Lange angekündigt, seit gestern nun in Kraft getreten: die neue EU-Markenverordnung mit aktuellen Erweiterungen vor allem für die graphischen Markenarten und sogenannte Unionsgewährleistungsmarken. Zudem wird die Darstellungspflicht für Hörmarken und Bewegungsmarken deutlich vereinfacht.
Ganz neue Markenarten für Unternehmen durch EU-Markenverordnung
Das Markenrecht erlaubte bisher Eintragungen einer Markenanmeldung mit einer schriftlich-graphischen Darstellung. Diese Vorgabe ist nun erweitert: die zwingend grafische Darstellung wird nicht mehr verlangt, eine Darstellung mit neueren Technologien ist ebenfalls möglich. Es ist nur gefordert, dass die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein muss.
Die Durchführungsverordnung 2017/1431 beschreibt detailliert, welche neuen Markenarten dadurch möglich werden: Hologramme und Videoszenen, Hörmarken für Musiksequenzen und Geräusche, Duftmarken, Positionsmarken und Bewegungsmarken, die durch Änderung der Position entstehen – Unternehmen stehen damit wichtige viele neue Möglichkeiten im Markenschutz zur Verfügung. Da nun kein Storyboard mehr nötig ist, um beispielsweise eine Bewegungssequenz markenrechtlich zu schützen, wird das EU-Markenamt noch viele Details der technischen Vorgaben festlegen. Zunächst aber gilt: die neue Verordnung verzichtet auf technische Vorgaben, gängige und verbreitete Formate wie JPEG, X3D, MP3 bzw. MP4 sind problemlos möglich. Es ist sogar explizit erwähnt, dass die Wiedergabe der Marke durch einen elektronischen Link ersetzt sein kann.
Änderungen für graphische Markenarten
Bei der Anmeldung für eine Bildmarke sollte man entscheiden, ob die Farbgebung oder die Bildstruktur entscheidend für die Marke ist. Denn mit dem Inkrafttreten der neuen EU-Markenverordnung akzeptiert das EUIPO keine Markenbeschreibung für Bildmarken mehr. Gleichzeitig werden Farbangaben für Bildmarken nicht mehr berücksichtigt. Bei der Anmeldung einer Bildmarke ist also keine Möglichkeit mehr gegeben, gleichzeitig die Farbe oder Farbkombination für den Schutz einzubeziehen.
Da in einigen Ländern für die Inanspruchnahme der Priorität eine jedoch eine schriftliche Farbangabe verlangt wird, bietet das EUIPO in seinem elektronischen Anmeldeformular ein optionales Feld an, in dem Farben angegeben werden können. Diese Beschreibung wird auch im Anmeldeformular für die Unionsmarke sichtbar sein, so dass sie von den Nutzern in den betreffenden Ländern verwendet werden kann. Sie wird jedoch vom EUIPO weder geprüft noch in das Unionsmarken-Register aufgenommen.
Daraus folgt, dass eine geformte Farbfläche als Farbmarke anzumelden ist, wenn die Farbe oder Farbkombination geschützt werden soll. Die Darstellung erfordert – wie auch bisher – eine Darstellung der Farbe bzw. der Farbenkombination und eine Bezugnahme auf einen allgemein anerkannten Farbcode (beispielsweise Pantone, Hex, RAL, RGB oder CMYK).
Eine Marke, die ausschließlich aus einer Farbenkombination, aber keine Umrisse oder Form hat, ist durch eine Darstellung wiederzugeben, die die systematische Anordnung der Farbenkombination in einer einheitlichen und vorgegebenen Weise zeigt. Hierzu kann auch eine Beschreibung hinzugefügt werden, die sich genau auf die gezeigte Farbenkombination bezieht.
Diese neuen Markenformen werden sich zunächst aber nicht international erstecken, weil die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) eine Wiedergabe der Marke in der bisherigen Form einer zweidimensionalen grafischen Darstellung verlangt.
EU-Markenverordnung betrifft auch Unionsgewährleistungsmarken
Ein weiterer Abschnitt der EU-Markenverordnung betrifft die Unionsgewährleistungsmarken. Mit dem Markenreformpaket vom Januar 2016 des jetzigen Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) begann die Einführung von Unionsgewährleistungsmarken. Unionsgewährleistungsmarken besagen, dass die Waren und Dienstleistungen unter einer Marke einen bestimmten Standard erfüllen, der in der Markensatzung festgelegt ist und deren Einhaltung von einem Dritten – z.B. einem Verband, der die Erlaubnis zur Verwendung erteilt – kontrolliert wird. Sie sind eine neue Art von Marken auf EU-Ebene, obwohl sie in einigen nationalen Systemen für den Schutz des geistigen Eigentums bereits bestanden. Mit der Inkraftsetzung der EU-Markenverordnung zum 1. Oktober 2017 sind sie endgültig Standard.
Eintragungsvoraussetzung einer Gewährleistungsmarke ist, dass der Anmelder innerhalb von zwei Monaten nach dem Anmeldetag eine Satzung der Gewährleistungsmarke vorlegen muss.
Dabei sind genau zu definieren:
- die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen wie Material, Art der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen, Qualität oder Genauigkeit
- die Bedingungen für die Benutzung der Unionsgewährleistungsmarke, auch mögliche Sanktionen
- die zur Benutzung der Unionsgewährleistungsmarken berechtigen Personen
- die Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung durch den Inhaber der Gewährleistungsmarke
Auf der Grundlage von Gewährleistungsmarken kann die betreffende Einrichtung oder Organisation Teilnehmern des Gewährleistungssystems die Benutzung der Marke erlauben. Das macht die Unionsgewährleistungsmarke besonders interessant für Verbands- und Qualitätssiegel. Die Eintragungskosten für eine Unionsgewährleistungsmarke sind laut EUIPO 1 800 EUR (1 500 EUR bei E-Filing), 50 EUR für die zweite Klasse und 150 EUR für die dritte (und alle weiteren) Klasse(n).
Unterschied zwischen Gewährleistungsmarken und Kollektivmarken
Kollektivmarken erfordern einen Inhaber, dessen Mitglieder die Marke als Herkunftskennzeichen für von diesen erzeugten oder vertriebenen Waren bzw. erbrachten Dienstleistungen benutzen. Beispiele dafür sind: Aachener Printen oder Thüringer Rostbratwurst. Gewährleistungsmarken hingegen sollen den Mitgliedern einer qualitätsprüfenden Organisation Zugang zu einem Prüfsystem für Waren und Dienstleistungen ermöglichen, das einen Qualitätsstandard garantiert. Die Inhaber einer Gewährleistungsmarke dürfen keine gewerbliche Tätigkeit ausüben dürfen, die die Lieferung von Waren oder Dienstleistungen umfasst, für die eine Gewährleistung besteht. Nicht die Herkunftsfunktion, sondern die Garantiefunktion steht im Vordergrund einer Gewährleistungsmarke.
Wir berichteten bereits in früheren Artikeln über die EU-Markenverordnung:
Neue Unionsmarkenverordnung ab dem 01. Oktober 2017
Markenreformpaket: Gebühren- und Namensänderungen
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Quellen:
Amtsblatt der Europäischen Union: DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2017/1431 DER KOMMISSION