Während sich das UK im aktuellen Wahlkampf um den Brexit befindet, laufen die Vorbereitungen für ein Europäisches Patentgericht auf Hochtouren. Der Vorbereitungsausschuss für das einheitliche Europäische Patentgericht gibt offiziell Anfang 2021 als neuen möglichen Starttermin an- mit dem UK.
Europäisches Patentgericht hängt an deutscher Verfassungsklage
Es gibt seit Jahren das Bemühen, innerhalb der EU-Mitgliedstaaten ein gemeinsames europäisches Einheitspatent und ein Einheitliches Patentgericht zu schaffen. Vor wenigen Tagen nun bestätigte ein Richter des deutschen Verfassungsgerichts, Anfang des nächsten Jahres über die Verfassungsklage gegen die Ratifizierung des UPC (Unified Patent Court, dt: Europäisches Einheitliches Patentgericht) in Deutschland zu entscheiden. Das Bundesparlament hat das UPC vor mehr als 2 Jahren ratifiziert, allerdings wurde die Ratifizierung ausgesetzt bis nach der Entscheidung über die Verfassungsklage. Ohne die Ratifizierung aus Deutschland kann das UPC jedoch nicht beginnen.
Lesen Sie gerne mehr dazu unter: Brexit: EU Einheitliches Patentgericht – ohne UK?
UPC Vorbereitungsausschuss gut vorbereitet
Nun erklärte Alexander Ramsay, Leiter des Vorbereitungsausschusses für das Europäische Patentgericht (Unified Patent Court (UPC)), das UPC Prepatory Committee sei vorbereitet, direkt nach dem Urteil des Verfassungsgerichts in eine vorläufige Antragsphase für das UPC gehen zu können. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Verfassungsgericht die Klage zurückweist und damit die bereits erfolgte Ratifizierung Deutschlands in Kraft treten lässt.
Europäisches Patentgericht mit dem UK?
Alexander Ramsay ist auch zuversichtlich, dass Großbritannien Teil des einheitlichen Patentgerichts sind wird, und zwar unabhängig vom Brexit. Das Vereinigte Königreich hat das UPC-Abkommen ratifiziert und ist als solcher Vertragsstaat. Es handele sich um ein internationales Abkommen und sei kein EU-Recht, argumentiert Ramsay.
Die Teilhabe des UK am UPC ist allerdings dennoch keineswegs sicher. Denn im entsprechenden Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht, nachzulesen im Amtsblatt der Europäischen Union von 2013 (2013/C 175/01) ist eindeutig formuliert, dieses Übereinkommen stehe jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Beitritt offen – und eben nur den EU Mitgliedstaaten.
Update vom Februar 2020: UPC ohne UK!
Keine zwei Monate nach dem hier beschriebenen Interview mit Alexander Ramsay erklärte die Britische Regierung, das UK werde auf keinen Fall um UPC teilnehmen. Lesen Sie gerne mehr dazu unter: Brexit: UPC ohne UK!.
Europäisches Patentübereinkommen ist nicht rein europäisch
Das geplante UPC unterscheidet sich daher deutlich von dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ; englisch European Patent Convention, EPC; französische Convention sur le brevet européen, CBE), über das bisher die sogenannte Europäische Patentorganisation (EPO) mit dem Europäischen Patentamt (EPA) Patente im europäischen Raum registriert und regelt. Denn das Europäische Patentübereinkommen hat – anders als der Name suggeriert – neben den EU Mitgliedstaaten noch weitere Mitglieder, insgesamt 38 Vertragsstaaten. Diese Vertragsstaaten bilden einen Sonderverband gemäß der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ). Das Europäische Patent funktioniert wie ein Bündel nationaler Patente der gewünschten Vertragsstaaten.
Politische Entscheidung zum Sonderfall UK und Brexit
Das einheitliche Patentgericht jedoch ist konzipiert worden und vertraglich aufgesetzt ausschließlich für die Mitgliedstaaten der EU. Eine Erweiterung auf andere Staaten ist nicht vorgesehen. Zwar hat das UK nach einigem Zögern im April 2018 das Überkommen ratifiziert, aber UK wäre nach dem Brexit kein EU-Mitgliedstaat mehr.
Dies ist ein Sonderfall, der so nicht abzusehen war, als das einheitliche Patentgericht vertraglich festgesetzt wurde. Wohlwollend könnte man argumentieren, alle EU Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, sind Teilnehmer am einheitlichen Patentgericht- unabhängig von ihrem späteren Status als EU Mitglied. So argumentiert auch Alexander Ramsay, betont jedoch, als Vorsitzender des Vorbereitungsausschusses sehe er die Situation auf technischer und nicht auf politischer Ebene.
Denn ohne Komplikation wäre die Teilhabe des UK nach einem Brexit nicht. Denn der Brexit soll erklärtermaßen an Großbritannien die Kontrolle der Grenzen und auch der Gesetze vollständig zurückgegeben. Wird sich UK dann ausgerechnet im Patentrecht unterordnen unter die EU? Und hätte UK dann noch die Möglichkeit der Einflussnahme auf das einheitliche Patentgericht? Letztlich ist nach einem Brexit daher politisch zu klären, ob und wie das UK Mitglied im einheitlichen Patentgericht sein kann- und wie die Vertragslage dem anzupassen wäre.
Vorbereitungen für das UPC weit vorangeschritten
Insgesamt sind die Vorbereitungen für das UPC weit vorangekommen, infomierte der UPC Vorbereitungsausschuss. Es seien mindestens 8 Monate notwendig für den Start des UPC, nachdem Deutschland das Übereinkommen ratifiziert hat, erläutert Alexander Ramsay. Das UPC könne also frühestens Anfang 2021 starten.
Der Auswahlprozess für die UPC Richter kann bald beginnen, stellt Ramsay in Aussicht. Seit der Stelleneröffnung in 2016 haben sich mehr als 900 Richter für das UPC beworben. Derzeit ist sieht die Planung vor, etwa 50 rechtlich qualifizierte Richter und 50 technisch qualifizierte Richter zu ernennen. Bewerbungen von Richtern aus dem UK werden gleichwertig behandelt.
Auch seien Teams eingesetzt, die sicherstellen, dass die Registerregeln des Gerichts funktionsfähig sind. Außerdem wurden System und Prozesse des IT-Systems, das die Grundlage für das UPC werden soll, sorgfältig getestet worden.
Hohe Erwartungen an das Bundesverfassungsgericht
Um sinnvoll weiterzumachen, ist nun unbedingt die abschließende Ratifizierung aus Deutschland notwendig- und auch in dieser Frage zeigt sich Alexander Ramsay zuversichtlich. Damit richten sich hohe Erwartungen an das Bundesverfassungsgericht, denn sowohl die Industrie als auch die Bundesregierung wünscht die Ratifizierung aus Deutschland.
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Quellen:
Interview mit Alexander Ramsay, Leiter des Vorbereitungsausschusses UPC
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