Es war nach dem Ausscheiden des UK etwas still geworden um das seit Jahren geplante Einheitliche Patentgericht der EU Staaten. Nun also ist das neue Jahr 2022. Zeit zu schauen: was macht eigentlich das Europäische Einheitliche Patentgericht?
Das Einheitliche Patentgericht (engl: UPC) ist konzipiert worden als fachbezogene Gerichtsbarkeit ausschließlich für die Mitgliedstaaten der EU. Zielgedanke ist es, das Patentrecht und die Gesetzgebung zu Patenten in der EU zu vereinheitlichen analog zu der schon praktizierten Angleichung und Vereinheitlichung im Europäischen Marken- und Designrecht.
Für das Patentrecht gibt es etwas Vergleichbares noch nicht in Europa. Denn – anders als sein Name suggeriert – ist das Europäische Patent, das über das Europäische Patentamt (EPA) eingetragen wird, weder auf EU Mitgliedstaaten beschränkt, noch ist es einheitlich. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Bündelung von den nationalen Patenten, die jedoch in jedem einzelnen EPA Mitgliedstaat validiert werden müssen.
Das Europäische Einheitliche Patentgericht (UPC)
Das Einheitliche Patentgericht soll das für die EU Staaten deutlich verbessern, Europäische Patentanmeldungen innerhalb der EU sollen vereinheitlicht und vereinfacht werden – und vor allem einheitlicher Gerichtsbarkeit unterliegen. Dort liegt aber genau der wunde Punkt, der auch aus anderen politischen EU Streitigkeiten bekannt ist: nicht alle EU Staaten wollen ihre Hoheit über ihre Rechte an die EU abgeben, auch nicht im Bereich Patentrechte.
Zwar würde das Europäische Einheitliche Patentgericht nur über die Europäischen Einheitlichen Patente richterlich entscheiden, wie auch beim Marken- und Designrecht gäbe es daher neben dem EU einheitlichen Schutz nach wie vor auch nationale Patente unter nationaler Gerichtsbarkeit. Aber der UPC Gerichtsbarkeit wird sich die nationale Gerichtsbarkeit unterordnen müssen. Letztlich war das auch der Grund der Verfassungsklage gegen das UPC, die vom deutschen Verfassungsgericht im Juli 2021 abschlägig entschieden wurde – wir berichteten.
Entsprechend lange zieht sich schon die politisch gewollte Etablierung des Einheitlichen Patentgerichts für die EU. Spanien und Polen haben das Übereinkommen für das Europäische Einheitliche Patentgericht (engl.: UPC agreement) nicht unterzeichnet (geschweige denn ratifiziert), und auch Deutschland und England taten sich lange damit schwer.
England und vor allem Deutschland waren lange zögerlich
Nach einigen Hin und Her im Vereinigten Königreich ratifizierte das UK zwar 2018 das UPC Agreement, dann aber wurde 2020 von Premierminister Boris Johnson im Zuge des Brexits verkündet, das UK werde nicht mitmachen beim Einheitlichen Patentgericht der EU – ein Verlust für das UPC, noch bevor es überhaupt begonnen hat.
In Deutschland bremste jahrelang die Verfassungsklage gegen das UPC das Vorhaben aus. Doch nach Abwendung der Klage hat Deutschland letztlich im September 2021 das Protokoll über die vorläufige Anwendung des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (PAP) ratifiziert. Das PAP gilt als die letzte Phase des Aufbaus des Einheitlichen Patentgerichts, denn mit Inkrafttreten des PAP-Protokolls werden die Rechtsfähigkeit und die organisatorische Leistungsfähigkeit des Europäischen Einheitlichen Patentgerichts hergestellt: die Leitungsorgane des Gerichts werden zusammengesetzt und auch die Richter ausgewählt für das Einheitliche Patentgericht.
PAP muss von 13 Staaten ratifiziert werden
Allerdings ist auch das PAP noch nicht von genügend EU Staaten ratifiziert worden. Kurz nach Deutschland ratifizierte zwar auch Slowenien das PAP (im Oktober 2021), dennoch fehlt noch immer ein weiterer EU Staat, damit das PAP in Kraft treten kann. 12 EU Mitgliedstaaten sind dem PAP-Protokoll beigetreten, nach Satzung müssen es aber 13 EU Staaten sein. Der Vorbereitungsausschuss für das Einheitliche Patentgericht unter der Leitung von Alexander Ramsay gibt sich jedenfalls zuversichtlich, dass in Kürze dieser noch fehlende Staat aus der EU Staatengemeinschaft das PAP ratifizieren wird.
Wie geht es weiter?
Insofern hoffen alle Befürworter des UPC, dass es im Laufe des Jahres 2022 wirklich in Kraft treten wird. Das ist zwar möglich, aber zunächst muss das PAP in Kraft treten.
Und am Ende wird auch die Frage sein, welche der EU Staaten nicht teilnehmen werden am UPC. Schon alleine, dass sich bisher Polen und auch Spanien nicht für das UPC aussprechen, ist ein Hypothek für das Vorhaben; immerhin sind diese beiden EU Staaten sowohl bevölkerungsreich als auch interessant für Patentanmelder. Je weniger Staaten schlussendlich am UPC teilnehmen werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass Patentanmeldungen und Patentstreitigkeiten ein Flickenteppich bleiben in Europa – trotz UPC.
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