Lange galt im EU Recht als theoretisch möglich, einen Duft im Markenrecht zu schützen, aber praktisch als nahezu ausgeschlossen. Denn eine Marke musste graphisch darstellbar sein. Seit der EU Markenreform 2017 ist das nicht mehr verpflichtend: können also problemlos Geruchsmarken geschützt werden?
Keine einheitliche Rechtsprechung in der EU
Ein Blick in die europäischen Rechtsprechung in der EU zeigt, dass es keine grundlegende Rechtsprechung dazu gibt. Legendär ist der Fall “Bsiri-Barbir v. Haarmann Reime” von 2006. Der Duft von Parfum könne nicht geschützt werden, da es „eine Anwendung rein technischer Kenntnisse ohne Anzeichen von Kreativität” sei und der Duft von Menschen jeweils unterschiedlich wahrgenommen wird, urteilte das Französische Höchste Gericht. Und auch 2013 wurde der urheberrechtliche Schutz eines Geruchs von dem Französischen Kassationsgerichtshof kategorisch ausgeschlossen (ECLI:FR:CCASS:2013:CO01205).
Ebenfalls 2006 entschied das niederländische Höchste Gericht genau gegensätzlich im Fall Lancôme v. Kecofa (2006). Denn die niederländische Rechtsprechung legt fest, wie jeder andere wahrnehmbare Ausdruck könne ein Geruch, wenn er originell ist, grundsätzlich urheberrechtsfähig sein. Ein Parfum, das beispielsweise den Geruch von Rosen exakt wiedergibt, könne nicht geschützt werden kann. Aber Parfums, die ganz unterschiedliche chemische Stoffe verwenden, und dabei sogar identisch riechen, können ein Werk im Sinne des Urheberrechtes sein.
Rechtliche Basis für die Anmeldung einer Geruchsmarke
Bis zur EU Markenreform 2017 war die entscheidende Frage, ob eine Riechmarke die Voraussetzung der grafischen Darstellbarkeit nach § 8 Absatz 1 MarkenG erfüllen kann. Wegweisend war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2002 (Sieckmann gegen DPMA). Das Gericht entschied, dass ein Duft nur dann eine Schutzmarke sein könne, wenn man sie mittels Linien und Zeichnungen darstellen kann. Nach damaliger Auffassung des Europäischen Gerichtshofes erfüllten dies weder die chemische Formel noch deren Wahrnehmung.
Rechtliche Basis nach neuer EU-Markenverordnung
Seit 1. Oktober 2017 aber gilt die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – wir berichteten ( Info Blog: Videos und Geräusche als EU-Marke ). Nach dieser Verordnung ist die Wiedergabe einer Marke mit grafischen Mitteln nicht mehr erforderlich, wenn man seine Marke auch auf andere Weise so beschreiben kann, dass der Schutzgegenstand klar und präzise bestimmt ist. Dies führt zu der interessanten Überlegung: wie stellt man einen Duft dar?
Die vergleichende Beschreibung eines Duftes „Duft gebrannter Mandeln“ oder „Duft einer reifen Erdbeere“ genügt den rechtlichen Anforderungen an die Darstellung einer Geruchsmarke nicht und wurde bisher abgelehnt. Hintergrund hierfür ist, dass Gerüche weitgehend subjektiv geprägte Sinneswahrnehmungen sind, die individuell auch sehr unterschiedlich wahrgenommen werden.
Auch die Darstellung des Duftes „auf Amber und Holznoten basierter Duft“ mittels eines Gaschromatogramms wurde gerichtlich nicht anerkannt. Denn selbst ein Fachmann kann aus der üblichen Mischung einer Duftnote mit mehr als 100 Komponenten aus dem zuhörigen Chromatogramm kaum einen treffenden Gesamteindruck gewinnen.
Patentschutz für Duft
Wie wäre dann eine Angabe der chemischen Zusammensetzung? Rechtlich käme dafür der Patentschutz in Frage, der für chemische Stoffe und Wirkstoffe erteilt werden kann. So finden sich alleine in Deutschland über 100 Patenteintragungen zum Thema Laundry Detergent- duftende Waschmittel. Wieso sollte man also überhaupt den Schutzstatus als Geruchsmarke anstreben?
Duft ist mehr als seine chemische Zusammensetzung
Die rein chemische Betrachtung beschreibt einen Duft im Grunde nicht vollständig. Eine Duftkomposition gilt als komplizierte Mischung aus mehreren natürlichen und synthetischen Riechstoffen, die auch in einer zeitlichen Abfolge freigesetzt werden. Eine Duft-Klassifikation, die man vergleichbar der gängigen Farbklassifikation anwenden könnte, ist bisher nicht vorhanden. Geruchsproben wiederum bieten nicht die Stabilität und Dauerhaftigkeit, die der Markenschutz in der EU erfordert. Andererseits ist es in den USA generell möglich, einen Duft als Marke zu schützen – erst vor wenigen Wochen hat der Spielwarenhersteller Hasbro vom US-Patentamt (USPTO) die Duftmarkenrechte für den einzigartigen Duft seines „Play-Doh“ erhalten (Info Blog: Markenschutz Geruch: In der USA machbar – In der EU schwierig).
Mangelnde Unterscheidungskraft
Für EU-Geruchsmarken wäre es natürlich wie auch für andere Marken unerlässlich, Unterscheidungskraft zu besitzen. Dies kann problematisch sein, zum Beispiel ist Vanillin für den Markenschutz weitgehend ausgeschlossen. Es hat bisher keine Unterscheidungskraft für Kosmetika der Klasse 3, da Vanillin auch ein Fixiermittel in der Basisnote ist. Unterscheidungskraft ist aber auch ein Thema für den gesamten Duft. Immer wieder wurden erbitterte Auseinandersetzen zwischen Markenparfümherstellern und billigeren Nachahmern vor Gericht geführt, bisher meistens aufgrund der Verpackungen der Duftstoffe. Je mehr aber Geruchsmarken gewährt werden, desto größer wird die Verwechslungsgefahr des Duftes selbst.
Fazit
Die neue EU-Markenverordnung ermutigt, kreativ in der Anmeldung von Geruchsmarken zu werden. Die Entwicklung eines Parfums oder Duftstoffes sollte ausführlich dokumentiert werden, und es sollte durchaus der Versuch unternommen werden, einen Riechmarkenschutz zu beantragen. Denn sobald mehr Geruchsmarken in der EU geschützt werden, wird es auch notwendig sein, Unterscheidungskraft und Priorität aufzeigen zu können für den eigenen Duftstoff.
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Quellen:
EU Markenverordnung Nr. 207/2009
Info Blog: Neue EU-Markenverordnung Teil II – viele geänderte Verfahrensprozesse
Bild:
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