Was lange unsicher schien, ist gestern geschehen: Das United Kingdom hat das geplante Europäische Patentgericht (UPC) ratifiziert. Großbritannien geht damit einen wichtigen Schritt, um trotz des Brexits an dem geplanten Europäischen Einheitspatent teilnehmen zu können.
Das Europäische Einheitspatent und das Europäische Patentgericht
Bereits seit Jahren ist innerhalb aller EU Mitgliedstaaten das Bemühen da, ein gemeinsames europäisches Patent zu schaffen. Es würde nicht nur die Anmeldung und Validierung eines Patents EU-weit vereinfachen, sondern vor allem auch vereinfachen. Wichtig ist dies auch für die Gerichtsbarkeit von Patentverfahren. Denn augenblicklich ist es notwendig, eine mögliche Patentverletzung im jeweiligen Land vor Gericht zu bringen, in dem die Patentverletzung geschehen ist. Das ist aus mehreren Gründen kompliziert: das nationale Recht unterscheidet sich ebenso wie verschiedene nationale Berufsstände und –regeln für Patentanwälte. Ein Barrister oder Solicitor, die man aus dem britischen Patentrecht kannt, sind in Deutschland beispielsweise unbekannt.
Inkrafttreten des Europäischen Einheitspatents greifbar?
Es ist daher attraktiv, an der einheitlichen und EU-übergreifenden Gerichtsbarkeit teilzunehmen, die mit dem europäischen Einheitspatent entstehen wird. Die territoriale Geltung des europäischen Einheitspatents wird aber nur für diejenigen EU Mitgliedstaaten gelten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Europäischen Einheitspatents dem UPC beigetreten sind. Durch die Ratifizierung des UPC kann Britannien nun auf die Teilnahme am Europäischen Einheitspatent hoffen.
Denn ungewiss ist noch die Situation in Deutschland. Wie wir bereits berichteten, hat der Düsseldorfer Anwalt Dr. Stjerna 2017 als zunächst unbekannter Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die Ratifikation des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) Verfassungsbeschwerde erhoben. Bisher hat das BVerfG noch nicht entschieden, ob es die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung annimmt. Dies kann für die nächsten Woche oder Monate erwartet werden und ist ein Entscheidung, die auch Auswirkung auf Großbritannien haben kann. Denn käme es zur Annahme der Beschwerde, dürfte die tatsächliche Ratifizierung durch Deutschland weiter auf unbestimmte Zeit verschoben bleiben. Das hätte möglicherweise auch Konsequenzen für Großbritannien: denn wird das UK zum Zeitpunkt des tatsächlichen Inkrafttretens des Europäischen Einheitspatents überhaupt noch ein EU Mitgliedstaat sein, wenn sich das Inkrafttreten durch die Verfassungsbeschwerde in Deutschland deutlich verzögern würde?
Update am 14. Januar 2019: BVerfG hat noch nicht entschieden
Bis heute steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch aus. Die Verfassungsbeschwerde lag in der Übersicht für das Jahr 2018 zur Entscheidung vor (2 BvR 739/17), es ist dafür aber noch immer kein Verhandlungstermin bestimmt. Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass das UK zum Zeitpunkt des tatsächlichen Inkrafttretens des Europäischen Einheitspatents kein EU Mitgliedstaat mehr sein wird, sollte der Brexit wie geplant Ende März 2019 stattfinden.
Politische Dimension des UPC
Auch politisch bleibt der weitere Weg zum Europäischen Patentgericht spannend. Denn aus britischer Sicht ist eine wichtige Frage, wieweit die nationale Deutungshoheit über die Rechtsprechung zugunsten des UPC abgegeben werden muss. Und tatsächlich soll nach der Planung das Europäische Patentgericht einerseits über Streitigkeiten zum Europäischen Einheitspatent urteilen, darüber hinaus aber auch die Rechtsprechung für die bisher geltenden und auch weiterhin geltenden Europäischen Patente leisten. In diesem Fall würde die nationale Deutungshoheit für das Patentrecht an die EU abgetreten.
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Quellen:
UK Agreement on a unified patent court
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