforderungen an eine einstweilige Verfügung (EV)
Eine radikalere Position vertrat das OLG Düsseldorf zur einstweiligen Verfügung aus einem Gebrauchsmuster. Diese sei nur möglich, wenn das Gebrauchsmuster bereits erfolgreich ein Löschungsverfahren überstanden hat (Az.:I-2 U 79/11)
In Urteilen des OLG Braunschweig (Az.:2 U 61/11) und des OLG Karlsruhe (6 U 61/09) jedoch waren die Anforderungen etwas niedriger. Ohne durchgreifende Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Schutzrechtes, bei überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Rechtsbestand des Gebrauchsmusters und sofern das Gericht aus eigener Sachkunde und in eigener Verantwortung Neuheit und Erfindungshöhe beurteilen kann, ist ihres Erachtens nach eine einstweilige Verfügung aus einem Gebrauchsmuster möglich.
Das sollten Sie tun, wenn Ihr Gebrauchsmuster verletzt wurde
- Zuerst sollten Sie Material zur Rechtsbeständigkeit Ihres Gebrauchsmuster sammeln
- Eigene, sorgfältige Recherche betreiben. So können Sie dem Gericht die Schutzfähigkeit Ihrer Erfindung darbieten
- Professionelle Beratung von spezialisierten Anwälten mit Erfahrung in diesem Gebiet in Anspruch nehmen
Liegt eine Verletzung Ihres Gebrauchsmusters vor oder wird Ihnen eine Gebrauchsmusterverletzung vorgeworfen?
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Textquellen: GRUR.org | juris.de | DPMA.de
Bildquellen: pixabay.com
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